STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/13481 Thema: Umnutzung der Immobilie des Deutschen Stimme Verlages in Riesa zum „Haus Wieland" Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: Im sächsischen Verfassungsschutzbericht von 2015 ist in Bezug auf das Objekt der Deutsche Stimme Verlagsgesellschaft mbH in Riesa auf Seite 36 zu lesen: ,Während eines ‚Sommerfestes' am 22. August 2015 weihten die Rechtsextremisten einen Teil des Gebäudetraktes als ,Haus Wieland' ein, welcher als Veranstaltungssaal mit Schlafplätzen als ,nationales Begegnungszentrum' für Seminare, Schulungen und andere Veranstaltungen genutzt werden soll." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wann wurde eine geplante Umnutzung der bis dahin ausschließlich als Verlagsgebäude genutzten Immobilie durch wen gegenüber welchen Behörden bekannt gemacht, wie sollte eine zukünftige Nutzung aussehen , war hierfür eine Baugenehmigung erforderlich und wenn ja, wann wurde diese durch wen bei welcher Behörde beantragt und wann durch wen mit ggf. welchen Auflagen (bspw. Brandschutz, Anzahl der Übernachtungsmöglichkeiten, max. Besucherkapazität) genehmigt? Die Einweihung des „Haus Wieland" während des Sommerfestes am 22. August 2015 bezog sich nach Aussage der Verantwortlichen zunächst lediglich auf die Namensgebung, ggf. mit dem ferneren Ziel einer Umnutzung von Räumlichkeiten. Bis zum heutigen Zeitpunkt wurde durch den Betreiber der Deutschen Stimme Verlags GmbH keine Umnutzung der genehmigten baulichen Anlage (Lager- und Produktionshalle mit Büro- und Sozialräumen) beantragt. Die Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3351 Dresden, 19. Juni 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Nutzung der Baulichkeit erfolgt — nach Kenntnis der Bauaufsichtsbehörden — nach wie vor als Verlagsgebäude der Deutschen Stimme Verlags GmbH und als Bürogebäude. Dem Betreiber wurde mitgeteilt, dass für die Nutzung der Baulichkeit für Veranstaltungen innerhalb der genehmigten Lager- und Produktionshalle ein Bauantrag für eine Nutzungsänderung bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde einzureichen ist. Diesbezüglich fanden auch Besprechungen und Kontrollen vor Ort statt. Der Betreiber teilte daraufhin mit, dass das Projekt einer baulichen Umnutzung der vorhandenen Räumlichkeiten aktuell nicht weiter verfolgt werde. Frage 2: Wann bzw. im Rahmen welcher Veranstaltung(en) wurde die Umsetzung /Realisierung ggf. erlassener Auflagen durch welche Behörde mit welchem Ergebnis kontrolliert? Wie in der Antwort auf die Frage 1 dargestellt, wurde die Umsetzung des Projektes „Haus Wieland" baulich nicht realisiert. Veranstaltungen, in denen die Räumlichkeiten der vorhandenen Bebauung außerhalb der oben genannten Genehmigung genutzt wurden, sind der Bauaufsicht nicht bekannt. Zwar wurde durch den NPD-Landesverband, welcher am Standort des Verlagshauses ein Büro betreibt, jährlich ein Sommerfest angezeigt. Dieses wird jedoch ausschließlich auf den Freiflächen und nicht in den vorhandenen Gebäuden durchgeführt. Das Gleiche gilt auch für den in jüngster Vergangenheit durchgeführten Europakongress. Die angezeigten Veranstaltungen wurden im Rahmen von Sicherheitsbesprechungen mit der örtlichen Polizeidienststelle, dem Ordnungsamt, der Unteren Bauaufsichtsbehörde und dem Betreiber/Veranstalter besprochen und Festlegungen bezüglich der öffentlichen Ordnung und Sicherheit getroffen. Durch die örtliche Polizeidienststelle wurden Kontrollen vor Ort durchgeführt. Nach deren Erkenntnis fanden die Veranstaltungen ausschließlich im Freien statt. Anderslautende Presseberichte können nach Informationen der Stadtverwaltung Riesa nicht bestätigt werden. Für ein bauaufsichtliches Einschreiten wird aus den oben genannten Gründen kein Ansatzpunkt gesehen. Frage 3: Wie viele Veranstaltungen sind der Staatsregierung seit 2015 im benannten Objekt bekannt geworden und welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung hinsichtlich zukünftiger bzw. geplanter Veranstaltungen im Objekt? Der Staatsregierung liegen offen verwertbare Erkenntnisse über 15 rechtsextremistische Veranstaltungen seit dem Jahr 2015 vor, die auf dem Gelände der Deutschen Stimme Verlags GmbH stattfanden. Inwieweit diese Veranstaltungen im Gebäudetrakt „Haus Wieland" durchgeführt wurden, ist nicht bekannt. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Darüber hinaus liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 Verfassung des Freistaates Sachsen [SächsVerf]) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit den Nummern 3.3 und 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (UV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen [SächsVSG]) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essenziell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Mit--ffieundlichen, Grüßen Prof. Dr. Roland VVöller Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2018-06-19T10:22:14+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes