STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Meier (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/13442 Thema: Spezialistinnen bei Polizei und Staatsanwaltschaften zum Thema „Sexualisierte Gewalt" Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Inwiefern existieren innerhalb der sächsischen Polizeidienststellen spezielle Sondereinheiten/-abteilungen, die ausschließlich zu Straftaten sexualisierter Gewalt ermitteln? (Bitte nach Polizeidienststellen aufschlüsseln und jeweiligen Personalansatz angeben.) In den Kommissariaten 13 der Polizeidirektionen Dresden und Leipzig werden ausschließlich Sexualdelikte bearbeitet. Hingegen erfolgt in den übrigen Polizeidirektionen Chemnitz, Görlitz und Zwickau die Bearbeitung von Sexualdelikten als Sachgebiet innerhalb der Kommissariate 12. Polizeidienststelle Anzahl Beschäftigte Kommissariat 13 Kommissariat 121 Polizeidirektion Dresden 10 Polizeidirektion Leipzig 20 Polizeidirektion Chemnitz 16 Polizeidirektion Görlitz 9 Polizeidirektion Zwickau 11 1 Die angegebene Anzahl umfasst die Beschäftigten aller Sachgebiete. Eine Aufschlüsselung des Personalansatzes ausschließlich für Sexualdelikte ist für diese drei Polizeidirektionen insofern nicht möglich. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/53/51 Dresden, 15. Juni 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN IRL 41. Frage 2: Inwiefern ermitteln spezielle Dezernate innerhalb der sächsischen Staatsanwaltschaften in welchem Umfang im Bereich sexualisierte Gewalt? (Bitte nach Staatsanwaltschaften aufschlüsseln und jeweiligen Personalansatz angeben.) Bei den Staatsanwaltschaften sind überwiegend bereits seit langem Sonderdezernate zur Bearbeitung von Verfahren im Bereich von Sexualstraftaten eingerichtet. Die Zuständigkeit für Jugendschutzverfahren liegt dabei teilweise in besonderen Abteilungen oder aber in Abteilungen, die ebenfalls für Verfahren mit Sexualstraftaten zum Nachteil erwachsener geschädigter Personen zuständig sind. Tötungsdelikte mit sexualisierter Gewalt werden hingegen in den Kapitalabteilungen bearbeitet. Der Begriff „sexualisierte Gewalt" ist nicht hinreichend bestimmt, da es sowohl Sexualdelikte gibt, die nicht zwingend mit Gewalt verbunden sind, aber auch Straftaten, in denen die Gewalt nicht eigenhändig ausgeübt wurde. Der abgefragte Personalansatz in diesem Bereich kann daher nur eingeschränkt beantwortet werden. Bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz bestehen zwei Sonderdezernate für Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und Jugendschutzverfahren. Bei der Staatsanwaltschaft Dresden sind die Verfahren auf verschiedene Abteilungen und infolgedessen auf mehrere Dezernenten verteilt. Für die Hauptstelle entfällt auf die Verfahren ein Arbeitskraftanteil von etwa 2,3, für die Zweigstellen in Pirna und Meißen jeweils etwa ein Arbeitskraftanteil von geschätzt 0,7. In der Hauptstelle in Görlitz und in der Zweigstelle in Bautzen sind jeweils zwei Dezernate mit der Bearbeitung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung befasst. Bei der Staatsanwaltschaft Leipzig werden Sexualstraftaten in der Jugendabteilung bearbeitet, wobei die Dezernenten dabei nicht nur mit Sexualstraften zum Nachteil von Kindern und Erwachsenen befasst sind, sondern zudem auch die Verfahren gegen Jugendliche bearbeiten. Eine konkrete Aufschlüsselung ist daher nicht möglich. Bei der Staatsanwaltschaft Zwickau sind insgesamt fünf Dezernentinnen und Dezernenten für die oben genannten Straftaten inklusive Verfahren wegen Kinderpornographie zuständig. Frage 3: In welchem Umfang sind Polizei und Justiz feste Bestandteile der Hilfesysteme für Opfer sexualisierter Gewalt und inwieweit stehen die Polizeidirektionen und Staatsanwaltschaften in regelmäßigem Austausch mit den spezialisierten Beratungsstellen sowie Ärzrinnen/Kliniken vor Ort? (bitte ggf. nach Orten aufschlüsseln .) Frage 5: Inwiefern gibt es eine Struktur, die gewährleistet, dass Opfer sexualisierter Gewalt schnell und unbürokratisch an Organisationen der Opferhilfe zu jeder Tageszeit weitergeleitet werden können? Freistaat Seite 2 von 5 STAATSM1N1STER11.1M DES INNERN Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 5: Es wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs.- Nr. 6/12108 verwiesen. Diese Ausführungen treffen für alle Opfer von Straftaten im Freistaat Sachsen zu, insofern auch für Opfer sexualisierter Gewalt im Sinne der Fragestellungen . Darüber hinaus ermöglicht die Online Datenbank für Betroffene von Straftaten (ODABS, www.odabs.org) Betroffenen, in ihrer Nähe Einrichtungen zu finden, die sich auf Hilfe für Opfer von Sexual- oder Gewaltdelikten spezialisiert haben. Opfer von sexueller Gewalt werden zudem seitens der Staatsanwaltschaften frühzeitig auf die vielfältigen und zahlreichen Hilfeangebote hingewiesen, wobei die Hinweise entweder im Rahmen von Vernehmungen bereits mündlich oder auch schriftlich erfolgen . Insbesondere mit der Opferhilfe Sachsen e. V. besteht eine enge Zusammenarbeit , bei der sich zudem bewährt hat, dass Sexualdelikte in aller Regel von Sonderdezernentinnen und Sonderdezernenten bearbeitet werden. Darüber hinaus engagieren sich einige Staatsanwälte bzw. Staatsanwältinnen in lokalen Gremien. Ein Austausch mit Ärzten bzw. Kliniken findet verfahrensbezogen statt. Die Kommunikation erfolgt in der Regel nach Bedarf bei konkreten Fragestellungen, wobei eine enge und gute Zusammenarbeit, insbesondere mit den rechtsmedizinischen Abteilungen besteht. Des Weiteren erfolgt durch die Staatsanwaltschaften eine Vermittlung an die Opferberatungsstellen . Spätestens im Fall der Anklageerhebung wird die oder der Verletzte schriftlich auf die bestehenden Rechte hingewiesen, wobei zudem die Kontaktdaten verschiedener Opferhilfeeinrichtungen mitgeteilt werden. Frage 4: Inwiefern werden Beamte und Bedienstete der Polizei und Staatsanwaltschaften zum Thema sexualisierte Gewalt besonders geschult und sensibilisiert? Das Thema „sexualisierte Gewalt" findet in der Ausbildung für die Laufbahngruppe 1.2 der Fachrichtung Polizei wie folgt Berücksichtigung: Im Ausbildungsfach Berufsethik gibt es eine freie Themenwahl (zwei Lehrveranstaltungsstunden [LVS]), welche u. a. für die Schulung hinsichtlich sexueller Belästigung und Mobbing sowie das Verhalten von Männern gegenüber Frauen in den Polizeibehörden zur Verfügung stehen. Im Ausbildungsfach „Besonderes Polizeirecht" werden „Bestimmungen zur Pornographie " (eine LVS) mit einer groben Darstellung verschiedener sexueller als auch pornographischer Straftaten und Ordnungswidrigkeiten unterrichtet. Im Ausbildungsfach „Straf-, Ordnungswidrigkeiten- und Zivilrecht" werden Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (vier LVS) unterrichtet. Inhalt sind u. a. die sexuelle Nötigung und die Vergewaltigung. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 5 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Im Ausbildungsfach „Kriminalistik" werden die „Besonderheiten des Ersten Angriffs bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung" (vier LVS) unterrichtet. Im Ausbildungsfach „Psychologie und Kommunikationstraining" wird das Thema „Konfliktsituationen im Polizeialltag" (14 LVS) mit den Inhalten „Ursachen und Formen von Gewalt, Opferschutz/Opferhilfe, Häusliche Gewalt, Stalking sowie Mobbing" unterrichtet . Die Polizeimeisteranwärter kennen Formen physischer und psychischer Gewalt und setzen sich mit unterschiedlichen Erscheinungsformen auseinander. Sie wissen um die Bedürfnisse von Gewaltopfern und sind sensibilisiert im Umgang mit diesen. Im Rahmen des Studiums der Laufbahngruppe 1.2 der Fachrichtung Polizei ist die Thematik „sexualisierte Gewalt" im Modul 12 „Besondere Kriminalistik und Kriminologie ", Lehrkomplex 12.2 „Sexualstraftaten", mit insgesamt 48 LVS vorgesehen. In diesem sollen die Studenten die verschiedenen Formen von Sexualdelinquenz, deren Ursachen und Besonderheiten sowie die strafrechtliche Einordnung vermittelt bekommen. Weiterhin werden Maßnahmen und Möglichkeiten polizeilicher Prävention dieses Phänomenbereiches gelehrt. Durch die Hochschule der Sächsischen Polizei (FH) werden zu dem Thema nachfolgende zentrale Fortbildungsmaßnahmen angeboten: • „Erster Angriff Sexualdelikte — Streifendienst", • „Sexualdelikte", • „Entlastungstraining für Sachbearbeiter Sexualstraftaten". Darüber hinaus erfolgt durch die Opferschutzbeauftragten der Polizeidirektionen zu den spezifischen Deliktfeldern die Planung und Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen für die Bediensteten im gesamten Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Polizeidirektion u. a. zu Themen des polizeilichen Opferschutzes, häuslicher Gewalt und Stalking . Landeseigene oder überregionale Fortbildungsveranstaltungen mit dem Ziel, besonders und ausschließlich zum Thema „sexualisierte Gewalt" zu schulen und zu sensibilisieren , wurden und werden für Bedienstete der sächsischen Staatsanwaltschaften nicht angeboten. Allerdings finden regelmäßig landeseigene und überregionale Fortbildungsveranstaltungen zu aktuellen Entwicklungen und Fragen des Sexualstrafrechts sowie des Opferschutzes statt, die insbesondere auch die Thematik „sexualisierte Gewalt" aufgreifen. Diese Fortbildungen werden in der Regel interdisziplinär ausgestaltet und befassen sich u. a. auch mit psychiatrischen, psychologischen, rechtsmedizinischen und sozialpädagogischen Aspekten der Ermittlungen im Bereich der Sexualdelikte. Beispielhaft Freistaat SACHSEN Seite 4 von 5 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN zu nennen sind für das aktuelle Fortbildungsjahr an der Deutschen Richterakademie die Tagungen: • „Strafverfolgung bei sexuellem Übergriff - die „Nein -heißt -Nein -Lösung" im Strafgesetzbuch ", • „Psychiatrie und Strafrecht", • „Psychiatrie und Psychologie im Strafverfahren" und • „Aktuelle Entwicklungen im Opferschutz". Im landeseigenen Fortbildungsprogramm wird die Thematik in den Tagungen • „Basiswissen der forensischen Psychiatrie für Strafrechtler" und • „Psychosoziale Prozessbegleitung und weitere aktuelle Entwicklungen im Opferschutz " aufgegriffen. Das Thema „sexualisierte Gewalt" war zudem in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand fachspezifischer Fortbildungen der Generalstaatsanwaltschaft. Dabei wurden stets Referenten anderer Professionen wie Ärzte, Psychologen, Kriminologen oder Sozialarbeiter hinzugezogen, weil die Problematik über die rein juristische Betrachtungsweise hinausgeht. Darüber hinaus finden bei der Generalstaatsanwaltschaft regelmäßig Dienstberatungen mit den Sexualstrafdezernenten aller sächsischen Staatsanwaltschaften statt. Auch in diesem Rahmen werden Probleme und Entwicklungen des Sexualstrafrechts besprochen und die Plattform für einen kollegialen Austausch geboten. An diesen Besprechungen nehmen ebenfalls — themenbezogen — Polizeibeamte oder Angehörige anderer Professionen teil. r . undlichi n Grüßen r i .a /Rolanc4öller Freistaat SACHSEN Seite 5 von 5 2018-06-15T12:37:28+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes