STAATSM1NISTER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/13187 Thema: Verein „Deutschland muss leben" Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: Der seit 2015 bestehende, eingetragene Verein ,Deutschland muss leben ' mit Sitz in Greifswald hat sich die Unterstützung von Inhaftierten aus der neonazistischen Szene zur Aufgabe gemacht." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Fragesteller begehrt zum Teil Auskünfte über personenbezogene Daten , insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten. Personennamen unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 Verfassung des Freistaates Sachsen [SächsVerf]). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch der Fragestellerin mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogene Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen (SächsVSG) über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3326 Dresden, 22. Mai 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STEREJM DES INNERN OMMMI NOM 1 1r die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, als es hier nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Der Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf) entgegenstehen . Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit der Nummer 3.3 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet . Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN 0 11 MM6 1 I r Freistaat SAC1-1 SEN Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Mitglieder des Vereins aus Sachsen? Dem rechtsextremistischen Verein „Deutschland muss leben e. V." (DmI) werden einzelne Rechtsextremisten aus Sachsen als Mitglieder zugerechnet, wie u. a. ein Rechtsextremist aus der neonationalsozialistischen Szene Hoyerswerda. Außerdem war eine ehemalige NPD-Funktionärin aus Bautzen Mitglied des Vereins. Es liegen weitere Erkenntnisse vor, die aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht mitgeteilt werden können. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Frage 2: Inwieweit gehören sächsische Mitglieder des Vereins anderen (mittlerweile verbotenen ) neonazistischen Gruppen, Vereinen und Organisationen an? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse vor. Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Aktivitäten des Vereins in Sachsen? Ende 2015 war der Verein erstmals in Hoyerswerda öffentlich bekannt geworden. Zum Volkstrauertag am 15. November 2015 war bei einer sogenannten „Heldengedenkfeier" der rechtsextremistischen Szene in Hoyerswerda ein Kranz mit der Aufschrift „Widerstand Hoyerswerda Freie Kräfte Hoyerswerda Dml e. V." niedergelegt worden. Ende März 2016 organisierte der Verein eine Osterfeier mit Bowling für Kinder in Hoyerswerda . Darüber berichtet der Verein auf seinem Facebook-Profil. Am 14. Mai 2016 fand in Hoyerswerda eine Demonstration unter dem Motto „Für unsere Kinder" statt. Diese Veranstaltung wurde von einer Einzelperson angemeldet, wurde aber dem Verein „Dml" zugerechnet. Es nahmen ca. 60 Personen hauptsächlich aus der regionalen rechtsextremistischen Szene teil. Den Lautsprecherwagen stellte die NPD Rheinland-Pfalz zur Verfügung. In den Redebeiträgen wurde die angebliche Benachteiligung deutscher Kinder gegenüber Kindern von Asylbewerbern beklagt. Am 15. Oktober 2016 führte der Verein seine Jahreshauptversammlung in Hoyerswerda durch. Im Anschluss daran fand ein Liederabend mit den rechtsextremistischen Liedermachern „FreilichFrei", „Griffin" und „Brenner" statt. Im Zusammenhang mit dem Gedenken anlässlich des Volkstrauertages veröffentlichte der Verein auf seinem Facebook-Profil Bilder von einer Kranzniederlegung am 13. November 2016 in Hoyerswerda. Auf den abgelegten Kränzen waren auf der Kranzschleife die Schriftzüge „Dml" und „Nationaler Widerstand Hoyerswerda" erkennbar. Anfang Dezember 2016 organisierte der Verein eine Kinderweihnachtsfeier in Hoyerswerda und sammelte im Vorfeld Spenden für die Veranstaltung. Auch hier erfolgte eine Veröffentlichung auf dem Facebook-Profil des Vereins. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Am 3. Juni 2017 führte der Verein seine Jahreshauptversammlung wie bereits im Vorjahr wieder in Hoyerswerda durch. Bei dem anschließenden Liederabend traten die rechtsextremistischen Liedermacher „Fylgien" und „Griffin" auf. Am 10. März 2018 fand in Hoyerswerda ein rechtsextremistisches Konzert mit ca. 100 Teilnehmern statt. Für die Veranstaltung war in den sozialen Netzwerken mit einem Flyer, auf dem das Logo des Vereins abgebildet war, geworben worden. Es liegen weitere Erkenntnisse vor, die aus Gründen der Geheimhaltung nicht mitgeteilt werden können. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Mtffie9ndlicpenprüßen Prof.' D oland Wöller Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2018-05-23T10:52:07+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes