SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach l00510 | 01076Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden STAATSÏ\4 I N I STE RI U I\4 FÜR UMWEUT UND LANDWIRTSCHAFT Fraktion Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ smul.sachsen.de* lhr Zeichen lhre Nachr¡cht vom 13. Februar 20.18 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-1050t2t70 tr&lsblilk&¡s¡húlñbdñ6rumtrududúþñ Hausanschrift: Sächsisches Staatsminister¡um für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden vvww.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnl ¡nien 3, 6, 7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen bef¡nden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Ke¡n Zugang ftlr elektron¡sch s¡gn¡erte sowie für verschlilsseltê elektron¡sche Dokumente Kleine Anfrage de.s Abgeordneten Wolfram Günther, BUNDNIS 90/DlE GRUNEN-Fraktion Drs.-Nr.: 6112454 Thema: Anwendungsfälle von S 83 Abs. I Nr. 7 SächsWG Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,lm Sächsischen Wassergesetz wurden m¡t Gesetz vom 12. Juli 2013 (SächsGVBl.S. 503; zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 8. Juli 2016 - SächsGVBl. S. 287) in $ 83 Abs. I Nr. 7 SächsWG die Grundzüge der Planfeststellung neu geregelt. Die Regelung im seit 2013 neuen $ 83 Abs. I Nr. 7 SächsWG legt fest, dass entsprechende Planfeststellungsverfahren nicht mehr wie ansonsten als Planabwägungsentscheidung , sondern als gebundene Entscheidung zu erfolgen haben. Danach ,,ist" der Plan bei Vorliegen der aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen festzustellen. Entgegen dem vor allem aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) resultierenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und dem der Planfeststellung i.S.v. SS 72 ff. VwVfG wesentlich zugrunde liegenden Gebot planerischer Konfliktlösung wird seitdem in diesem speziellen Anwendungsfall auf e¡ne Abwägung der widerstreitenden lnteressen verzichtet. Das bedeutet, dass selbst bei sonst bei einer Planabwägung gegenüber Hochwasserschutzanforderungen überwiegende Aspekte etwa des Naturschutzes oder Denkmalschutzes nicht dazu führen können, dass die beantragte Hochwasserschutzmaßnahme nicht planfestgestellt w¡rd, solange die Nichtbeachtung dieser widerstreitenden Aspekte nur n¡cht selbst unmittelbar zu einem Rechtsverstoß führen, sondern sie lediglich dem Gewicht nach überwiegen würde." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Dresden, /).ú.hrt// s¡mu1+ -o Seite 1 von 5 STAATSÏ\IINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Frage l: ln welchen konkreten Fällen wurde seit der Novellierung des sächsischen Wassergesetzes 2013 die Regelung in S 83 Abs. I Nr. 7 SächsWG, wonach der Planfeststel I un gsbesch I uss h i nsichtl ich öffent-licher Hochwasserschutzanlagen als gebundene Entscheidung ausgestaltet ist, in Sachsen angewandt (bitte einzeln auflisten)? Nach Mitteilung der zuständigen Planfeststellungsbehörde (Landesdirektion Sachsen als obere Wasserbehörde) wurde bei den Entscheidungen zu den folgenden wasserrechtlichen Planfeststellungs- und Planänderungsverfahren für öffentliche Hochwasserschutzanlagen S 83 Abs. 1 Nr. 7 Sächsisches Wassergesetz (SächsWG) angewandt: (Projektbezeichnungen in chronologischer Reihenfolge der Entscheidungen) o Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen an der Freiberger Mulde in der Gemeinde Mulda o lnstandsetzung Ringdeich Fährhaus Gruna (O 1 .31) . Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen in Flöha an der Flöha und an der Zschopau, Teilabschnitt I . Herstellung einer Hochwasserschutzlinie in Radebeul-Naundorf, Maßnahme 72, 1. Planänderung o Umsetzung der Hochwasserschutzmaßnahmen in Flöha an der Flöha und an der Zschopau, ïeilabschnitte 5 und 6 o Hochwasserrückhaltebecken Schelsbach (PHD l-001 - Variante 5) o Hochwasserschutzmaßnahmen an der Zschopau und an der Flöha in Flöha, Teilabschnitte 5 und 6, 1. Anderung . Deich Torgau-Glacis bis Polbitz, links (Z 4.10),'10. Bauabschnitt, km 10+970 bis 1 1 +960 . Hochwasserschutzmaßnahme an der Zschopau, Stadt Frankenberg und Gemeinde Lichtenau - 2. Planänderung o Herstellung einer Hochwasserschutzlinie in Radebeul-Naundorf, Maßnahme 72, 2. Planänderung o Deich Brottewitz bis 2. Deichüberfahrt (DÜ) Kathewitz (Z 8.5 und Z 8.6), rechts,5. Bauabschnitt km 11+130 bis 12+875 und 6. Bauabschnitt km 12+875 bis 14+400 . Hochwasserschutz Stadt Döbeln: Umsetzung Vorbehalt 3 (Rückstauschutz Bärentalbach und Amselgrundbach) . Neubau des Hochwasserrückhaltebeckens 9 am Kirchberger Dorfbach in Oberlungwitz , 3. Anderung¡ Erhöhung/Ertüchtigung der Elbdeiche Stetzsch/Gohlis/Cossebaude, 12. Planänderung . Herstellung einer Hochwasserschutzlinie gegen Elbhochwasser in Heidenau, südlich der Müglitzmündung, Maßnahmen 15 (anteilig) und 16, 1. Planänderung . Herstellung einer Hochwasserschutzlinie in Radebeul-Fürstenhain - Maßnahme 68 o Hochwasserschutzmaßnahme Zwickauer Mulde in Zwickau, 2. Anderung . Hochwasserrückhaltebecken Niederpöbel, 1. Planänderung o Errichtung einer Hochwasserschutzanlage im Bereich Neuer Hafen Riesa, Umsetzung der Hochwasserschutzkonzept - Maßnahme 111 in Riesa Seite 2 von 5 STAATSI\4INISTERIUM FÜR UT\4WELT UND LANDWìRTSCHAFT . Zwickauer Mulde, Crossen, rechts, Schaffung von Überflutungsflächen, 4. Planänderung o Zwickauer Mulde, Deichrückbau/Deichrückverlegung Zwickau Ortsteil Crossen /Mosel - 3. Planänderung . Deich Brottewitz bis Torgau-Elbbrücke (Z 9.6), rechts, 6. Bauabschnitt, km 21+4gg bis 22+700 o Freiberger Mulde in der Gemeinde Mulda, 2. Anderungsplanfeststellungsverfahren o Erhöhung/Ertüchtigung der Elbdeiche Stetzsch/Gohlis/Cossebaude, 9. Planänderung . Hochwasserschutzmaßnahme Flöha, Teilabschnitte 2 und 3, Fußgängerbrücke und Lückenschluss Teilabschnitte 5 und 6 o Freiberger Mulde in der Gemeinde Mulda, 3. Anderungsplanfeststellungsverfahren o Umbau/Neubau des Hochwasserschutz-Deiches an der Lausitzer Neiße in Sagar . Erhöhung/Ertüchtigung der Elbdeiche Stetzsch/Gohlis/Cossebaude, 6. und 7. Planänderung r Freiberger Mulde in der Gemeinde Mulda, 1. Anderungsplanfeststellungsverfahren . Erhöhung/Ertüchtigung der Elbdeiche Stetzsch/Gohlis/Cossebaude, 8. Planänderung o Zwönitz - Chemnitz, Hochwasserschutzmaßnahmen in den Ortsteilen Erfenschlag und Einsiedel, Maßnahmen 1 .1 - 1.8,13. Planänderung . Hochwasserschutzmaßnahmen an der Zschopau in Wiesa, 3. Anderung . Umsetzung Hochwasserschutzkonzept Triebisch in Meißen, Maßnahmen TR 10 und TR 11, 1. Planänderung . Grundhafte lnstandsetzung rechtsseitiger Elbedeich Brottewitz Torgau Elbbrücke, 1. Bauabschnitt, km 14+400 bis 16+000 (Vorhaben 29.1) o Hochwasserschutzmaßnahme Thermalbad Wiesenbad Ortsteil Wiesa, 5. Planänderung . Herstellung einer Hochwasserschutzlinie in Radebeul-Naundorf, Maßnahme 72, 4. Planänderung . Umbau/Neubau des Hochwasserschutzdeiches an der Lausitzer Neiße in Sagar, 1. Planänderung o Neuordnung des Hochwasserschutzes der Vereinigten Mulde, Vorhaben 2.4'. Deichrückverlegung Bennewitz-Püchau, Anderung der Genehmigungsunterlage (Kuzbezeichnung: DRV Bennewitz-Püchau) o lnstandsetzung des rechten Hochwasserschutzdeiches der Schwazen Elster, Abschnitt "Brandenburger Tor" bis Pegel Neuwiese, Flusskilometer 120+320 bis 124+258 in Elsterheide . Deich Erlln (O 2.23 - FMD/1R), km 0+000 bis 2+250 o Würschnitz, Hochwasserschutz in Chemnitz Ortsteil Klaffenbach, Wasserschloss (Maßnahme 5 - Flusskilometer 4+720,00 bis 5+257,00) . Hochwasserschutz an der Zwickauer Mulde in Zwickau, linksseitig beginnend an Parkanlage ,,Neue Welt", Flusskilometer 83+853 bis 84+160¡ Deichneubau Hochwasserschutz Hainichen bis Zschepplin, Nordflanke Hainichen, links o Würschnitz, Hochwasserschutzmaßnahmen 1 und 2 in Chemnitz-Harthau, Bereich Schule/Bahnhof/895 (Flusskilometer 1 +330,00 bis 1 +896,00) o Zwickauer Mulde, Hochwasserschutz in Penig, Abschnitt A, 4. Planänderung . Zwönitz, Umsetzung Hochwasserschutzkonzept 27 Los 3 in Burkhardtsdorf (Maßnahmen 1.10, 1.1 1 und 1.14), 1. Planänderung Seite 3 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSI\IINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 o Erweiterung Hochwasserrückhaltebecken Glashütte l, Planänderung o Erhöhung/Ertüchtigung der Elbdeiche Stetzsch/Gohlis/Cossebaude, 11. Planänderung Frage 2: Wie wurde die Anwendung der Regelung in g 83 Abs. I Nr. 7 SächsWGin den jeweiligen Einzelfällen begri,indet und welche konkreten, ansonsten der Planfeststellung entgegenstehenden planfeststellungsrelevanten Aspekte insbesondere aus den Bereichen Naturschutz und Denkmalschutz (sowie weitere Aspekte) wurden damit einer Abwägung unterzogen? Einer einzelfallbezogenen Begründung der Anwendung der Regelung des S 83 Absatz 1 Nr. 7 SächsWG bedarf es nicht. Die zuständige Planfeststellungsbehörde ist an das geltende Recht gebunden und hat insofern die Vorschriften des Sächsischen Wassergesetzes ebenso wie die anderer Gesetze zu beachten. Nach $ 83 Absatz 1 Nr. 7 SächsWG ist Voraussetzung für die Erteilung des Planfeststellungsbeschlusses , dass der Errichtung und dem Betrieb der öffentlichen Hochwasserschutzanlage keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Nach $ 68 Absatz 3 Nr. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist dafür insbesondere erforderlich, dass die Anforderungen nach dem WHG sowie die sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften (unter anderem des Naturschutzrechts und des Denkmalschutzrechts) erfüllt werden. Bei den oben in der Antwort zu Frage 1 aufgefuhrten wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren für öffentliche Hochwasserschutzanlagen wurden von der zuständigen Planfeststellungsbehörde alle relevanten Aspekte der betroffenen Belange - auch und besonders des Naturschutzes und, soweit einschlägig, des Denkmalschutzes - im Rahmen des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen für die Erteilung der Planfeststellungsbeschlüsse sorgfältig geprüft. Diese Prüfung schließt auch solche Entscheidungen ein, die damit im Zusammenhang stehen, beispielsweise naturschutz- oder denkmalschutzrechtliche Ausnahmen und Befreiungen. lnsofern findet das Gebot der Konfliktbewältigung und der Abwägung widerstreitender lnteressen auf der Tatbestandsseite statt, wenn über die Gewährung einer Ausnahme oder Befreiung zu entscheiden ist. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung findet keine darüber hinausgehende nochmalige gesamtplanerische Abwägung statt. Diese hat der sächsische Gesetzgeber generell zugunsten des öffentlichen Hochwasserschutzes vorgenommen. Frage 3: Welche rechtlichen Diskussionen sind bekannt, wonach die 2013 vorgenommene Änderung des SächsWG möglicherweise einen Verstoß gegen höherrangiges Recht darstellen könnte und welche Argumente wurden dabei konkret vorgetragen? Seite 4 von 5 STAATSI/INISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 ln der Sachverständigenanhörung zu dem Gesetzentwurf im Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft am 1. März 2013 wurde diese Regelung intensiv diskutiert (Landtagsdrucksache APr 5/50330). Den Bedenken derjenigen, die in der gebundenen Entscheidung einen Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip und die Unvereinbarkeit mit dem Wesen der Planfeststellung konstatierten, wurde durch andere Sachverständige substanziell begründet widersprochen. Auch der Juristische Dienst des Landtages hatte keine verfassungsrechtlichen Einwände. Zu den Argumenten, die gegen einen Verstoß gegen höherrangiges Recht sprechen, wird exemplarisch auf den Aufsatz von DammerVBrückner: Das novellierte Sächsische Wassergesetz in Landes- und Kommunalveruvaltung (LKV) 2Q14, S. 1 ff. verwiesen. Mit freundlichen Grüßen î( Thomas Schmidt Seite 5 von 5 2018-03-13T14:08:34+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes