5TAATS1VI1N1STEIR11J1VI DES INNERN Freistaat SACHSEIN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-0141.50/8735 Dresden, -4 . Mai 2015 Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel, Fraktion DIE LINKE Drs.-Nr.: 6/1338 Thema: Stille SMS zur Lokalisierung von Mobiltelefonen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Im Jahr 2014 ist die Zahl der durch den Verfassungsschutz versandten heimlichen Ortungsimpulse via so genannter stiller SMS sprunghaft gestiegen. Dies besagt die Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag. Von 2013 auf 2014 hat sich die Zahl auf über 195.000 verfünffacht. Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Bundespolizei haben die Überwachungsmaßnahme dagegen in geringerem Maße als im Vorjahr genutzt.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche sächsischen Behörden sind derzeit in der Lage, stille SMS zur Lokalisierung von Mobiltelefonen zu senden? Es wird auf die Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Frage 3 der Kleinen Anfrage, Drs.-Nr. 5/7685 verwiesen. Frage 2: Wie viele stille SMS wurden von den jeweiligen Behörden in den Jahren 2010 bis einschließlich 2014 versandt? (bitte je Behörde pro Jahr einzeln auflisten und falls keine Statistik vorhanden, bitte Gesamtzahl stiller SMS pro Jahr angeben) Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck-Str. 2 oder 4 melden. Das Landesamt für Verfassungsschutz erfasst den Versand stiller SMS erst seit 2012 (vgl. zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1, 4 und 5 der STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 5/7685). In den Jahren 2012 und 2013 wurden keine, 2014 vier stille SMS versandt. Darüber hinaus kann die Frage nicht beantwortet werden, da dazu keine entsprechenden Statistiken geführt werden und weil ein Teil der Daten aus den vergangenen fünf Jahren gemäß § 101 Abs. 8 StPO bereits gelöscht wurde. Soweit Daten noch vorhanden sind, würde die Beantwortung der Frage die manuelle Auswertung aller in den letzten fünf Jahren geführten Ermittlungsverfahren erfordern. Dies ist im Hinblick auf die große Anzahl der in Betracht kommenden Verfahren im Rahmen der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit unverhältnismäßig und ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten. Frage 3: Wie viele Einzelpersonen und wie viele Ermittlungsverfahren waren in den Jahren 2010 und 2014 jeweils durch das Versenden derartiger Ortungsimpulse betroffen und wie viele Betroffene sind hierüber nachträglich benachrichtigt worden? (bitte pro Jahr aufgeschlüsselt) Nach § 100b Abs. 5 und 6 StPO berichten die Länder und der Generalbundesanwalt dem Bundesamt für Justiz kalenderjährlich jeweils bis zum 30. Juni des dem Berichtsjahr folgenden Jahres über die in ihrem Zuständigkeitsbereich angeordneten Maßnahmen nach § 100a StPO. Gemäß § 100b Abs. 6 StPO sind in diesen Berichten anzugeben - die Anzahl der Verfahren, in denen Maßnahmen nach § 100a Abs. 1 StPO angeordnet worden sind (Nr. 1), - die Anzahl der Überwachungsanordnungen nach § 100a Abs. 1 StPO, unterschieden nach Erst- und Verlängerungsanordnungen sowie Festnetz-, Mobilfunk- und Internettelekommunikation (Nr. 2) und - die jeweils zugrunde liegende Anlassstraftat nach Maßgabe des Straftatenkatalogs des § 100a Abs. 2 StPO (Nr. 3). Nachfolgend wird die im Rahmen der Statistik nach § 100b Abs. 5 und 6 StPO erfasste Anzahl der Verfahren, in denen Maßnahmen nach § 100a Abs. 1 StPO angeordnet wurden, sowie die Anzahl der Überwachungsanordnungen der Mobilfunktelekommunikation von 2010 bis 2014 dargestellt: Jahre Anzahl der Verfahren Anzahl der Überwachungsanordnungen 2010 268 738 2011 339 1.054 2012 301 858 2013 343 1.002 2014 329 967 Wie viele Einzelpersonen und wie viele Ermittlungsverfahren durch das Versenden von „Stillen SMS“ betroffen waren und wie viele Betroffene hierüber nachträglich benachrichtigt worden sind, wird somit statistisch nicht erhoben. Da die entsprechenden Verfahren auch nicht gesondert in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften gekennzeichnet werden, kann die Frage insoweit nicht beantwortet werden. Die Seite 2 von 4 STAATSM1N1STER1UM des mmm Freistaat SACHSEN vollständige Beantwortung der Frage würde daher die manuelle Auswertung aller in der Tabelle aufgelisteten Verfahren erfordern, was insbesondere auch im Hinblick auf die zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit unverhältnismäßig und ohne Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Staatsanwaltschaften nicht zu leisten ist. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Bestem Wissen entspricht die Antwort, wenn das Wissen, das bei der Staatsregierung präsent ist, sowie jene Informationen, die innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand zumindest in ihren Geschäftsbereichen eingeholt werden können, mitgeteilt wird (SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 19-1-97). Vollständig ist die Antwort, wenn alle Informationen, über die die Staatsregierung verfügt oder mit zumutbarem Aufwand verfügen könnte, lückenlos mitgeteilt werden (SächsVerfGH, a. a. O.). Zur Vorbereitung der Beantwortung ist eine umfassende Sachverhaltsermittlung vorzunehmen. Diese Sachverhaltsermittlung ist jedoch im Hinblick auf die zeitlichen Vorgaben der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages beschränkt. Bei der Sachverhaltsermittlung kann daher nicht in jedem Fall das Ausschöpfen jeder denkbaren Erkenntnisquelle verlangt werden (SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, a. a. O.). Die Staatsregierung kam bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Frage 4: Welche Technik (Hardware und Software) wird von welcher Behörde zum Versand von stillen SMS verwendet? Der Beantwortung der Frage stehen überwiegende Belange des Geheimschutzes im Sinne des Artikels 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Die Frage begehrt Auskunft zu Sachverhalten, die aufgrund der Folgen, die bei ihrer Veröffentlichung zu erwarten sind, als geheimhaltungsbedürftig (Verschlusssache) gemäß Nr. 8 i. V. m. Nr. 3.3 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck 1/2008) eingestuft werden. Die Einstufung erfolgt zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der Polizei und des Landesamtes für Verfassungsschutz. Die Staatsregierung ist sich der herausgehobenen Bedeutung des parlamentarischen Frage- und Auskunftsrechts für die wichtige und in der Verfassung verankerte Funktion der Abgeordneten bewusst. Allerdings ist dieses Frage- und Auskunftsrecht nicht schrankenlos. Bei ihrer Entscheidung hat die Behörde eine Abwägung zwischen dem Informationsrecht der Abgeordneten und den Geheimschutzbelangen, insbesondere unter Berücksichtigung des Geheimhaltungsgrades, durchzuführen. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN kl-1 11 Freistaat SACHSEN Die Veröffentlichung von Einzelheiten über die eingesetzte Hard- und Software würde die Bekanntgabe sensibler polizeilicher Ermittlungstechniken, nachrichtendienstlicher Methoden und damit im Zusammenhang stehender technischer Möglichkeiten bedeuten. Diese Informationen würden die eingesetzten Methoden der polizeilichen Ermittlungsarbeit und der Nachrichtenbeschaffung des Landesamtes für Verfassungsschutz offenbaren oder Rückschlüsse auf die Arbeitsweise der Polizei und der Verfassungsschutzbehörde, insbesondere wie sie ihre Informationen erheben, ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit der Polizei und des Landesamtes für Verfassungsschutz gefährden. Damit würde das schutzwürdige Interesse des Freistaates Sachsen an der wirksamen Bekämpfung und Aufklärung von Straftaten und der wirksamen Bekämpfung verfassungsfeindlicher Bestrebungen und damit das Staatswohl erheblich beeinträchtigt. Diese Rechtsgüter waren mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berichtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Frage 5: Wurden stille SMS zur Lokalisierung von Mobiltelefonen in den letzten fünf Jahren im Bereich politischer motivierter Kriminalität und bei Versammlungslagen angewandt? Es wprdefi in den letzten fünf Jahren stille SMS zur Lokalisierung von Mobiltelefonen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität angewandt. Mit freundlichen Grüßen Markus Ulbi Seite 4 von 4