STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/12933 Thema: JVA Torgau: Übergriffe gegen ausländische Gefangene? Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Nach einem Bericht der Gefangenen-Gewerkschaft / Bundesweite Organisation (GG/BO) soll es zu Übergriffen gegen ausländische Ge. fangene durch Beamtlnnen gekommen sein (https://ggbo.de/jvatorgau -unionbusting/ ). Vor diesem Hintergrund richte ich folgende Fragen an die Staatsregierung:" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die von der Fragestellerin als,,Gewerkschaft" bezeichnete Organisation ist keine Gewerkschaft im Sinne des Art. 9 Abs. 3 GG, die Arbeitnehmerrechte wahrnimmt. Eine Gewerkschaft setzt eine Vereinigung von Arbeitnehmern voraus, die zudem tariffähig sein muss. Gefangene sind keine Arbeitnehmer , weil sie nicht aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages tätig werden. Das Rechtsverhältnis zwischen dem arbeitenden Gefangenen und der beschäftigenden Justizvollzugsanstalt ist ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis eigener Art. Seite 1 von 5 W Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 (0)351 564 1500 Telefax +49 (0)351 564 1509 staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen 1040E/'t3/1169 - KLR Dresden, 2:î Aprn2oß Hausânschrlft: Sächslsches StaaBm¡nisterium der Just¡z Hosp¡talstraße 7 01097 Dresdên Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 *Zugang lür elektronisch s¡gnierte sowie f t¡r verschlüsselle elektronische Dokumgnte nur über das Elektronische Ger¡chts- und Vemaltungspostlach; nähere lnlormationên unter M.egvp.de STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ¡E-ñittw Dies wird auch aus der Regelungssystematik des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes deutlich, das davon spricht, dass die Arbeit dem Gefangenen gemäß $ 22 Absatz 1 SächsStVollzG ,,übertragen" wird. Eine Tätigkeit des Gefangenen im Vollzug dient nicht dem Ziel von Erwerbsarbeit und beruht weder auf einem privatrechtlichen Vertrag noch auf einem sogenannten gleichgestellten Verhältnis. Der Sinn und Zweck der Beschäftigung im Vollzug wird vor allem durch öffentlich-rechtliche und behandlerische Ziele geprägt. Der Austausch von fremdnütziger Arbeit und Arbeitsentgelt steht insoweit nicht im Vordergrund. Die Arbeit im Vollzug dient primär resozialisierungsfördernden und nicht erwerbswirtschaft I ichen Zwecken. Frage 1: Wie stellt sich der Sachverhalt aus Sicht der Staatsregierung dar? Eine abschließende Beurteilung des Sachverhalts kann nach dem Stand der laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen noch nicht abgegeben werden. Bislang stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar: Ein ausländischer Gefangener der JVA Torgau widersetzte sich am 1. März 2018 gegen 14:00 Uhr trotz mehrfacher Aufforderung der Stationsbediensteten der Anweisung, seinen Haftraum aufzusuchen. Der Gefangene wollte wohl dagegen protestieren, dass ihm ein unrechtmäßig in seinem Besitz befindlicher Fernseher bei einer Hattraumkontrolle entnommen wurde. Der Gefangene wurde - nachdem drei weitere Bedienstete hinzutraten - wiederholt gewarnt, dass unmittelbarer Zwang angewendet würde, wenn er nicht freiwillig in seinen Hattraum zurückkehrt. Der Gefangene versuchte, sich durch Festhalten an einem Geländer der Anweisung weiterhin zu widersetzen. Der Widerstand konnte mittels Anwendung unmittelbaren Zwangs überwunden werden. Dabei kamen der Gefangene und Bedienstete zu Fall. Der Gefangene wurde gefesselt und in seinen Haftraum gebracht, wo ihm die Fesseln wieder abgenommen wurden. lm Nachgang zum Vorkommnis befragte der Anstaltsleiter die Beteiligten zum Sachverhalt . Der Gefangene behauptete, von einem Bediensteten getreten und geschlagen worden zu sein. Aufgrund der Äußerung des Gefangenen wurden anstaltsinterne Ermittlungen durchgeführt. Der Verdacht einer strafbaren Handlung zum Nachteil eines Gefangenen ließ sich nicht bestätigen. Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENW Frage 2z Wurden diesbezüglich Ermittlungsverfahren eingeleitet? Wenn ja, gegen wen (Gefangene oder Bedienstete) und mit welchem Tatvorwurf? Der Leiter der JVA Torgau erstattete am 16. März 2018 aufgrund des Vorkommnisses und der am 1. Màrz 2018 erfolgten Pressemitteilung auf der lnternetseite der GG/BO Strafanzeige. Die Staatsanwaltschaft Leipzig hat Ermittlungsverfahren gegen einen Strafgefangenen wegen des Tatvorwurfs der Verleumdung, gegen einen anderen Strafgefangenen wegen des Tatvorwurfs des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und der falschen Verdächtigung sowie gegen einen weiteren, als Zeugen benannten Strafgefangenen wegen des Tatvorwurfs der falschen Verdächtigung eingeleitet. Ferner hat die Staatsanwaltschaft Leipzig aufgrund der Strafanzeige eines Strafgefangenen der Justizvollzugsanstalt Torgau vom 28. März 2018 zu zwei angeblichen Übergriffen auf ausländische Strafgefangene und der zuvor vom gleichen Strafgefangenen am 1. Mär22018 erfolgten Pressemitteilung auf der lnternetseite der GG/BO zu entsprechenden Übergriffen ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Bedienstete der Justizvollzugsanstalt Torgau wegen des Tatvorwurfs der Körperverletzung im Amt eingeleitet. Frage 3: Laut dem Bericht wurde die GG/BO Soligruppe Leipzig durch die Anstaltsleitung dazu aufgefordert die erste Pressemitteilung zu diesem Vorfall vom 01. März 2018 zu löschen. Auf wessen Geheiß erfolgte dies und auf welcher Rechtsgrundlage basierte diese Aufforderung? Der Anstaltsleiter der Justizvollzugsanstalt Torgau forderte die GG/BO Soligruppe Leipzig auf, den - aus Sicht der Justizvollzugsanstalt Torgau gegen strafrechtliche Vorschriften verstoßenden - Eintrag auf der lnternetseite zu entfernen. Die Aufforderung stellt schlichtes Verwaltungshandeln dar. Der Anstaltsleiter vertritt die Anstalt gemäß g 108 Absatz 1 Satz 1 SächsStVollzG nach außen. Gemäß $ 45 des Beamtenstatusgesetzes hat der Dienstherr im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung. Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN NEilnÉ{*tNoiltHft¡J\rrry Frage 4: lm weiteren Verlauf wurde der GG/BO Sprecher der Torgau in die JVA Bautzen verlegt und erhebt we¡tere Anschuldigungen @ hunoerstreik-iva-bautzen/1. Wie stellt sich der Sachverhalt aus Sicht der Staatsregierung dar? Gefangene können in eine Anstalt verlegt werden, die zu ihrer sicheren Unterbringung besser geeignet ist, wenn in erhöhtem Maße die Gefahr der Entweichung oder Befreiung gegeben ist oder sonst ihr Verhalten oder ihr Zustand eine Gefahr für die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt darstellt. Der Gefangene wurde mit Zustimmung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz in die Justizvollzugsanstalt Bautzen sicherheitsverlegt , da er wiederholt in der Justizvollzugsanstalt Torgau die Sicherheit und Ordnung der Anstalt störte. Die Justizvollzugsanstalt Bautzen hat gegen den Gefangenen bei seiner Aufnahme dort Sicherungsmaßnahmen angeordnet. Der Gefangene wurde insbesondere zunächst von anderen Gefangenen abgesondert. Die Verteidiger des Gefangenen wurden, wie von ihm beantragt, hierüber in Kenntnis gesetzt. Die Absonderung konnte zwischenzeitlich aufgehoben werden. Die Behauptung, die Justizvollzugsanstalt Bautzen habe die Nutzung einer Trennscheibe bei der Besuchsdurchführung gemäß S 28 Absatz 7 SächsStVollzG angeordnet, ist nicht zutreffend. Zu der auf der lnternetseite angekündigten Nahrungsverweigerung des Gefangenen kam es nicht. Frage 5: Welche Kenntnisse über formale Beschwerden der Gefangenenn Selbstverletzungen oder Gefangenenentweichungen in der JVA Torgau liegen der Staatsregierung bis zum heutigen Tag seit dem 01. Juni 2017 vor? Unter dem Begriff ,,formale Beschwerde" werden schriftlich formulierte Anliegen an den Anstaltsleiter sowie Dienstaufsichtsbeschwerden verstanden. Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf den Zeitraum vom 1 . Juni 2017 bis 29. März 2018. Seite 4 von 5 srAArsT\4rNrsrERïll I ru Freistaat SACHSEN Es gingen zwölf entsprechende Beschwerden ein. Zudem wurden fünf Selbstverletzungshandlungen von Gefangenen gemeldet. Ein Gefangener ist während seiner Ausführung zu einer medizinischen Untersuchung im Krankenhaus Torgau vorübergehend entwichen. Er stellte sich noch am selben Tag wieder in der Justizvollzugsanstalt Torgau . Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 5 von 5 2018-05-02T15:22:45+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes