STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat |p SACHSEN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-0141.50/8703 Dresden, 2015 Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/1250 Thema: „Bürgerwehren“ in Sachsen, Nachfrage zu Drs. 6/971 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Auf die KlAnfr, Drs. 6/971 („Bürgerwehren“ in Sachsen“), teilte der Staatsminister des Innern mit, der Staatsregierung lägen keine Erkenntnisse über Anzahl und Wirkungsort von .Bürgerwehren“ in Sachsen vor, auch würden Beobachtungen derartiger - unterstelltermaßen inexistenter - Gruppierungen durch das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen nicht angestrebt. In einer Vorbemerkung wird in Abrede gestellt, dass das SMI in einer .Stellungnahme oder Auskunft“ gegenüber der Tageszeitung Dresdner Neueste Nachrichten (DNN) Angaben getätigt habe, die als Reaktion ,auf immer neue Bürgerwehren“ zu verstehen seien, wie es sich aus einem Bericht vom 5. Februar 2015 ergibt. Bereits am 10. Januar 2015 berichtete indes die Sächsische Zeitung (Thomas Christmann: Die Angst geht auf Streife, http://www.sz-online.de/nachrichten/die-angst-geht-auf-streife-3012144.html) über Aktivitäten einer .Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“, die nach eigenen Angaben Streifengänge organisiert und u. a. Grenzgebiete kontrolliert“. In diesem konkreten Zusammenhang zitiert die SäZ einen Beamten der Polizeidirektion Görlitz mit den Worten: .Eine Bürgerwehr, die außerhalb bestehender Gesetze für Sicherheit und Ordnung sorgen möchte, lehnt die Polizei entschieden ab.“ Gegen Beteiligte der .Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“ werde darüber hinaus ermittelt. Demnach besteht nach Verständnis der Fragestellerin im Zuständigkeitsbereich des SMI ein positives Wissen über das Bestehen zumindest dieser ,Bürgerwehr“. Gemäß eines weiteren Berichts der Sächsischen Zeitung vom 10. März 2015 (Dominique Bielmeier u. a.: Bürgerwehr nach Kneipenzoff, http://www.szonline .de/nachrichten/bürgerwehr-nach-kneipenzoff-3054737.html) habe sich zwischenzeitlich in Meißen eine bürgerwehrähnliche Gruppierung namens .Initiative Heimatschutz“ formiert, ,die gegen vermeintliche Ausländerkriminalität Vorgehen will“. Auf der Facebook-Seite Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM11M1STER1UM des mmm Freistaat SACH SEM dieser,Initiative' werden extrem rechte Inhalte verbreitet und Asylsuchende her* abgewürdigt. Dort wird ferner die Durchführung tatsächlicher, nicht näher be-zeichneter .Treffen' angekündigt.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Welche Erkenntnisse (insbesondere: Art und Intensität der Aktivitäten, Zahl der mitgliedschaftlich oder anderweitig beteiligten Personen, Bezüge zur extremen Rechten) liegen der Staatsregierung über die „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“, die „Initiative Heimatschutz“ in Meißen und ggf. welchen weiteren Bürgerwehren oder Bürgerwehr-ähnliche Bestrebungen im Freistaat Sachsen vor? Bezüglich „Bürgerwehren“ wird auf die zusammenfassende Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Fragen 1 und 2 der Drs. 6/971, Satz 1, verwiesen. Darüber hinaus wurden unter Berücksichtigung der Vorbemerkung der Fragestellerin Erkenntnisse der Polizeidirektionen zu Initiativen im Sinne der Fragestellung erhoben. Da auch zu solchen Initiativen keine Statistiken geführt werden, erheben die nachfolgenden Ergebnisse keinen Anspruch auf Vollständigkeit: Über die zur „Initiative Heimatschutz“ öffentlich zugänglichen Informationen hinaus liegen der Sächsischen Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Im März 2014 berichteten örtliche Medien erstmals über Ostritzer Einwohner, die zum damaligen Zeitpunkt Überlegungen anstellten, wie sie die Arbeit der Polizei bei der Bekämpfung der Eigentumskriminalität in der Stadt Ostritz unterstützen könnten. In der weiteren Folge entwickelte sich aus diesen Überlegungen eine „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“, bei deren Unterstützern es sich um Einwohner aus Ostritz handelte und deren Aktivitäten sich darauf konzentrierten, sich insbesondere zur Nachtzeit in der Ortschaft zu bewegen und verdächtige Personen- bzw. Fahrzeugbewegungen umgehend über Notruf der Polizei zu melden. Seitdem berichten Print- und TV-Medien in unregelmäßigen Abständen über die Bürgerinitiative. Anfang Januar 2015 bildete sich unter dem Namen „Gegen Diebstahl in Rothenburg und Umgebung“ eine Initiative von Einwohnern der Stadt Rothenburg/OL., die sich zusammengeschlossen hat, um auch hier insbesondere in den Nachtstunden im Stadtgebiet mobil zu sein und verdächtige Personen- bzw. Fahrzeugbewegungen der Polizei zu melden. Anfang März 2015 bildete sich aufgrund mehrerer Brände in Leipzig-Holzhausen eine Bürgerinitiative, welche das Ziel verfolgte, die Bürger der Gemeinde und deren Besitz vor derartigen Ereignissen zu schützen. Durch die Medien wurde dieser Zusammenschluss als „Bürgerwehr von Holzhausen“ bezeichnet, obwohl sich deren Initiatoren gegen diesen Begriff ausdrücklich verwahrten. Zwischenzeitlich hat die Bürgerinitiative Holzhausen über die Medien bekanntgegeben, dass sie ihre Kontrollgänge eingestellt hat, um die Ermittlungsarbeit der Polizei hinsichtlich der Branddelikte nicht zu erschweren. Weitere Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Staatsregierung nicht vor. Frage 1: Seite 2 von 4 STAATSTVinSlISTERlUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 2: Welche Ermittlungsverfahren waren in der Vergangenheit und/oder sind aktuell gegen die „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“, die „Initiative Heimatschutz“ in Meißen und ggf. welchen weiteren Bürgerwehren oder Bürgerwehr-ähnliche Bestrebungen - respektive deren Anhänger im Zusammenhang mit der Tätigkeit dieser „Initiativen“ - im Freistaat Sachsen anhängig (bitte aufschlüsseln nach Tatzeit und -ort, Straftatbeständen, Zahl der Beschuldigten, vorgenommenen Maßnahmen nach StPO, Stand der jeweiligen Verfahren, ggf. eingetretenen juristischen Folgen)? Es wurden keine Ermittlungsverfahren im Sinne der Fragestellung geführt. Das in den Vorbemerkungen der Kleinen Anfrage erwähnte Zitat, gegen Beteiligte der „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“ werde ermittelt, bezieht sich auf eine Presseanfrage zu einem konkreten Sachverhalt, bei dem es in der Nacht zum 2. Januar 2015 in Ostritz zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen zwei Personengruppen kam und der Verdacht bestand, Mitglieder einer der Personengruppen seien der „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“ zuzurechnen. Dieser Verdacht bestätigte sich jedoch im Zuge der Ermittlungen nicht. Handelt es sich nach Ansicht der Staatsregierung bei der „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“, der „Initiative Heimatschutz“ in Meißen und ggf. bei welchen weiteren Bürgerwehren oder Bürgerwehr-ähnlichen Bestrebungen im Freistaat Sachsen um Zusammenschlüsse von Bürgern zum Selbstschutz vor Kriminalität, die ohne rechtliche Grundlage agieren und gegen den Grundsatz des staatlichen Gewaltmonopols verstoßen? Jeder kann sich bei Vorliegen entsprechender Voraussetzungen auf das so genannte „Jedermannsrecht“ nach § 127 Abs. 1 Satz 1 StPO berufen. Erkenntnisse, dass Mitglieder der in der Antwort auf die Frage 1 genannten Initiativen unter Überschreitung des Jedermannsrechts gegen den Grundsatz des staatlichen Gewaltmonopols verstoßen haben, liegen der Staatsregierung nicht vor. Werden Beobachtungen der Gruppierungen „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“, der „Initiative Heimatschutz“ in Meißen und ggf. welcher weiteren Bürgerwehren oder Bürgerwehr-ähnliche Bestrebungen im Freistaat Sachsen durch das Landesamt für Verfassungsschutz angestrebt oder finden bereits statt und falls nein, warum nicht? Weder die „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“, die „Initiative Heimatschutz“ in Meißen noch etwaige andere „Bürgerwehren“ oder „bürgerwehrähnliche Bestrebungen“ sind Beobachtungsobjekte des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen. Zu den genannten Gruppierungen liegen dem LfV Sachsen keine Erkenntnisse über tatsächliche Anhaltspunkte für extremistische Bestrebungen vor. Im Weiteren wird auf die zusammenfassende Antwort der Staatsregierung auf die Fragen 1 und 2 der Drs. 6/971 verwiesen. Frage 3: Frage 4: Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat H| SACHSEN Frage 5: Fanden oder finden Prüfungen bzgl. eines vereinsrechtlichen Vorgehens gegen die „Bürgerinitiative Sicheres Ostritz“, die „Initiative Heimatschutz“ in Meißen und ggf. welchen weiteren Bürgerwehren ober Bürgerwehr-ähnliche Bestrebungen s^att und falls nein, warum nicht? Es liegen Kfeine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit vereinsrechtlicher Prüfungen vor. I Mit freundlichen Grüßen -• , I I Markus Ulbig \ Seite 4 von 4