STAATSMIN1STERI1JM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Karin Wilke (AfD) Drs.-Nr.: 6/13329 Thema: Cybermobbing Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Recherchiert wurde im Polizeilichen Informationssystem Sachsen (PASS) für die Jahre 2016 bis 2017 mit Stand 9. Mai 2018, bei denen hinsichtlich der Begehung die Nutzung des Tatmittels „Internet" erfasst war. Die nachfolgenden Angaben können sich aufgrund von Nachmeldungen und neuen Ermittlungsergebnissen insofern noch verändern. Frage 1: Wie viele Fälle von Cybermobbing wurden in Sachsen erfasst? (Bitte alle Straftatbestände beginnend mit dem Jahr 2016 bis heute angeben, die im Falle von Cybermobbing einschlägig sind) Cybermobbing stellt keinen eigenständigen Straftatbestand dar und wird statistisch nicht erfasst. Ungeachtet dessen — und um dem parlamentarischen Informationsinteresse zumindest durch Teilauskünfte zu entsprechen — wurde geprüft, inwieweit eine an die Frage angenäherte Antwort gegeben werden kann. Hierzu erfolgte die o. g. PASS -Recherche. Grundsätzlich versteht man unter Cyber-Mobbing das absichtliche Beleidigen , Bedrohen, Bloßstellen oder Belästigen anderer mithilfe von Internetund Mobiltelefondiensten. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/53/32 Dresden, 4. Juni 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Delikte 2016 2017 § 185 StGB, Beleidigung 541 595 § 186 StGB, Üble Nachrede 9 13 § 187 StGB, Verleumdung 208 242 § 241 StGB, Bedrohung 238 240 § 238 Abs. 1 und 2 StGB, Nachstellung 113 102 § 201 StGB, Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes 2 4 § 201a StGB, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen 148 114 § 240 StGB, Nötigung 108 128 Summe 1.367 1.438 In dieser Auflistung sind Fälle von Cybermobbing, z. B. per SMS oder Instant- Messaging-Diensten, also Mobiltelefondiensten nicht enthalten. Auch sind keine Fälle enthalten, die zwar Cybermobbing darstellen, aber keinen Straftatbestand erfüllen bzw. bei denen als Privatklagedelikt kein Strafantrag gestellt worden ist. Insofern muss davon ausgegangen werden, dass die erhobenen Straftaten kein vollständiges Lagebild im Sinne der Fragestellung darstellen. Frage 2: Wie viele Opfer mit der Opferspezifik „Lehrkräfte" gab es? (Bitte alle Straftatbestände beginnend mit dem Jahr 2016 bis heute angeben, die im Falle von Cybermobbing einschlägig sind) Von einer Beantwortung der Frage wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet , bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Im PASS ist keine Opferspezifik zur Erfassung vorgesehen. Für weitergehende Aussagen im Sinne der Fragestellung müssten 2.805 Ermittlungsverfahren händisch ausgewertet werden. Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung einer Ermittlungsakte ansetzt, wären dies über 1.400 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsakten . Bei einer 40 -Stunden -Woche wäre ein Sachbearbeiter über 35 Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Frage 3: Wie ist die Altersstruktur der Opfer und Täter? (Bitte aufschlüsseln nach Altersgruppen : unter 14 -jährige, bis 16 Jahre, bis 21 Jahre, über 21 -jährige) Die in PASS vorliegenden Angaben zu Beschuldigten lassen keinen Rückschluss auf die tatsächliche Anzahl von Tätern zu. Die Personen werden zunächst aufgrund eines Anfangsverdachts als Beschuldigte erfasst. Nachfolgende Ermittlungen haben zum Ziel, die Tat aufzuklären und so den Tatverdacht gegen eine Person zu erhärten oder zu entkräften. Eine endgültige Aussage über den Status der anfänglich als beschuldigt erfassten Person ist erst mit Abschluss des Strafverfahrens möglich. Die Altersstruktur unter den Tatverdächtigen stellt sich zu den o. g. Fällen wie folgt dar: Freistaat SACHSEN Anzahl ermittelte Tat- davon unter 14 Jah- 14-16 Jah- 17- überJahr Delikte verdächtige re re 21Jahre 21Jahre 2016 1.367 1.119 5 51 128 935 2017 1.438 843 10 28 96 709 Für die Erfassung von Geschädigtendaten gibt es keine Pflichtplausibilitäten, sodass eine aussagekräftige Bewertung der Vorgänge nur mittels händischer Auswertung aller 2.805 Ermittlungsverfahren möglich wäre. Im Weiteren wird auf die Antwort auf die Frage 2 verwiesen. Frage 4: Welchen Ausgang haben die Verfahren jeweils genommen? Von einer Beantwortung der Frage wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Abs. 1 Satz 1 SächsVerf ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verlassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten , so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse liegen dem Staatsministerium der Justiz nicht unmittelbar vor. Diese können auch nicht durch eine elektronische Recherche erlangt werden. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Eine gesonderte Statistik zu Ermittlungsverfahren wegen „Cybermobbing" wird bei den sächsischen Staatsanwaltschaften nicht geführt. Daten, die Auskunft zu dem von der Abgeordneten angefragten Phänomenkreis geben, sind vor dem Hintergrund der Papieraktenführung im Strafverfahren in den Datenbanken der Staatsanwaltschaften nicht recherchierbar. Eine vollständige Beantwortung der Fragen wäre daher nur möglich, wenn man sämtliche Verfahrensakten, denen der Vorwurf des „Cybermobbings" zugrunde liegt, händisch auswerten würde. Handlungen innerhalb dieses Phänomenkreises sind aufgrund zahlreicher Straftatbestände unter Strafe gestellt, so gemäß §§ 185, 186, 187, 238, 201, 201a, 240, 241 Strafgesetzbuch und § 33 des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie. Wegen dieser Tatvorwürfe ermittelten die sächsischen Staatsanwaltschaften im Berichtszeitraum gegen 43.753 bekannte Beschuldigte . Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten daher die Papierakten aller gegen diese Beschuldigten eingeleiteten Ermittlungsverfahren händisch durchgesehen und ausgewertet werden. Eine solche Auswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt 43.753 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens 2.734 Arbeitstage für einen Mitarbeiter geschätzt. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur vollständigen Beantwortung der Frage erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine Beantwortung der Frage würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten in sächsischen Staatsanwaltschaften , die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. 4itriindlic)en grüßen (.--Z Prol. Dr. Roland VV.öller Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2018-06-04T11:43:58+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes