SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER FINANZEN Postfach 100 948101076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden STAATSMlNlSTERlUM DER FlNANZEN Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/12600 Thema: Vorwürfe gegen die Distelkam Dienstleistungsgruppe aus Chemnitz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In ihrer Antwort vom 13. Februar 2018 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 6/12035 erklärt die Staatsregierung nach dem Vorhalt des Fragestellers, die zivilgesellschaftliche Initiative ,Cottbus schaut hin' erhebe schwere Vorwürfe gegen Mitarbeiter sowie den Inhaber der Distelkam Dienstleistungsgruppe aus Chemnitz (https://cottbus-schauthin .jimdo.com/), wonach in einer Asylsuchendenunterkunft in Cottbus Mitarbeiter des genannten Unternehmens einen Angriff auf Geflüchtete innerhalb der Unterkunft begünstigt sowie die Polizei über die Fluchtrichtung der Täter getäuscht haben und der Inhaber des Unternehmens zudem auf Facebook offen mit dem Neonazismus sympathisieren solle, sie würde keine Veranlassung sehen, eine Kündigung der mit der Firma Distelkam Dienstleistungsgruppe mit dem Freistaat Sachsen geschlossenen Dienstleistungsverträge aus wichtigem Grund in Betracht zu ziehen." Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) UK/14-1053/1/71- 2018/11575 Dresden , J.'3 . März 2018 Zertifikat seit 2013 audit berufundfamilie Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Finanzen Carolaplatz 1 01097 Dresden Telefon +49 351 564 4000 Telefax +49 351 564 4009 minister@smf.sachsen.de* www.smf.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaplatz Für Besucher mit Behinderungen befinden sich Parkplätze im Innenhof. Bitte beim Pförtnerdienst melden. "Kein Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente. Zugang für qualifiziert elektronisch signierte Dokumente nur unter den auf www.smf.sachsen.de/eSignatur.html vermerkten Voraussetzunoen. STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welchen Sinn hat die nach § 34 a Gewerbeordnung vorzunehmende Zuverlässigkeitsprüfung , die unter Einbeziehung zuständiger Sicherheitsbehörden vorzunehmen ist und inwieweit spielen in der Zuverlässigkeitsbewertung öffentlich über elektronische Medien bekundete Sympathien mit dem Neonazismus eine Rolle? Für die gewerbsmäßige Überwachung von Leben und Eigentum fremder Personen bedürfen der Bewachungsgewerbetreibende nach § 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Gewerbeordnung (GewO) und die beschäftigten Wachpersonen nach § 34a Abs. 1 a Satz 1 Nr. 1 GewO einer spezifischen Zuverlässigkeit. Diese resultiert aus der Gefahrgeneigtheit der Bewachungstätigkeit aufgrund der Schutzbedürftigkeit der Bewachungsobjekte , aus der Konfliktträchtigkeit der Erfüllung des Schutzauftrags gegenüber rechtswidrigen Angriffen sowie aus der strengen Rechtsbindung, insbesondere bei der Ausübung der „Jedermann-Rechte" (§ 34a Abs. 5 GewO) unter der Anwendung von körperlicher Gewalt in den engen Grenzen des Erforderlichen (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 19. August 2015, Az.: W 6 K 15.466). Die Vorschrift des § 34a GewO bezweckt ausweislich ihres Wortlautes den Schutz der Allgemeinheit und Auftraggeber (vgl. § 34a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 3 GewO), die vor Schäden bewahrt werden sollen. § 34a GewO dient daher wie die Gewerbeordnung im Allgemeinen der effektiven Gefahrenabwehr. Gewerberechtlich unzuverlässig ist, wer keine Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben wird (BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1982, BVerwGE 65, 1f. - ständige Rechtsprechung). Die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, brauchen dabei nicht im Rahmen des Gewerbebetriebes eingetreten zu sein. Sie müssen allerdings gewerbebezogen sein, d. h. die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden im Hinblick auf das konkret ausgeübte Gewerbe, hier das Bewachungsgewerbe , infrage stellen . Seite 2 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM DER FlNANZEN Sofern der Bewachungsgewerbetreibende oder die Wachperson durch öffentlich über elektronische Medien bekundete Sympathien mit dem Neonazismus gegen Vorschriften des Strafrechts (bspw. Volksverhetzung nach § 130 Strafgesetzbuch (StGB), Beleidigung nach§ 185 StGB etc.) verstößt, ist dessen oder deren Zuverlässigkeit in Zweifel zu ziehen. Gleiches gilt, wenn der Betroffene Mitglied einer der in § 34a Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 bis 3 GewO genannten verbotenen Vereine, Parteien oder Vereinigungen ist. Hier ist die Zuverlässigkeit des Antragstellers in aller Regel zu verneinen. Frage 2: War der Staatsregierung, als sie laut Antwort auf die Fragestellung 1 des Abgeordneten Valentin Lippmann die aufgeführten Verträge mit dem genannten Unternehmen, beinhaltend u. a. die Objektbewachung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen, den Einlasskontrolldienst für die Landgerichtsbezirke Chemnitz und Zwickau, schloss, der im Raum stehende Vorwurf offen bekundeter rechtsextremistischer bzw. neonazistischer Auffassungen und Haltungen bekannt und wenn nein, wie erklärt sich dies angesichts der vorstehend geschilderten öffentlichen Bekundungen im Internet und der angeblichen Prüfung der Daten der Geschäftsführer durch das Landeskriminalamt als zentral bearbeitende Stelle für Anfragen an die sächsische Polizei und das Landesamt für Verfassungsschutz zur Prüfung der Zuverlässigkeit? Die Distelkam Dienstleistungsgruppe GmbH ist nicht mit der Objektbewachung des Ministerialgebäudes, in dem die Sächsischen Staatsministerien der Finanzen und für Kultus untergebracht sind, beauftragt. Der unter lfd. Nr. 2 der Antwort zu Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs. 6/12035 dem Sächsischen Staatsministerium der Finanzen als zuständiges Ressort zugeordnete Auftrag für eine Objektbewachung wurde durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement im Rahmen seiner Zuständigkeit für Liegenschaften des Freistaates Sachsen erteilt. Im Übrigen werden die Fragen 2 und 5 wie folgt zusammenfassend beantwortet: Zum Zeitpunkt des Abschlusses der unter Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs. 6/12035 angegebenen Verträge mit der Distelkam Dienstleistungsgruppe GmbH waren der Staatsregierung die nunmehr im Raum stehenden Vorwürfe nicht bekannt. Seite 3 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Frage 3: Unter welchen sachlichen und rechtlichen Gesichtspunkten rechtfertigt die Staatsregierung die Verweigerung einer Stellungnahme zur Frage 2 des Abgeordneten Valentin Lippmann: „Inwieweit bestehen aus Sicht der Staatsregierung Zweifel an der Zuverlässigkeit diesen Unternehmens ?", wenn doch die Zuverlässigkeitsüberprüfung gesetzlich vorgesehen ist und namentlich beim Abschluss von Dienstleistungsverträgen betreffend sensible Objekte wie Gerichte und Staatsanwaltschaften auch besonders erheblich erscheinen muss? Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Zur Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Das Fragerecht dient nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht dazu, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (Sächs- VerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Frage 4: Hat die Staatsregierung die durch die Initiative „Cottbus schaut hin" erhobenen schweren Vorwürfe betreffend ggf. selbst strafrechtlich relevantes Verhalten (Strafvereitelung, Beihilfe zur Körperverletzung) und das vermeintlich erklärtermaßen öffentliche Bekenntnis des Unternehmensinhabers zu Sympathien mit neonazistischem Gedankengut selbst überprüft, bevor gegenüber dem anfragenden Abgeordneten in der Antwort auf Frage 4 erklärt wurde, dass die Staatsregierung derzeit keine Veranlassung sehe, die Kündigung der geschlossenen Dienstleistungsverträge aus wichtigem Grund in Betracht zu ziehen? Die Prüfung der im Raum stehenden Vorwürfe ist Aufgabe der zuständigen Gewerbeund der Strafverfolgungsbehörden. Zum Zeitpunkt der Beantwortung der Frage 4 der Kleinen Anfrage Drs. 6/12035 lagen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Sollten auf die Vorwürfe gewerbe- oder strafrechtliche Konsequenzen folgen, wäre eine außerordentliche Kündigung der laufenden Verträge zu prüfen. Seite 4 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Frage 5: Hat die Staatsregierung nach Kenntnisnahme von den im Raum stehenden Zweifeln an der Zuverlässigkeit des in Vertragspartnerschaft mit dem Freistaat Sachsen stehenden Unternehmens der Distelkam Dienstleistungsgruppe von sich aus eine neue bzw. ergänzende Zuverlässigkeitsprüfung nach § 34 a Gewerbeordnung eingeleitet bzw. das Unternehmen beauflagt, sich einer (erneuten) derartigen Zuverlässigkeitsprüfung nach§ 34 a Gewerbeordnung zu unterziehen und wenn nein, aus welchen sachlichen und rechtlichen Erwägungen hält die Staatsregierung das für verzichtbar? Aufgrund der aktuellen Vorwürfe wurde ein Verfahren zur Überprüfung der Zuverlässigkeit von Herrn Kai Distelkam als Einzelunternehmer (Distelkam DLG), der Geschäftsführer der Distelkam Dienstleistungsgruppe GmbH sowie aller Wachpersonen, die in der Nacht vom 31. Dezember 2017 zum 1. Januar 2018 zur Überwachung der Flüchtlingsunterkunft in Cottbus eingesetzt waren, durch die Stadt Chemnitz als zuständige Gewerbebehörde eingeleitet. Im Übrigen wird auf die zusammenfassende Antwort unter Frage 2 verwiesen. Mit freundlichen Grüßen A~10 Dr. Matthias Haß Seite 5 von 5 Freistaat SACHSEN 2018-04-04T07:53:51+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes