STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/13000 Thema: Prüfung des Vorliegens konkreter Rückführungstermine beziehungsweise rechtlicher oder tatsächlicher Gründe, die eine Abschiebung unmöglich machen und Ausstellung von Duldungen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In der Drs. 6/12387 antwortet das Staatsministerium des Inneren, dass der Zeitraum innerhalb dessen die Abschiebung möglich ist, beispielsweise ungewiss sei, wenn keine Reisedokumente vorliegen und erst eine Identifizierung durch das Heimatland erfolgen muss oder die Frage der Reisefähigkeit zu klären ist. § 60a Abs. 2 Satz 2 AufenthG sagt aus, dass die Abschiebung einer's Menschen auszusetzen ist, wenn seine*ihre tatsächlichen oder rechtlichen Gründe unmöglich ist. In Drs. 6/11485 antwortet das Staatsministerium des Inneren auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE ,Duldungsbescheinigungen statt Fantasiepapiere - willkürliche Bescheidungspraxis der Ausländerbehörden in Sachsen beenden', dass die Ausländerbehörde nicht nur zu prüfen habe, ob die Abschiebung eines Menschen durchgeführt werde, vielmehr habe sie auch zu prüfen, innerhalb welchen Zeitraums dies möglich ist. In der Drs. 6/12623 antwortet das Staatsministerium des Inneren wiederum , dass das Innenministerium innerhalb einer Frist von fünf Tagen prüfe, ob ein konkreter Rückführungstermin feststeht, wenn Mitglieder der Sächsischen Härtefallkommission deren Vorsitzenden Härtefallanträge zur Beratung vorschlagen. 'AM .» ( 10er , Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 24a-1053/42/102 Dresden, 8. Mai 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN • •MMI • e 73 Im Schluss bedeutet das erstens, dass Geflüchtete wie Beratende mit einem Zeitraum , innerhalb dessen geprüft wird, ob ein konkreter Rückführungstermin feststeht , von fünf Tagen rechnen können. Wie in der Vorbemerkung zu Drs. 6/12387 geschrieben, kann die Zentrale Ausländerbehörde neben dem Innenministerium auch den lokalen Ausländerbehörden direkt kommunizieren, ob ein konkreter Rückführungstermin feststeht. Zweitens ist nach Rechtsauffassung der Fragestellerin demnach eine Duldung zu erteilen, da nicht vorliegende Reisedokumente die Abschiebung aus tatsächlichen Gründen unmöglich machen. Dabei ist es unerheblich, ob die Passlosigkeit und/ oder die Unklarheit der Identität von der*dem Betroffenen verschuldet oder selbst herbeigeführt wurde (vgl. Hofmann 2016: Kommentar zum Aufenthaltsrecht, §60a Rn. 12). Die Frage der Reisefähigkeit muss, wenn denn gegebenenfalls vorliegende fachärztliche und/ oder psychotherapeutische Gutachten nicht berücksichtigt werden, durch Amtsärzeinnen festgestellt werden. Etwaige Verzögerungen im zeitlichen Ablauf einer gegebenenfalls eingeleiteten, amtsärztlichen Überprüfung können den Betroffenen nicht zum Nachteil, hier verstanden als das Ausstellen eines alternativen Dokuments wie sie in Drs. 6/9127 aufgeführt sind, ausgelegt werden. Weiterhin sind der Fragestellerin laut Informationen des Sächsischen Flüchtlingsrats e.V. mindestens drei Fälle bekannt, in denen Geflüchtete nach negativem Ausgang des Asylverfahrens sich in sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen aufhielten und als einziges Identifikationsdokumente ZAB-Unterkunftsbogen vorweisen konnten. Diese erfüllen nicht die nach §§ 58-61 AufenthV gestellten Anforderungen an Aufenthaltstitel, Pass- und Ausweisersatz und sonstige Dokumente , Identifikationsdokumente. In Drs. 6/11485 antwortet das Staatsministerium des Inneren auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE „Duldungsbescheinigungen statt Fantasiepapiere - willkürliche Bescheidungspraxis der Ausländerbehörden in Sachsen beenden" dass es im Sinne einer einheitlichen Rechtpraxis einen Erlass über Musterbescheinigungen zu genannten Fantasiepapieren beziehungsweise alternativen Dokumenten plane." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wenn zum Zeitpunkt der Prüfung des Zeitraums über die Möglichkeit der Abschiebung ein rechtlicher oder tatsächlicher Grund vorliegt, der die Abschiebung unmöglich macht, wird dann eine Duldung ausgestellt? Ja, es sei denn, der rechtliche oder tatsächliche Grund für die Unmöglichkeit der Abschiebung kann voraussichtlich durch weitere administrative Vorkehrungen innerhalb der nächsten drei bis vier Monate beseitigt werden. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Frage 2: Wenn die lokale Ausländerbehörde für einen Menschen mit ungeregeltem Aufenthalt zuständig ist, fragt sie dann im Einzelfall bei der Zentralen Ausländerbehörde ab, ob ein konkreter Rückführungstermin feststeht und erteilt sie ihm*ihr dann nach einer innerhalb von fünf Tagen ergehenden Antwort, im Falle dass sie negativ ausfällt, eine Duldung sofern ein rechtlicher oder tatsächlicher Grund vorliegt, der die Abschiebung unmöglich macht? Die Annahme in der Fragestellung und die Schlussfolgerung in den vorangestellten Ausführungen, dass Geflüchtete wie Beratende mit einem Zeitraum, innerhalb dessen geprüft wird, ob ein konkreter Rückführungstermin feststeht, von fünf Tagen rechnen können, ist so nicht zutreffend und kann auch nicht der Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/12623 entnommen werden. Die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/12623 bezieht sich ausschließlich auf die Einbringung von Härtefallanträgen nach § 23a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in die Sächsische Härtefallkommission. Die Prüfung bezieht sich auf einen anderen Sachverhalt als die Prüfung, ob eine Duldung zu erteilen ist oder nicht (vgl. § 23a Absatz 1 Satz 3 AufenthG). Hinsichtlich der Fragestellung wird auf die Antwort auf die Frage 1 verwiesen. Frage 3: Wie viele Menschen halten sich zum Zeitpunkt der Anfrage in sächsischen Erstaufnahmeeinrichtungen auf, die lediglich im Besitz eines ZAB-Unterkunftsbogen sind und keine weiteren Dokumente vorweisen können, die ansatzweise als Identifikationsdokument interpretiert werden können? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Die Landesdirektion Sachsen führt keine Statistik zu den vorhandenen oder im Verlauf des Verfahrens ausgestellten Dokumenten. Zur Beantwortung dieser Frage müssten die Akten aller in den Erstaufnahmeeinrichtungen derzeit sich aufhaltenden Personen einzeln ausgewertet werden. Bei einer derzeitigen Belegung von über 2.000 Personen und einem geschätzten Aufwand von mindestens 15 Minuten pro Person ergibt sich ein Arbeitsaufwand von mehr als 500 Stunden, d. h. von über 62 Arbeitstagen. Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Nach Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Landesdirektion Sachsen andererseits wurde daher von der Beantwortung abgesehen. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN ffe Frage 4: Wird gemäß Amtsermittlungsgrundsatz eine amtsärztliche Untersuchung über die Reisefähigkeit eingeleitet, wenn der lokalen Ausländerbehörde Umstände bekannt sind, die Zweifel an der Reisefähigkeit aufkommen lassen und wird in diesem Fall eine Duldung ausgestellt? Nach § 60a Absatz 2c Satz 1 AufenthG in der seit 17. März 2016 geltenden Fassung gilt die widerlegbare gesetzliche Vermutung der Reisefähigkeit. Der Ausländer hat somit nach § 60a Absatz 2d Satz 1 AufenthG im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht zur Entkräftung der Vermutung unverzüglich eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung zu seiner Reiseunfähigkeit vorzulegen. Bei Zweifeln der Ausländerbehörde an der durch den Ausländer durch ärztliche Bescheinigung geltend gemachten Erkrankung kann die Ausländerbehörde nach § 60a Absatz 2d Satz 3 AufenthG eine ärztliche bzw. amtsärztliche Untersuchung anordnen. Im Übrigen wird auf die Antwort auf die Frage 1 verwiesen . Frage 5: Wie weit ist das Innenministerium mit dem Verfassen des genannten Erlasses vorangeschritten und hält es nach wie vor an den Plänen für einen solchen Erlass fest? Das Staatsministerium des Innern hat am 20. April 2018 einen Erlass zur Ausstellung einer Bescheinigung über den vorübergehenden Aufenthalt ohne amtliches Aufenthaltsdokument an die unteren Ausländerbehörden herausgegeben. Mpeundlicyn Grüßen Prof. Di-. Roland Wöller Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2018-05-08T09:14:04+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes