STAATSM1N1STER1UM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Muster, fraktionslos Drs.-Nr.: 6/12926 Thema: Formularfalle Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Dubiose Anbieter kassieren Unternehmer mit sinnlosen Rechnungen ab. Aus einem Artikel in der Wirtschaftswoche vom 18.02.2018 (https ://www.wiwo.de/unternehmen/m ittelstand/m ittelstand-du bioseregisteran bieter-zocken-unternehmer-ab/20938958.htm I) geht hervor, dass deutsche Behörden für die Formularfallen mit verantwortlich sind aufgrund des derzeit bestehenden Rückstands im Bereich der Verwaltungsdigitalisierung und einer geringen bundesländerübergreifenden Koordination. Bei der Umsetzung der mehr als 10 Jahre alten EU- Dienstleistungsrichtlinie hinkt Deutschland noch deutlich hinterher.„ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 11-0153/45/60 Dresden, 2. Mai 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER11JTVI DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 1: Wie viele Fälle von sog. Formularfallen seit 2015 sind der Staatsregierung bekannt und wie und wann wurde sie auf das Problem aufmerksam? Es ist ein Fall bekannt. Ein Gewerbetreibender hatte im Jahr 2015 darauf hingewiesen. Im Übrigen wird von einer Beantwortung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Die sächsische Polizei führt keine Statistiken im Sinne der Fragestellung. In der Polizeilichen Kriminalstatistik und im Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen werden Straftaten im Sinne der Fragestellung nicht gesondert ausgewiesen. Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten insofern 98.106 Ermittlungsverfahren gem. § 263 Strafgesetzbuch händisch ausgewertet werden. Wenn man einen Zeitaufwand von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsverfahrens ansetzt, wären dies rund 49.053 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren. Bei einer 40 -Stunden -Woche wären mehrere Sachbearbeiter über Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Frage 2: Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung veranlasst, um die Bevölkerung auf Formularfallen aufmerksam zu machen? Im „Justizportal des Bundes und der Länder" wird vor - teilweise irreführenden - Angeboten , Zahlungsaufforderungen und Rechnungen, die nicht von Justizbehörden stammen , gewarnt. Eine ähnliche Warnung hat das Amtsgericht Leipzig zusätzlich in seinem Internet -Auftritt veröffentlicht. Seite 2 von 4 STAATSMIN1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Ferner werden die Unternehmen bereits bei der Beurkundung darauf hingewiesen, dass von den sächsischen Gerichten ausschließlich Rechnungen der Landesjustizkasse Chemnitz versandt werden. Darüber hinaus wird in jeder Mitteilung über die Eintragung im Handelsregister auf die Zuständigkeit der Landesjustizkasse Chemnitz für die Erhebung der entstandenen Gerichtskosten hingewiesen sowie über irreführende Zahlungsaufforderungen und Rechnungen, die nicht von der Landesjustizkasse Chemnitz stammen, gewarnt. Frage 3: Wie bewertet die Staatsregierung die Formularfalle (straf)rechtlich? Die Frage ist auf eine Bewertung gerichtet. Zur Abgabe einer Bewertung ist die Staatsregierung nicht verpflichtet. Frage 4: Was unternimmt die Staatsregierung, um zukünftig behördliche Anmeldeverfahren zu vereinfachen und einen Datenmissbrauch über Formularfallen zu minimieren bzw. auszuschließen? Um behördliche Anmeldeverfahren zu vereinfachen, sind diese so zu optimieren und umzusetzen, dass äine durchgängige und (rechts -)sichere elektronische Abwicklung möglich ist. Mit dem im August 2014 verabschiedeten Sächsischen E-Government-Gesetz wurde die rechtliche Grundlage für die Einführung elektronischer Verwaltungsverfahren im Freistaat Sachsen geschaffen. Damit sind die Behörden u. a. verpflichtet, rechtssichere elektronische Zugänge anzubieten. Mit dem vom Bund im Juni 2017 verabschiedeten Online -Zugangsgesetz (OZG) wird es für alle Verwaltungen in Deutschland zur Pflicht, Erwartungen der Bürger und Unternehmen an eine einfache, sichere und verbindliche elektronische Kommunikation und Interaktion zu erfüllen. Bis Ende 2022 müssen bundesweit alle hierfür geeigneten Verwaltungsleistungen auch online und über alle Verwaltungsebenen hinweg über miteinander verbundene Serviceportale angeboten werden. Zudem sollen Servicekonten bereitgestellt werden, die eine bundesweite Identifizierung für diese Verwaltungsleistungen ermöglichen. Formularfallen können minimiert werden, indem z. B. Zugänge zu den Registerverfahren ausschließlich nur mit einem Servicekonto gemäß OZG, welches noch im Jahr 2018 zur Verfügung stehen soll, ermöglicht und Formulare in elektronischer Form über die Verwaltungsportale bzw. als Online -Verfahren einschließlich elektronischer Bezahlmöglichkeiten angeboten werden. Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Frage 5: Welche Digitalisierungsprozesse zur Umsetzung der EU -Dienstleistungsrichtlinie stehen im Freistaat Sachsen unmittelbar bevor? (Bitte in der Antwort auch einen groben Zeitplan angeben) Die dem Anwendungsbereich der EU -Dienstleistungsrichtlinie unterfallenden Verfahren können elektronisch über den Einheitlichen Ansprechpartner abgewickelt werden. Um die Einheitlichen Ansprechpartner in Deutschland nutzerfreundlicher zu gestalten, wurde das Projekt „Einheitlicher Ansprechpartner 2.0" (EA 2.0) gestartet. Ziel dieses Projektes ist es, die bestehenden Einheitlichen Ansprechpartner neu auszurichten und zu einem Angebot für alle Unternehmensangelegenheiten und die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen weiterzuentwickeln. Mit dem EA 2.0 sollen Gründer und Unternehmer deutschlandweit über möglichst einheitlich strukturierte Zugänge alle Informationen zu erforderlichen Verfahren gebündelt erhalten und die damit verbundenen Behördengänge - soweit rechtlich möglich - elektronisch abwickeln können. Das Projekt läuft unter der Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie und soll nach derzeitigem Stand bis Ende 2018 realisiert werden. Zur zeitlichen Umsetzung des OZG wird auf die Antwort auf die Frage 4, Absätze 3 und 4, verwiesen. Prbf. Pr. Roland Wöller MitfreLindlichen Grüßen Ä Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2018-05-02T15:12:54+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes