STAATSM1NISTER1UM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Enrico Stange, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/12423 Thema: „Supercomputer" in Sachsen und Computer der sächsischen Polizei zur Entschlüsselung von Daten und Passwörtern Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In der Sächsischen Zeitung ist unter der Überschrift ,Sachsen bekommt einen neuen Supercomputer' zu lesen: ,Erst im vergangenen Jahr hatte das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein neues Software -Institut in Dresden gegründet. Jetzt schafft sich das DLR bundesweit zwei eigene Zentren für das Rechnen auf Supercomputern an. Zusätzlich dazu wird Dresden der erste zentrale DLR- Standort fürs Supercomputing.' (Quelle: https://wwvv.szonline .de/sachsen/sachsen-bekommt-einen-neuen-supercomputer- 3871654.html, zuletzt aufgerufen am 05.02.2018) In der ‚Tageszeitung' ist unter der Überschrift ,Verborgene Verbrechen' zu lesen: ,Aber wie ist es möglich, dass eine Verschlüsselung von Polizisten über Jahre nicht geknackt werden kann? Christoph Paar, Kryptograph am Horst-Görtz-lnstitut für IT-Sicherheit an der Uni Bochum, erklärte der taz: Computer mit großer Rechenleistung könnten viele Millionen an Passwörtern in kurzer Zeit automatisch durchprobieren. Bei langen Passwörtern sei das wegen der vielen möglichen Kombinationen aber beim aktuellen Stand der Technik ein Prozess, der Jahrhunderte oder vielmehr Jahrtausende dauern könne.' (Quelle: http://www.taz. de/!5384479/, zuletzt aufgerufen am 05.02.2018)" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Mb. O.M. 111. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/49/46 Dresden, 9. März 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7,8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Frage 1: Beabsichtigt die Sächsische Staatsregierung, den zukünftigen „Supercomputer" in Dresden zur Entschlüsselung von Daten und Passwörtern im Rahmen von Ermittlungstätigkeiten der Polizei in Anspruch zu nehmen? Die Staatsregierung beabsichtigt dies gegenwärtig nicht. Frage 2: An welchen Computern werden gegenwärtig Daten und Passwörtern im Rahmen von Ermittlungstätigkeiten der sächsischen Polizei entschlüsselt? (Bitte mit Angabe der Rechenleistung in Floating Point Operations Per Second!) Entschlüsselungen im Sinne der Fragestellung werden gegenwärtig an Computern des Landeskriminalamtes durchgeführt. Einer weiteren Beantwortung der Frage stehen überwiegende Belange des Geheimschutzes entgegen. Mit Auskünften zu der zur Verfügung stehenden Rechenleistung und damit zu konkreten Strategien und Maßnahmen der sächsischen Polizei würde die Staatsregierung polizeiliche Vorgehensweisen zur Verhinderung und Aufklärung von Straftaten offenlegen oder Rückschlüsse darauf ermöglichen und damit die Arbeitsfähigkeit und Aufgabenerfüllung der Polizei gefährden, weil Täter ihr Verhalten hinsichtlich ihres Verschlüsselungsverhaltens anpassen und künftige Entschlüsselungsversuche dadurch erschweren oder gar vereiteln könnten. Eine Preisgabe dieser sensiblen Informationen würde sich auf die staatliche Aufgabenwahrnehmung im Gefahrenabwehrbereich wie auch auf die Durchsetzung des staatlichen Strafverfolgungsanspruchs außerordentlich nachteilig auswirken. Kriminellen würde dies ermöglichen, polizeiliche Ermittlungskapazitäten und -frequenzen sowie die polizeitaktischen Optionen dieser polizeilichen Strategien und Maßnahmen einzuschätzen und ihre kriminellen Strategien und Taktiken hieran auszurichten. Hierdurch würden die polizeilichen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Straftaten erheblich eingeschränkt oder sogar neutralisiert werden. Entsprechende Gefahren und Straftaten könnten dann nicht mehr wirkungsvoll abgewehrt bzw. verhütet oder verfolgt werden. Das Interesse der Staatsregierung am Schutz der dargestellten Rechtsgüter war mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem schützenswerten Interesse an einer wirksamen Kriminalitätsbekämpfung Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Abgeordneten unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Staatsregierung zufriedenstellen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden können, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt . Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN 011 IBM\ OUR r! i r e773 Frage 3: Nahm der Freistaat Sachsen zur Entschlüsselung von Daten und Passwörtern im Rahmen von Ermittlungstätigkeiten der Polizei in den Jahren 2012 bis 2017 Rechenleistung privater Anbieter in Anspruch? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren und Anbietern!) Der Freistaat Sachsen nahm in den Jahren 2012 bis 2017 zur Entschlüsselung von Daten und Passwörtern im Rahmen von Ermittlungstätigkeiten der Polizei keine Rechenleistung privater Anbieter in Anspruch. Frage 4: Wie viele Versuche der Entschlüsselung von Datenträgern und Passwörtern im Rahmen von Ermittlungstätigkeiten der sächsischen Polizei mussten in den Jahren 2012 bis 2017 aufgrund fehlender Rechenleistung abgebrochen werden? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren!) Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Die Anzahl der Ermittlungsverfahren, in denen verschlüsselte Datenträger sichergestellt bzw. beschlagnahmt wurden, wird statistisch nicht erfasst. Die Anzahl abgebrochener Entschlüsselungsversuche wegen fehlender Rechenleistung wird ebenfalls statistisch nicht erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten insofern alle Straftaten der Jahre 2012 bis 2017 händisch ausgewertet werden, pro Jahr ca. 300.000. Das für diese Auswertung erforderliche Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. undlichpn Grüßen M rof. Dr. Roland Wöller Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2018-03-09T08:26:08+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes