STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 1 o 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01 067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Susanne Schaper, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/12429 Thema: Forderung des Jobcenters zur Aushändigung einer Kopie des Arbeitsvertrages, wenn Hartz-IV-Empfänger/innen vor der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses stehen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "ln einer Sprechstunde wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass sich Hartz-IV- Empfänger/innen vor der Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses beim Jobcenter abmelden müssen und mit dem Hinweis auf ihre Mitwirkungspflichten dazu aufgefordert werden, eine Kopie ihres Arbeitsvertrages und eine Einkommensbescheinigung einzureichen. Durch die Anforderung des Arbeitsvertrages fühlen sich aber einige Leistungsempfänger /innen in ihrem Recht auf Datenschutz verletzt." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Warum wird vom Jobcenter eine Kopie des Arbeitsvertrages verlangt, wenn alle erforderlichen Informationen zum neuen Arbeitsverhältnis bereits aus der ebenfalls vorzulegenden Einkommensbescheinigung ersichtlich wird? Nach den Angaben der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit (RD SN) wird von den Jobcentern gE ("gemeinsame Einrichtungen" von Agenturen für Arbeit und Kommunen) eine Kopie des Arbeitsvertrags verlangt, wenn die Arbeitsaufnahme während des Leistungsbezugs erfolgt. Dies ist erforderlich, um die Einkommensverhältnisse (u.a. Höhe und Zufluss des Einkommens) festzustellen und zeitnah über ggf. ergänzende Leistungen zu entscheiden, sofern die Höhe des Einkommens aller Voraussicht nach die Bedarfe des Lebensunterhalts nicht deckt. Die vom Arbeitgeber ausgestellte Einkommensbescheinigung kann von den Leistungsberechtigten üblicherweise erst nach dem Erhalt des ersten Entgelts oder später eingereicht werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort sind gehalten, Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 44-0141.51-18/144 Dresden, ,Zif. Februar 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium fllr Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 o 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ zeitnah über die Leistungsansprüche der Betroffenen zu befinden. Der Arbeitsvertrag als leistungsrelevantes Dokument kann von den Leistungsberechtigten zügiger beim Jobcenter eingereicht werden als die Einkommensbescheinigung. Es werden stets nur erforderliche Kopien gefertigt. Da in den meisten Fällen kein gleichbleibend hohes Entgelt erzielt wird, treffen die Jobcenter gE eine vorläufige Entscheidung (siehe§ 41a SGB II) auf der Grundlage der im Arbeitsvertrag enthaltenen Angaben und sichern so zeitnah den Lebensunterhalt der Betroffenen, soweit der Anspruch durch die Höhe des Arbeitsentgelts ggf. nicht vollständig entfällt. Die Einreichung der Einkommensbescheinigung bzw. Einkommensbescheinigungen ist nach der Auffassung der RD SN dennoch erforderlich, da nach Ablauf des Bewilligungszeitraums auf der Grundlage der tatsächlich erhaltenen Arbeitsentgelte abschließend über die Leistungsansprüche entschieden wird. Dieses Verfahren gilt grundsätzlich auch für die Jobcenter in kommunaler Trägerschaft ("zugelassene kommunale Träger, zkT"). Im Übrigen enthält die Einkommensbescheinigung nach § 58 SGB II lediglich Mindestangaben , die ausschließlich für die beantragte Geldleistung - also die laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt und die Feststellung des Leistungsanspruchs nach Grund und Höhe - relevant sind. Dagegen enthält der Arbeitsvertrag weitergehende Angaben, insbesondere zu Arbeitszeitregelungen, Lage der Arbeitszeit, Stundenlohn - also vermittlungsrelevante Daten, die bei weiterbestehendem Leistungsbezug von Bedeutung sein können. Frage 2: Auf welcher gesetzlichen Grundlage kann da~ Jobcenter eine Kopie des Arbeitsvertrages fordern? Die gesetzliche Grundlage bildet § 60 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch (SGB I) i. V. m. § 21 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch (SGB X), wonach Personen, die Leistungen beantragen oder erhalten, alle Tatsachen anzugeben haben, die für die Leistung erheblich sind und dabei auch Beweismittel beizulegen haben. Die Personen sollen als Beteiligte bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Aus dem Arbeitsvertrag sind leistungserhebliche Angaben ersichtlich (insbesondere Beschäftigungsbeginn, wöchentliche Arbeitszeit , Entlohnung und Zufluss des Entgelts). Freistaat SACHSEN Im Übrigen ist nach § 60 Abs. 3 und 5 SGB II grundsätzlich auch der Arbeitgeber zur Erteilung der Auskünfte und zur Gewährung der Einsicht in Geschäftsunterlagen - wozu auch der Arbeitsvertrag zählt - gegenüber dem Jobcenter verpflichtet. Viele Leistungsberechtigte wollen aber ihre persönlichen Verhältnisse, z.B. den SGB 11- Leistungsbezug, ihrem neuen Arbeitgeber nicht unbedingt offenbaren und wünschen daher keine Kontaktaufnahme seitens der Jobcenter mit den Arbeitgebern, so dass sie die Unterlagen selbst zur Verfügung stellen. Dies entspricht dem in§ 67a Abs. 2 Satz 1 SGB X niedergelegten Unmittelbarkeitsgrundsatz bei der Datenerhebung. Seite 2 von 3 Frage 3: STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Werden die Leistungsempfängerlinnen von den Sachbearbeiter/innen im Jobcenter auf die Möglichkeit hingewiesen, dass man bei der Kopie des Arbeitsvertrages Schwärzungen vornehmen darf? Nach den Angaben der RD SN steht den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort eine Arbeitshilfe zur Verfügung, die Angaben enthält, welche Dokumente zur Akte zu nehmen sind. ln dieser ist vermerkt, dass nicht erforderliche Angaben des Arbeitsvertrags zu schwärzen sind. Die Leistungsempfänger werden darauf hingewiesen. Nach den Angaben der zkT werden deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert und geschult, dass die Leistungsberechtigten aus Datenschutzgründen ein Recht darauf haben, dass für die Leistungserbringung irrelevante Daten geschwärzt werden. Mit freundlichen Grüßen ~ JLJ, Barbara 'l