STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 1 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/12934 Thema: Standards bei der Vormundschaft der Jugendämter für unbegleitete minderjährige Geflüchtete Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Im Landkreis Bautzen sind laut Angaben des Landratsamtes auf seiner Website zwei Vormünder für derzeit 140 Mündel zuständig. Laut §55 SGB VIII Abs. 2 Satz 4 soll ein*e allein mit der Vormundschaft betraute Mitarbeiter*in bzw. Beamt*in "höchstens 50 und bei gleichzeitiger Wahrnehmung anderer Aufgaben entsprechend weniger Vormundschaften oder Pflegschaften führen." Auf die Anfrage des Kreisrats Heiko Kose I (Zeichen: 51.4-457.12) zu Klageverfahren von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten gegen ihren jeweiligen Bescheid vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vom 14. März 2018 antwortet der Erste Beigeordnete des Landratsamts Bautzen, Udo Witschas, dass bei "komplexen juristischen Sachverhalten ein Rechtsbeistand organisiert" werde. ln Frage 2 wird zudem geantwortet, dass das Landesjugendamt unter anderem auch den an Vormünder unbegleiteter Minderjähriger gerichteten, eintägigen Facharbeitskreis "Rechtliche Fragen zum Asylund Aufenthaltsrecht" durchführe." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der anlässlich der Beantwortung der Kleinen Anfrage um eine Stellungnahme gebetene Landkreis hat mitgeteilt, dass in seinem Stellenplan zum Doppelhaushalt 2017/2018 4,0 VzÄ Amtsvormünder für unbegleitete Minderjährige ausgewiesen und besetzt seien. Eine Stelleninhaberin habe auf eigenen Wunsch kurzfristig zum 31. Dezember 2017 gekündigt; die vakante Stelle sei im Ergebnis einer zeitnahen hausinternen Ausschreibung zum 12. März 2018 nachbesetzt worden. Bei einer weiteren Amtsvormundin gebe es einen längerfristigen krankheitsbedingten Ausfall. Damit hätten lediglich im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 11. März 2018 nur zwei Amtsvormünder zur Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin Durchwahl Telefon +49 351 564-5601 Telefax +49 351 564-5791 Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 45-0141.51-18/313 Dresden, 2 Mai 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Albertstraße 1 o 01 097 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Verfügung gestanden, die ab Anfang Januar 2018 für 100 von 107 vom Landkreis zu betreuende unbegleitete ausländische Minderjährige zuständig gewesen seien. Konkret zu dem auch in der Anfrage auf Kreisebene angefragten Zeitpunkt 1. März 2018 sei der Landkreis Bautzen für insgesamt 134 unbegleitete ausländische Minderjährige zuständig gewesen. Von diesen seien neun in Obhut genommen gewesen, in 28 Fällen seien Hilfen für junge Volljährige gewährt und weitere sechs Fälle seien von ehrenamtlichen Vormündern betreut worden. Damit seien für die Amtsvormünder lediglich 91 Fälle relevant und für diese die oben genannten zwei Amtsvormünder zuständig gewesen. Mittlerweile seien es wieder drei. Frage 1: Erfolgt durch das Landesjugendamt ein Qualitätsmanagement der Beratung der unbegleiteten, geflüchteten Mündel durch die Vormünder in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Fragen sowie eine wiederholte Schulung der Vormünder in den Kreisjugendämtern, insbesondere in Fragen zum Asyl- und Aufenthaltsrecht, um sicherzustellen, dass insbesondere die Vorbereitung auf die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, mögliche Gerichtstermine und das Schreiben von Klagebegründungen kompetent erfolgen und dass komplexe, juristische Sachverhalte erkannt werden und dementsprechend ein Rechtsbeistand organisiert werden muss? Das Landesjugendamt ist nicht befugt, Vormünder bei Ausübung der Sorge für den Mündel mit Maßnahmen der Qualitätssteuerung im Sinne eines Qualitätsmanagements zu unterwerfen, da die Aufgaben der Jugendhilfe in kommunaler Selbstverwaltung ausgeführt werden. Hinsichtlich der Fortbildungsangebote des sächsischen Landesjugendamtes zum Thema Unbegleitete ausländische Minderjährige wird zunächst auf die Antworten der Sächsischen Staatsregierung vom 4. Januar 2017 auf Frage 5 der Kleinen Anfrage L T -Drs. 6/7193 und vom 3. August 2017 auf Frage 2 der Kleinen Anfrage LT-Drs. 6/10107 Bezug genommen. Über die dort genannten Fortbildungsveranstaltungen hinaus hat das Landesjugendamt im Jahr 2017 ein weiteres Tagesseminar zu Schwerpunkten und Besonderheiten der gesetzlichen Vertretung unbegleiteter ausländischer Minderjähriger mit einem Referenten des Bundesfachverbandes für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BUMF e.V.) angeboten. Es hat für die Amts- und Vereinsvormünder des Freistaates Sachsen einen überregionalen Arbeitskreis mit zwei Fachgruppen eingerichtet, welcher sich zweimal jährlich trifft. Vormünder unbegleiteter ausländischer Minderjähriger haben hier die Möglichkeit, sich gezielt zu Fragen des Asyl- und Aufenthaltsrechts zu verständigen. Im Rahmen der Fachberatung werden zudem, meist schriftlich in Gestalt einer rechtlichen Sachverhaltsbeurteilung, Einzelanfragen beantwortet. Außerdem hat sich das Landesjugendamt an der Aktualisierung der von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter auf ihrer 122. Arbeitstagung vom 26. bis 28. April 2017 beschlossenen zweiten Fassung der "Handlungsempfehlung zum Umgang mit unbeg leiteten Minderjährigen" (http://www. bagljae. de/downloads/128_handlungsempfehlungen -zum-umgang-mit-unbge.pdf) beteiligt. Diese Empfehlung befasst sich auch mit Fragen der Zuständigkeit und Aufgaben der Vormundschaft und wird den sächsischen Jugendämtern zur Verwendung als Arbeitsmaterial empfohlen. Seite 2 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Im Übrigen gewährleistet das System der Beratungs- und Prozesskostenhilfe den unentgeltlichen Zugang unbegleiteter Minderjähriger zu einem Rechtsbeistand und garantiert gleichzeitig auch die Gleichbehandlung von mittellosen Flüchtlingen und unbemittelten deutschen Staatsangehörigen (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 29. Mai 2013 -XII ZB 530/11 -). Auf die Antworten der Sächsischen Staatsregierung vom 4. Januar 2017 auf Frage 5 der Kleinen Anfrage L T-Ors. 6/7193 und vom 15. Mai 2017 auf Frage 4 der Kleinen Anfrage L T -Drs. 6/9328 wird insoweit Bezug genommen. Frage 2: Hat das Landesjugendamt Vorgaben darüber aufgestellt, wie häufig sich ein Vormund mit dem Mündel im Asylverfahren und darüber hinaus potentiell im Klageverfahren treffen muss beziehungsweise gibt es Vorgaben an die Vormünder, welche Sachverhalte sie für das Durchlaufen dieser Verfahren im Einzelfall klären müssen? Zur fehlenden Befugnis des Landesjugendamtes, den Vormündern Vorgaben für die Führung der Vormundschaft zu machen, wird zunächst auf die Antwort auf Frage 1 Bezug genommen. Nach § 1793 Absatz 1 a Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) soll der Vormund den Mündel in der Regel einmal im Monat in dessen üblicher Umgebung aufsuchen, es sei denn, im Einzelfall sind kürzere oder längere Besuchsabstände oder ein anderer Ort geboten. Der Vormund ist verpflichtet, dem Familiengericht jährlich über die Vormundschaftsführung Bericht zu erstatten; der Bericht hat auch Angaben über die monatlichen Mündelkontakte zu enthalten (§ 1840 Absatz 1 BGB). Das Familiengericht hat nach § 1837 Absatz 2 Satz 2 BGB insbesondere die Einhaltung der erforderlichen persönlichen Kontakte des Vormunds zu dem Mündel zu beaufsichtigen. Über die Häufigkeit der Kontakte mit dem Mündel speziell im Asyl- oder einem evtl. Klageverfahren und die dabei zu klärenden Gegenstände entscheidet der Vormund in eigener Verantwortung mit Rücksicht auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und die Verpflichtung, die Personensorge im Interesse und zum Wohl des Mündels auszuüben . Frage 3: Inwiefern überwacht das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz die Einhaltung des § 55 SGB VIII Abs. 2 Satz 4 durch die kommunalen öffentlichen Träger der Jugendhilfe? Freistaat SACHSEN Der Vollzug des Achten Buches Sozialgesetzbuch und damit auch des § 55 Absatz 2 Satz 4 SGB VIII obliegt den Landkreisen und Kreisfreien Städten als örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung. Die Landkreise und Kreisfreien Städte unterliegen in Selbstverwaltungsangelegenheiten keiner Fachaufsicht und keinen Weisungen der Staatsregierung, sondern lediglich der Rechtaufsicht . Im Zuständigkeitsbereich der Rechtsaufsicht können die Staatsregierung bzw. die zum Zwecke der Rechtsaufsicht mit Informationsrechten ausgestatteten Behörden von diesen Befugnissen nur dann Gebrauch machen, wenn Anhaltspunkte für eine bevorstehende oder erfolgte Rechtsverletzung im Einzelfall vorliegen. Insoweit wird auf die Vorbemerkung zur Antwort auf die vorliegende Kleine Anfrage Bezug genommen. Seite 3 von 5 Frage 4: STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOZlALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Welche Formen der Vormundschaft (Amtsvormund, ehrenamtlicher Einzelvormund , Vormundschaftsverein) werden durch die Jugendämter der Landkreis und Kreisfreien Städte angewendet und wie viele Vormünder waren zum 1.3.2018 für wie viele umA-Mündel zuständig? Die Entscheidung über die Bestellung sowie die Auswahl eines Vormundes einschließlich der Entscheidung, ob zum Vormund das Jugendamt (Amtsvormundschaft), ein rechtsfähiger Verein, ein ehrenamtlicher oder ein berufsmäßiger Einzelvormund bestellt wird, obliegt nicht den Jugendämtern, sondern den Familiengerichten. Ausschließlich die Führung von Amtsvormundschaften ist eine Aufgabe der Jugendämter , wenn sie gerichtlich zum Vormund bestellt werden. Zum Vormund bestellt wird dabei das Jugendamt als solches. Dieses überträgt die Ausübung der Aufgaben des Amtsvormunds einzelnen seiner Beamten oder Beschäftigten. Auf Grund des Sachzusammenhangs mit der in Frage 3 angesprochenen Fallzahlbegrenzung wird die Frage 4 so verstanden, dass nach der Zahl der unter Amtsvormundschaft stehenden unbegleiteten ausländischen Minderjährigen in Relation zur Zahl der Bediensteten, denen die Jugendämter im Freistaat Sachsen die Ausübung der Aufgaben des Amtsvormunds für unbegleitete ausländische Minderjährige übertragen haben, gefragt wird. Freistaat SACHSEN Hierzu liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik weist auf Grund des § 99 Absatz 4 SGB VIII lediglich die Zahl der im Freistaat Sachsen zum Ende des Jahres 2016 für nichtdeutsehe Kinder und Jugendliche bestellten Amtsvormundschaften (2.436) ohne Beschränkung auf unbegleitete ausländische Minderjährige aus (Statistischer Bericht Kinder- und Jugendhilfe im Freistaat Sachsen - Pflegeerlaubnis, Pflegschaften, Vormundschaften, Beistandschaften, Sorgeerklärungen, Maßnahmen des Familiengerichts - 2016 [K V 8 - j/16], https:/1 www.statistik.sachsen.de/download/100_Berichte-KIK_ V_8_j16_SN.pdf, Tabelle 4, Seite 11). Wie vielen Bediensteten der Jugendämter die Ausübung der Aufgaben des Amtsvormundes für unbegleitete ausländische Minderjährige übertragen wird, entscheiden die Landkreise und Kreisfreien Städte im Rahmen ihrer kommunalen Personalund Organisationshoheit Zu beachten ist dabei lediglich die Fallzahlbegrenzung nach §55 Absatz 2 Satz 4 SGB VIII, die sich jedoch nicht speziell auf Vormundschaften für unbegleitete ausländische Minderjährige bezieht. Die Zuständigkeit für die Übertragung und die Beachtung der Fallzahlbegrenzung liegt außerhalb des Aufgaben- und Verantwortungsbereichs der Sächsischen Staatsregierung. Ergänzend wird auf die zusammenfassende Antwort der Sächsischen Staatsregierung vom 4. Januar 2017 auf die Fragen 2 bis 4 der Kleinen Anfrage LT-Drs. 6/7193 Bezug genommen. Seite 4 von 5 Frage 5: STAATSMlNlSTERlUM FÜR SOllALES UND VERBRAUC~ERSC~UTZ Wie viele unbegleitete minderjährige Geflüchtete halten sich zum Zeitpunkt der Anfrage in Sachsen auf? (bitte nach Alter, Geschlecht, Herkunft sowie nach Landkreisen und Kreisfreien Städten aufschlüsseln) Mit Stand vom 10. April 2018 waren die Jugendämter im Freistaat Sachsen für die Unterbringung , Betreuung und Versorgung von 1.194 unbegleiteten ausländischen Minderjährigen zuständig, die sich wie folgt auf die Landkreise und die Kreisfreien Städte verteilten: Landkreis Bautzen 99 Landkreis Erzgebirgskreis 101 Landkreis Görlitz 54 Landkreis Leipzig 61 Landkreis Meißen 65 Landkreis Mittelsachsen 83 Landkreis Nordsachsen 62 Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebir:g_e 69 Landkreis Vogtlandkreis 86 Landkreis Zwickau 113 Stadt Chemnitz 86 Landeshauptstadt Dresden 153 Stadt Leipzig 162 Summe: 1.194 Der Staatsregierung liegen keine auf den Zeitpunkt der Anfrage bezogenen Angaben vor, wie sich diese Zahl nach Alter, Herkunft und Geschlecht aufschlüsselt. Daten im Sinne dieser Fragestellung wurden letztmalig im Rahmen einer Umfrage zum Stichtag 30. Juni 2017 bei den Jugendämtern im Freistaat Sachsen erhoben. Insoweit wird auf die Antwort der Sächsischen Staatsregierung vom 21. Dezember 2017 auf Frage 1 der Kleinen Anfrage L T-Ors. 6/11355 verwiesen. Seite 5 von 5 Freistaat SACHSEN 2018-05-02T15:52:06+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes