STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter, AfD-Fraktion Drs.-Nr.: 6/12535 Thema: Altersfeststellungen und falsche Angaben bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Asylsuchende in Sachsen gaben in dem Jahr 2017 an minderjährig zu sein, wie viele dieser Angaben stellten sich nachträglich als falsch heraus und welche Konsequenzen für die Asylsuchenden hatte dies jeweils? ln den Erstaufnahmeeinrichtungen des Freistaates Sachsen wurde im Jahr 2017 ein Zugang von 4.220 minderjährigen Asylsuchenden erfasst. Es liegen keine statistischen Daten darüber vor, wie viele dieser Personen ohne Begleitung eines Sorge- oder Erziehungsberechtigten eingereist waren. Es wird auch nicht statistisch erfasst, ob und inwieweit sich die Altersangaben im Nachhinein als falsch herausstellten. Eine nähere händische Ermittlung dieser Angaben ist mit zurnutbarem Aufwand nicht möglich. Zur Beantwortung der Frage müssten sämtliche Akten der 4.220 minderjährigen Asylsuchenden händisch ausgewertet werden. Bei einem geschätzten durchschnittlichen Aufwand von mindestens 15 Minuten je Akte würde der Rechercheaufwand hierfür mehr als die Hälfte der Jahresarbeitszeit eines Mitarbeiters der Laufbahngruppe 2, Einstiegsebene 1, binden. Die Rückmeldungen auf eine entsprechende Abfrage bei den Landkreisen und Kreisfreien Städten sind der Anlage zu entnehmen. ln den Fällen, in denen im Nachgang die Volljährigkeit von Personen festgestellt wurde, denen als unbegleiteten ausländischen Minderjährigen Jugendhilfe gewährt worden war, wurden die Maßnahmen der Jugendhilfe mit sofortiger Wirkung beendet und die betreffenden Personen einer Erstaufnahmeeinrichtung bzw. dem Asylverteilungsverfahren zugeführt. ln den Fällen, in denen nach Angaben der Landeshauptstadt Dresden bereits Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 45-0141.51-18/234 Dresden, )1 März 2018 Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 o 01097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Freistaat vor der lnobhutnahme die Volljährigkeit festgestellt wurde, verblieben die Betreffenden in der Erstaufnahmeeinrichtung bzw. der Zuweisungswohnung des Sozialamtes. Die Kreisfreie Stadt Chemnitz erstattete in zwei Fällen Strafanzeige wegen Betruges. Die Landeshauptstadt Dresden prüft ihren Angaben zufolge die Stellung entsprechender Strafanzeigen. Frage 2: Welche Konsequenzen hatten die falschen Altersangaben der 5 Personen im Jahr 2015 und der 7 Personen im Jahr 2016 für diese jeweils (vgl. Antwort der Staatsregierung auf Frage 3 der Kleinen Anfrage Drs. 6/7118)? Die Maßnahmen der Jugendhilfe wurden mit sofortiger Wirkung beendet und die Personen einer Erstaufnahmeeinrichtung bzw. dem Asylverteilungsverfahren zugeführt. Der Staatsregierung liegen keine Angaben dazu vor, ob darüber hinaus in diesen Fällen weitere Maßnahmen eingeleitet wurden. Frage 3: SACHSEN Liegen der Staatsregierung zwischenzeitlich Angaben darüber vor, wie hoch die Zahl der von den Jugendämtern im Freistaat Sachsen im Jahr 2017 veranlassten ärztlichen Untersuchungen zur Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Ausländern war? Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung insgesamt über Anzahl und Ergebnisse von "nachträglichen" Altersüberprüfungen von unbegleiteten minderjährigen Ausländern in Sachsen? (Bitte aufschlüsseln für die Jahre 2015 bis 2017, nach Alter, Geschlecht, Herkunft, angegebenes und tatsächliches Alter sowie veranlassende Behörde) Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: Die Feststellung der Minderjährigkeit einer Person obliegt den Landkreisen und Kreisfreien Städten als örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung. Sie unterliegen dabei keiner Fachaufsicht durch die Staatsregierung . Der Vollzug der Aufgaben liegt damit außerhalb des Zuständigkeits- und Verantwortungsbereichs der Staatsregierung. Der Staatsregierung liegen deshalb keine umfassenden Daten im Sinne der Fragestellung vor. Es besteht die Möglichkeit, dass die im Rahmenzweier Abfragen mitgeteilten Angaben einander überschneiden. Auf eine Anfrage des Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz vom 13. Dezember 2017 haben fünf der dreizehn sächsischen Jugendämter mitgeteilt, dass bei ihnen seit lnkrafttreten der Regelung über das behördliche Verfahren zur Altersfeststellung am 1. November 2015 Zweifel im Rahmen der Altersfeststellung aufgetreten seien, welche die Einholung eines medizinischen Gutachtens zur Altersbestimmung nach sich ziehen. Die Jugendämter der Landeshauptstadt Dresden, der Stadt Leipzig und des Vogtlandkreises haben angegeben, daraufhin 23 solcher Gutachten in Auftrag gegeben zu haben. Die Jugendämter des Landkreises Leipzig, des Landkreises Meißen , des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und des Vogtlandkreises haben mitgeteilt, dass 19 medizinische Untersuchungen zur Altersbestimmung durch Seite 2 von 4 STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ die Amtsgerichte im Rahmen familiengerichtlicher Verfahren veranlasst worden seien. ln 18 der 23 von den Jugendämtern und in 4 der 19 von den Familiengerichten seit dem 1. November 2015 veranlassten medizinischen Altersbestimmungen wurde Volljährigkeit festgestellt. Eine nähere Aufschlüsselung dieser Angaben nach Kalenderjahren , Geschlecht, Herkunft, angegebenes und tatsächliches Alter ist auf Grund der vorliegenden Daten nicht möglich. Aus einer Anfrage der Landedirektion Sachsen bei den Landkreisen und Kreisfreien Städten aus Anlass der Kleinen Anfrage gehen folgende Angaben im Sinne der Fragestellung hervor: Medizinische Altersfeststellungen erfolgten in den Landkreisen bzw. Kreisfreien Städten auf Veranlassung der Jugendämter, nicht der Ausländerbehörden. Die Landeshauptstadt Dresden hat mitgeteilt, dass im Jahr 2016 sieben und im Jahr 2017 zwei medizinische Altersfeststellungen vom Oberlandesgericht, dem Familiengericht oder dem Jugendamt der Landeshauptstadt Dresden bei unbegleiteten jungen Ausländern veranlasst wurden. Die untersuchten Personen waren männlich und stammten aus Pakistan, Afghanistan, Irak und Syrien. ln fünf Fällen bestätigte die Untersuchung die behauptete Minderjährigkeit. ln einem Fall wurde Minderjährigkeit festgestellt , obwohl der Betreffende angegeben hatte, volljährig zu sein. ln zwei Fällen, in denen zunächst von Minderjährigkeit ausgegangen wurde, wurde Volljährigkeit festgestellt . ln einem Fall hat das Oberlandesgericht ein Gutachten, das Volljährigkeit feststellte , als nicht verwertbar beurteilt und Minderjährigkeit angenommen. Freistaat SACHSEN Im Erzgebirgskreis erfolgte in dem genannten Zeitraum auf Grund neuer Sachverhalte für ca. zehn unbegleitete minderjährige Ausländer eine nachträgliche Altersfeststellung, wovon für vier Personen wegen der Feststellung der Volljährigkeit die Jugendhilfe beendet wurde. Im Landkreis Mittelsachsen erfolgten in den Jahren 2016 und 2017 jeweils zwei nachträgliche Altersfeststellungen durch das Jugendamt. Im Ergebnis fand die weitere Unterbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung statt. Weitere Änderungen von Geburtsdaten wurden nach Anhörungen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgenommen . Frage 5: Wie häufig wurde bei Eintritt der Volljährigkeit von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (durch das zuständige Jugendamt) entschieden, dass der Hilfebedarf nach SGB VIII fortbesteht? (Bitte aufschlüsseln für die Jahre 2014 bis 2017, nach Geschlecht, Herkunft, Grund und Dauer der Hilfeleistung über die Vollendung der Volljährigkeit hinaus) Die Kinder- und Jugendhilfestatistik weist für die Jahre 2014 bis 2016 die folgende Zahl volljähriger Hilfebezieher im Freistaat Sachsen aus, ohne zu differenzieren, ob es sich bei den Berechtigten um Personen handelt, denen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres als unbegleiteten ausländischen Minderjährigen Jugendhilfe gewährt worden war, oder um sonstige Hilfebezieher: Seite 3 von 4 Jahr begonnen 2014 968 2015 945 2016 1.159 STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ beendet am 31. Dezember 1.828 1.104 1.850 1.093 1.968 1.279 Den werktäglichen Meldungen der Jugendämter über die Zahl der unbegleiteten ausländischen Kinder und Jugendlichen lassen sich exemplarisch folgende Angaben zum tagesaktuellen Bestand junger volljähriger Hilfebezieher, denen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres als unbegleiteten ausländischen Minderjährigen Jugendhilfe gewährt worden war, entnehmen: Stand Hilfebezieher 30.10.2015 14 30.06.2016 87 30.12.2016 109 30.06.2017 385 29.12.2017 411 28.02.2018 618 Freistaat SACHSEN Im Sinne der Fragestellung aufgeschlüsselte Angaben liegen der Staatsregierung darüber hinaus nicht vor. Über die Gewährung von Hilfen für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII entscheiden die Landkreise und Kreisfreien Städte als örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung außerhalb des Zuständigkeits - und Verantwortungsbereichs der Staatsregierung. Mit freundlic~en Gr9ßen I /. ·'2 ~·lj'/ \ 'f) I ljlf / I / . . I I . Samara Kl ts{;h ~- Anlage Seite 4 von 4 Frage 1 Anlage zu Antwort L T -Drs. 6/12535 Falsche Altersangaben Landkreis/Kreisfreie Stadt Anzahl von Falschangaben Landeshauptstadt Dresden 1 6 Stadt Leipzig2 10 Stadt Chemnitz 6 Landkreis Zwickau3 keine statistische Erfassung Landkreis Bautzen 0 Landkreis Görlitz 0 Landkreis Meißen 0 Landkreis Mittelsachsen4 2 Landkreis Nordsachsen 0 Vogtlandkreis 0 Erzgebirgskreis5 keine statistische Erfassung Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge3 keine statistische Erfassung Landkreis Leipzig 1 1) Die Feststellung der Volljährigkeit erfolgte vor der lnobhutnahme durch das Jugendamt. 2) Die Angaben beruhen auf einer Schätzung. 3) Es erfolgt keine statistische Erfassung. Sofern keine statistische Erfassung erfolgt, müssten beispielhaft für den Landkreis Zwickau ca. 1.300 Akten händisch bzw. zumindest durch Aufruf im Programm ausgewertet werden. Bei einem Zeitansatz von ca. 10 Minuten pro Vorgang ergäbe dies einen Zeitaufwand von ca. 216 Stunden. 4) Im Landkreis Mittelsachsen erfolgten im Jahr 2017 zwei nachträgliche Altersfeststellungen durch das Jugendamt. Im Ergebnis fand die weitere Unterbringung in der Erstaufnahmeeinrichtung statt (vgl. Antwort auf Fragen 3 und 4). 5) Im Landkreis Erzgebirgskreis erfolgt keine statistische Erfassung. ln den Jahren 2015 bis 2017 erfolgte auf Grund neuer Sachverhalte für ca. zehn unbegleitete minderjährige Ausländer eine nachträgliche Altersfeststellung, wovon für vier Personen wegen der Feststellung der Volljährigkeit die Jugendhilfe beende! wurde (vgl. Antwort auf Fragen 3 und 4). 2018-03-23T09:04:01+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes