STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/12935 Thema: Ausreisegewahrsam und Abschiebungshaft in Sachsen 2017 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Für wie viele Menschen wurde im Jahr 2017 Anträge auf Anordnung nach Abschiebungshaft nach § 62 Absatz 2 bzw. Absatz 3 Aufenthaltsgesetz bzw. Ausreisegewahrsam nach § 62b Aufenthaltsgesetz gestellt und worauf stützte sich die Haftanordnung jeweils? (bitte nach Landkreisen und Kreisfreien Städten aufschlüsseln sowie Staatsangehörigkeit , Alter, Geschlecht des/der Betroffenen sowie Zielstaat der Abschiebung angeben) Frage 2: In wie vielen dieser Fälle wurde durch welches sächsische Gericht Haftanordnungen erlassen und in welcher Abschiebehafteinrichtung wurde die Haft für wie lange vollzogen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Im Jahr 2017 wurden für 17 Personen Anträge auf Anordnung der Abschiebungshaft nach § 62 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) gestellt. Anträge nach § 62 Absatz 2 AufenthG oder § 62b AufenthG wurden nicht gestellt. Davon ordneten in 13 Fällen die sächsischen Amtsgerichte in Dresden , Leipzig, Plauen und Görlitz die Abschiebungshaft an. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1053/42/97 Dresden, 2. Mai 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Der Vollzug erfolgte anschließend in den Abschiebehafteinrichtungen in Ingelheim, Langenhagen, Eisenhüttenstadt, Bremen und Eichstätt sowie in den Justizvollzugsanstalten Dresden und Mühldorf. Die Haft wurde für die Dauer von sechs Tagen bis zu sechs Monaten vollzogen. Eine detaillierte Aufschlüsselung kann der beiliegenden Anlage entnommen werden. Frage 3: In welchen der Fälle wurde nach der Haft die Abschiebung vollzogen und in wie vielen Fällen warum nicht? In 14 der 17 Fälle wurde die Abschiebung nach dem Vollzug der Abschiebungshaft vollzogen. Eine Person reiste nach dem Erlass des Haftbeschlusses freiwillig aus. Die Abschiebung wurde in einem Fall nicht vollzogen, da der Flugzeugführer die Mitnahme verweigerte. In einem weiteren Fall konnte die Abschiebung nicht vollzogen werden, weil durch das Amtsgericht die Sicherungshaft mit der Begründung aufgehoben wurde, dass ein Verstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz vorliege (Haftbeschwerde). Frage 4: In wie vielen Fällen gab es seit 2014 mit welchem Ergebnis Rechtsmittel gegen die Abschiebehaftanordnung? Wie ist ggf. der Verfahrensstand? Von einer Beantwortung der Frage wird abgesehen. Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse liegen dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz nicht unmittelbar vor. In den amtlichen Statistiken wird lediglich die Anzahl der (eingegangenen) Verfahren über Abschiebungshaft gemäß § 62 AufenthG sowie über Haft nach § 15 Absatz 5 AufenthG (Zurückweisungshaft) und § 57 Absatz 3 AufenthG (Zurückschiebungshaft) erfasst. Die statistische Erfassung unterscheidet dabei nicht nach den genannten Haftarten und enthält weder Angaben zum Verfahrensausgang noch zu Rechtsmitteleinlegungen. Es kann daher lediglich mitgeteilt werden, dass in dem Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2017 insgesamt 804 Verfahren über Abschiebungshaft gemäß § 62 AufenthG sowie über Haft nach § 15 Absatz 5 AufenthG und § 57 Absatz 3 AufenthG anhängig geworden sind. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Die zur Beantwortung der Frage erforderlichen Angaben können auch nicht durch eine elektronische Recherche in den Datenbanken der Amtsgerichte selektiert werden. Für die umfassende Beantwortung der Frage wäre daher die manuelle Durchsicht und Auswertung aller Akten der in den Jahren 2014 bis 2017 anhängig gewordenen 804 Verfahren über Abschiebungshaft gemäß § 62 AufenthG sowie über Haft nach § 15 Absatz 5 AufenthG und § 57 Absatz 3 AufenthG erforderlich. Eine solche Auswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Amtsgerichte in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen . Für die entsprechende Auswertung der Akten, insbesondere auch unter Berücksichtigung des von der Abgeordneten erfragten Verfahrensstandes, ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 45 Minuten je Akte auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der bei den Amtsgerichten für die händische Auswertung dieser 804 Akten anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens 75 Arbeitstage für einen Mitarbeiter geschätzt. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur Beantwortung der Frage erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine Beantwortung der Frage würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten, die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis , dass eine Beantwortung dieser Frage unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. Eine statistische Erfassung der in Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörde gestellten Anträge auf Anordnung der Abschiebungshaft nach § 62 Absatz 3 AufenthG oder auf Anordnung des Ausreisegewahrsams nach § 62b AufenthG wird erst seit Anfang 2017 geführt. Gegen die im Jahr 2017 vorliegenden acht Abschiebehaftanordnungen wurde in drei Fällen Rechtsbeschwerde gegen die Anordnung eingelegt. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Frage 5: Welche Kosten entstehen dem Freistaat Sachsen durch die Nutzung von Abschiebehaftplätzen in anderen Bundesländern? (ggf. pro Tag und Inhaftiertemir und Bundesländern, deren Abschiebehafteinrichtung genutzt wird differenzieren) Im Jahr 2017 entstanden durch die Nutzung von Abschiebehaftplätzen in der Gewahrsameinrichtung für Ausreisepflichtige Ingelheim (Rheinland-Pfalz), Kosten von 307,65 Euro pro Tag und Inhaftiertem. Für die Unterbringung in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hannover, Abteilung Langenhagen (Niedersachsen) wurden 145 Euro pro Tag und Inhaftiertem in Rechnung gestellt. Die Kosten pro Tag und Inhaftiertem bei einer Unterbringung in der JVA Eichstätt (Bayern) belaufen sich auf 107,79 Euro. Die Abschiebehafteinrichtungen in Eisenhüttenstadt und Bremen erheben einen Kostensatz von 336 Euro bzw. 381,65 Euro pro Tag und Inhaftiertem. F4 rylit eundlicir Grüßen eiL h..D . Roland WöllerDA Roland Wöller Anlage (h Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 Anlage zu Drs.-Nr. 6/12935 Anträge auf Haftanordnung 2017 in Zuständigkeit der unteren Ausländerbehörden Landkreis! lfd. Anordnung nach Staatsangehörig-keit Alter Geschlecht Zielstaat/ Haftanordnendes Abschiebeeinrichtung Haftdauer Kosten der Vollzug Abschiebehaft der Kreisfreie Stadt Nr. Abschiebestaat Gericht Abschiebung § 62 Abs. 2 § 62 Abs. 3 § 62 b in Euro 1 X Tunesien 42 m Tunesien Amtsgericht Dresden GfA Ingelheim 13 Tage 3.999,45€ ja 2 X Georgien 20 m Georgien Amtsgericht Dresden JVA Langenhagen 16 Tage 2.320,00€ ja Dresden 3 X Georgien 26 m Georgien Amtsgericht Dresden JVA Langenhagen 6 Tage 870,00€ ja 4 X Madagaskar - 27 m Madagaskar Amtsgericht Dresden keine Haft erforderlich, da Betreffende freiwillig ausgereist ist Stadt Leipzig 5 X Indien 33 m Indien Amtsgericht Leipzig Abschiebehafteinrichtung 32 Tage 10.752,10€ ja Eisenhüttenstadt Vogtlandkreis 6 X Albanien 34 m Albanien Amtsgericht Plauen Abschiebehafteinrichtung 7 Tage 2.671,54 € nein Bremen Sächsiches 7 X Serbien _ 37 m Serbien Amtgericht Dresden/ JVA Dresden 4 Monate nicht bekannt ja Schweiz- Amtsgericht Görlitz 8 X Algerien 30 m Algerien GfA Ingelheim 67 Tage 20.833,62€ jaOsterzgebirge 9 X Algerien 41 m Algerien JVA Mühldorf 6 Monate nicht bekannt nein Anträge auf Haftanordnung 2017 in Zuständigkeit der Zentralen Ausländerbehörde Anordnung nach Kosten der Landkreis! lfd. Staatsangehörig-keit Alter Geschlecht Zielstaat/ Haftanordnendes Abschiebeeinrichtung Haftdauer Abschiebehaft Vollzug der Kreisfreie Stadt Nr. § 62 Abs. 2 § 62 Abs. 3 § 62 b Abschiebestaat Gericht in Euro Abschiebung - keine Haft erforderlich, da Justiz - Haft bis zur Abschiebung Dresden 10 X Algerien 20 m Algerien Amtsgericht Leipzig vollzogen wurde ja 11 X Tunesien 27 m Tunesien Amtsgericht Berlin JVA Langenhagen 9 Tage 1.305,00€ ja Tiergarten Amtsgericht Berlin keine Haft erforderlich, da Justiz - Haft bis zur Abschiebung Stadt Leipzig 12 X Tunesien 26 m Tunesien Tiergarten vollzogen wurde ja Sächsische keine Haft erforderlich, da Justiz - Haft bis zur Abschiebung Schweiz- 13 X Tunesien 27 m Tunesien Amtsgericht Leipzig vollzogen wurde ja Osterzgebirge . Amtsgericht Berlin keine Haft erforderlich, da Justiz - Haft bis zur Abschiebung Mittelsachsen 14 X Tunesien 21 m Tunesien Tiergarten vollzogen wurde ja Landkreis Leipzig 15 X Marokko 24 m Marokko Amtsgericht Leipzig GfA Ingelheim 43 Tage 13.228,95€ ja Bautzen 16 X Tunesien 39 m Tunesien Amtsgericht Berlin JVA Langenhagen 25 Tage 3.625,00€ ja Tiergarten_ noch nicht Zwickau 17 X Tunesien 27 m Tunesien Amtsgericht Leipzig JVA Eichstätt 12 Tage bekannt - Tagessatz ja 107,79€ 2018-05-02T10:14:37+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes