STAATSM1N1STER11JM DES 1NNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/13436 Thema: Unberechtigte Forderungen durch „Reichsbürger" Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Landesbedienstete und Beamte des Freistaates Sachsen waren oder sind seit dem 1. Januar 2017 betroffen von unberechtigten Forderungen welcher Art und in welcher jeweiligen Höhe, die auf Anhänger der Szene der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter zurückgeführt werden können? (Bitte Fallzahlen monatsweise aufschlüsseln .) Frage 2: Welche Fälle im Sinne der Frage 1 können welchen organisatorischen Bestrebungen bzw. Vereinigungen aus dem Bereich der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter zugerechnet werden? Frage 3: In wie vielen Fällen im Sinne der Frage 1 und auf welche jeweilige Weise unterstützt die Landesregierung betroffene Beamte und Bedienstete bei der Abwehr unberechtigter Forderungen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Von einer Beantwortung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben . Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Paria- - NOM 115 1 1 Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3342 Dresden, 14. Juni 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN ment sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Eine Statistik über gegen Landesbedienstete und Beamte des Freistaates Sachsen erhobene zivilrechtliche Forderungen Dritter wird — insbesondere auch unter der zusätzlichen Maßgabe, ob diese Forderungen „berechtigt" oder „unberechtigt" sind und ob sie von einem „Reichsbürger" erhoben wurden — nicht geführt. Es besteht weder eine entsprechende Meldepflicht der Betroffenen noch eine Rechtsgrundlage, die das Erstellen einer solchen Statistik zulässt. Für eine sachgerechte Beantwortung müssten daher alle rund 89.000 Bediensteten des Freistaates Sachsen befragt werden. Dies ist in dem für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitraum nicht durchführbar. Zum einen wären wegen des Bearbeitungsaufwandes und wegen Abwesenheitszeiten nicht alle Bediensteten in diesem Zeitraum erreichbar. Zum anderen wäre auch deshalb keine genaue Antwort zu erwarten, da weder eine Rechtspflicht der betroffenen Beschäftigten zu einer Aufbewahrung entsprechender Unterlagen noch eine Verpflichtung zu vollständiger Auskunft im Sinne der Fragestellung existiert. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung andererseits zu dem Ergebnis, dass einer vollständigen Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung nicht zu leisten ist. Frage 4: Wie viele Strafanzeigen wegen welcher mutmaßlichen Rechtsverstöße wurden bezüglich der Fälle im Sinne der Frage 1 seitens der Staatsregierung bzw. von Amts gestellt? Von einer Beantwortung der Frage wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Abs. 1 Satz 1 der SächsVerf ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse liegen dem Staatsministerium der Justiz nicht unmittelbar vor. Eine gesonderte Statistik betreffend Strafanzeigen bzw. Ermittlungsverfahren zu Straftaten von Anhängern der Szene der sogenannten „Reichsbürger" bzw. „Selbstverwalter", die unberechtigte Forderungen gegenüber Beamten und Bediensteten des Freistaates Sachsen betreffen, wird auch von den sächsischen Staatsanwaltschaften nicht geführt. Die für die Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse können schließlich auch nicht durch eine elektronische Recherche in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften erlangt werden. Zwar wird seit dem 1. März 2017 das Zusatzattribut „Reichsbürger" vergeben, wenn einem Beschuldigten als „Reichsbürger" oder „Selbstverwalter" eine reichsbürgertypische Straftat zur Last gelegt wird. Hieraus lassen sich aber keine Rückschlüsse ziehen, ob die Tat gerade einen Beamten oder Bediensteten des Freistaates Sachsen betroffen hat. Da es sich bei der Eintragung zum Geschädigten in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften um kein „Pflichtfeld" handelt und deshalb eine Bestimmung nicht eindeutig anhand der Datenbankeinträge getroffen werden kann, müssten — für eine Beantwortung der Frage —sämtliche relevanten Ermittlungsakten händisch darauf überprüft werden, ob der von der Tat Betroffene Beamter oder Bediensteter des Freistaates Sachsen ist und dem Ermittlungsverfahren unberechtigte Forderungen im Sinne von Frage 1 zugrunde lagen. Dies betrifft zumindest diejenigen Verfahren, die den Tatvorwurf der (versuchten) Nötigung und der (versuchten) Erpressung zum Gegenstand haben. Allein im Zeitraum vom 1. März 2017 bis zum 31. März 2018 wurden mit diesen beiden Tatvorwürfen 150 Ermittlungsverfahren mit dem Zusatzattribut „Reichsbürger " von den sächsischen Staatsanwaltschaften registriert. Eine solche Auswertung wäre daher nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich , der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt 150 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens zehn Arbeitstage für einen Mitarbeiter geschätzt. Dabei sind die Ermittlungsverfahren, die nach dem 31. März 2018 registriert wurden, noch unberücksichtigt. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur vollständigen Beantwortung der Frage erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine Beantwortung der Frage würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten in sächsischen Staatsanwaltschaften , die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. Frage 5: Welche Maßnahmen ergreift die Staatsregierung, um Landesbedienstete und Beamte beim Umgang mit sogenannten Reichsbürgern und Selbstverwaltern sowie bei der Abwehr unberechtigter Forderungen zu unterstützen und beabsichtigt die Staatsregierung insbesondere, eine zentrale Informationsstelle o.ä. einzurichten? Wenn und sobald sich ein Bediensteter im Einzelfall wegen einer mit Bezug auf die Dienstausübung gegen ihn erhobenen Forderung an den Dienstherrn wendet, prüft dieser den Sachverhalt und steht dem Bediensteten ggf. mit einem umfassenden Informationsangebot sowie nötigenfalls auch finanzieller Hilfe bei der Abwehr unberechtigter Forderungen zur Seite. Die Art der Hilfe, z. B. zur Beauftragung eines Rechtsbeistandes , ist vom konkreten rechtlichen Einzelfall abhängig und kann daher nicht pauschal angegeben werden. Für die Unterstützung ist innerhalb der Staatsregierung der jeweilige Geschäftsbereich, dem der betroffene Bedienstete angehört, zuständig. Die Einrichtung einer zentralen Stelle o. Ä. ist insoweit nicht beabsichtigt. Zudem informiert das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen über das „Forum starke Demokratie" und mittels einer Broschüre über unberechtigte Forderungen von „Reichsbürgern und Selbstverwaltern" und deren Abwehrmöglichkeiten. Ergänzt wird dies teilweise durch ressortspezifische Angebote für besonders exponierte Bereiche der Staatsverwaltung wie beispielsweise einen Leitfaden im Intranet des Staatsministeriums der Justiz. Mit frqundlichen/ Grüßen 0•44 Ptof.IDr. Roland Wöller Freistaat SAC}-ISEN Seite 4 von 4 2018-06-14T12:29:21+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes