STAATSM1N1STER1UM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/13449 Thema: Neonazistisches Objekt in Jesewitz (Landkreis Nordsachsen ) — Nachfrage zur Drs. 6/11784 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: In der Drs. 6/11784 wird ein Objekt in Jesewitz als ,rechtsextremistisch genutzte Immobilie' im Sinne der verbindlichen bundesweiten Definition aufgelistet." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 Verfassung des Freistaates Sachsen [SächsVerf]) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit der Nummer 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen [SächsVSG]) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, kör- Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3345 Dresden, 15. Juni 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN perliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essenziell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter 'Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Die Sächsische Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen . Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Der Fragesteller begehrt weiterhin zum Teil Auskünfte über personenbezogene Daten, insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten. Personennamen unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 SächsVerF). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch des Fragestellers mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogene Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 SächsVSG über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, als es hier nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Freistaat SACH SEN Seite 2 von 3 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN Frage 1: Seid wann steht das Objekt Neonazis in welcher Form (Miete, Pacht, Besitz, Kenn- und Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen) zur Verfügung? Der Staatsregierung ist bisher die Anmietung des Objektes am 28. April 2017 anlässlich eines rechtsextremistischen Liederabends sowie am 30. April 2017 anlässlich eines rechtsextremistischen „Zeitzeugenvortrages" bekannt. Frage 2: Um welche Art von Objekt handelt es sich? Es handelt sich um ein anmietbares Objekt. Darüber hinaus liegen Informationen vor, die aus Datenschutzgründen nicht mitgeteilt werden können. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Frage 3: Welche neonazistischen Veranstaltungen (Art der Veranstaltung, Anzahl der Teilnehmer , ggf. Redner und Interpreten, Veranstalter, Inhalt der Veranstaltung) haben bislang im Objekt stattgefunden? Veranstalter der in der Antwort auf die Frage 1 genannten Veranstaltungen war die rechtsextremistische Gruppierung „Wir für Leipzig". An dem Liederabend beteiligten sich ca. 50 Personen. Es trat die rechtsextremistische Band „FIEL" auf. An dem o. g. „Zeitzeugenvortrag" nahmen ca. 120 Personen teil. Es liegen weitere Informationen vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes und des Datenschutzes entgegenstehen. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung hinsichtlich weiterer geplanter Veranstaltungen im Objekt bzw. in Bezug auf eine zukünftige Nutzung? Erkenntnisse zu einer möglichen zukünftigen Nutzung durch die rechtsextremistische Szene liegen der Staatsregierung nicht vor. undlichen Grüßen Prof. Dr. Roland Wöller Seite 3 von 3 2018-06-15T12:41:52+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes