STAATSTV11N1STER1UM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/13549 Thema: Polizeilich angeordnete Entfernung von Fahnen an einem Infostand in Chemnitz am 5. Mai 2018 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „An den Feierlichkeiten zum 200. Geburtstag von Karl Marx vor dem Marx -Monument am 5. Mai 2018 beteiligte sich mit ausdrücklicher Genehmigung des Versammlungsanmelders eine kurdische Initiative mit einem Infostand. An diesem Infostand waren u.a. Fahnen der Yekineyen Parastina Gel (YPG, 'Volksverteidigungseinheiten') und der Yekineyen Parastina Jin (YPJ, 'Frauenverteidigungseinheiten') der syrischen Partiya Yekitiya Demokrat (PYD, 'Partei der Demokratischen Union') als Dekoration befestigt. Polizeibeamt_innen forderten unter Androhung einer Strafanzeige die Veranstalter auf, die Fahnen jener Organisationen zu entfernen, die im Sommer 2014 einen Völkermord des Islamischen Staats (IS) an den Jesid_innen im Irak verhinderten, 2014/15 die nordsyrische Stadt Kobane gegen den IS verteidigten und als Bündnispartner der USA seitdem die Hauptlast des militärischen Kampfes am Boden gegen diese Terrororganisation trugen, bevor der NATO-Bündnispartner Türkei sie seit Beginn 2018 völkerrechtswidrig angriff. Alle genannten Organisationen unterliegen in der Bundesrepublik nicht dem sog. 'WK-Verbot', ihre Symbole sind jedoch per Erlass des Bundesinnenministeriums seit März 2017 verboten, wenn sie als Chiffre für die verbotene PKK gezeigt werden, wobei dies von den Ländern sehr unterschiedlich umgesetzt wird (Vgl. https://www.rbb24.de/politik/beitraq/2018/03/fahnen-der-kurdischenvpq -bei-demos-erlaubt.html). Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Frankfurt a. M. (https://rsw.beck.de/aktuellimeldung/vg-frankfurt-am-main-pydfahnenverbot -bei-versamm lung-zum-internationalen-tag-fuersolidaritaet -mit-kobane-war-rechtswidrig) sowie des Amtsgerichts München (http://www.sueddeutsche.de/muenchen/vpq-flaqqe-kurdenfahne -auf-facebook-gepostet-und-schon-imVisier-des-staatsschutzes- 1.3888437) legen nahe, dass die strafrechtliche Relevanz des Zeigens dieser Symbole zumindest zweifelhaft ist." 6MMii O M Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 36-1053/53/77 Dresden, 22. Juni 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Ist der Staatsregierung der geschilderte polizeiliche Einsatz bekannt? Frage 2: Auf welcher rechtlichen Grundlage und aus welchen mit den Maßstäben und Vorgaben der einschlägigen Rechtsprechung vereinbarlichen Erwägungen erfolgte der Einsatz? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Die Polizeidirektion Chemnitz führte am 5. Mai 2018 anlässlich mehrerer Versammlungen und Veranstaltungen im Stadtgebiet Chemnitz einen Polizeieinsatz durch. Im Zusammenhang mit dem aus der Vorbemerkung benannten Infostand erfolgte zwischen dem Leiter der Kundgebung „200 Jahre Karl Marx", dem Fragesteller, der Leiterin des Infostandes und dem Polizeiführer ein Kooperationsgespräch. Gegenstand des Gesprächs war ein öffentlich wahrnehmbares Plakat am Infostand, welches die in ein Maschinengewehr mündenden Symbole YPG und YPJ zeigte. Vor dem Hintergrund der von Rechtsprechung und Hinweisen des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) geprägten Rechtslage im Hinblick auf die Würdigung der Fahnen mit den Symbolen YPG und YPJ in Abhängigkeit vom Kontext ihrer Verwendung, kamen die am Kooperationsgespräch beteiligten Personen überein, auf das Zeigen des Plakates und der Fahnen zu verzichten. Einer Untersagungsverfügung durch den Polizeivollzugsdienst bedurfte es nicht. Frage 3: Wurden gegen Mitglieder der kurdischen Initiative oder die Veranstalter der Marx200-Feierlichkeiten straf- oder ordnungsrechtliche Ermittlungen wegen dieses Falles eingeleitet? Nein. Frage 4: Gibt es für die zuständigen Behörden des Freistaates Sachsen (Versammlungsbehörden , Polizei, andere zuständige kommunale Behörden etc.) einheitliche Rechts- und Auslegungs- bzw. Anwendungsgrundlagen betreffs der Zulässigkeit der Symbolik von YPG, YPJ und PYD bzw. anderer nicht von vornherein der PKK zuordenbarer kurdischer Parteien und Organisationen und wenn ja, wie lauten sie? Frage 5: In welcher Form und über welche Quellen sind den „einfachen" Rechtsadressaten bzw. Anwendern (Bürgern, Vereinen, Versammlungsanmeldern etc.) die dem polizeilichen Handeln zu Grunde liegenden Rechtsnormen, polizeilichen Anwendungsrichtlinien etc. zugänglich? Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Die dem polizeilichen Handeln beim Vollzug des Betätigungsverbotes der PKK zugrundeliegenden Rechtsnormen finden sich in erster Linie im Vereinsgesetz sowie in der Strafprozessordnung und sind u. a. im Internet abrufbar. So stellt z. B. das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in einem gemeinsamen Projekt mit der juris GmbH nahezu das gesamte aktuelle Bundesrecht unter www.qesetze-iminternet .de kostenlos im Internet bereit. Als Rechts-, Auslegungs- und Anwendungsgrundlage liegt den Versammlungsbehörden die Rechtsprechung zur Thematik sowie das Rundschreiben des BMI vom 29. Januar 2018 zum Vollzug des Verbots der „Arbeiterpartei Kurdistans" (PKK) vor, in dessen Anlage eine beispielhafte Darstellung von Kennzeichen aufgelistet ist, welche in Abhängigkeit vom Verwendungskontext dem Kennzeichenverbot der PKK unterfallen können. Anmelder von Versammlungen werden im Rahmen von Kooperationsgesprächen insbesondere über verbotene Symbole informiert und über deren Rechtsfolgen im Falle von Missachtungen aufgeklärt. Im Übrigen wird auf die zusammenfassende Antwort der. Staatsregierung auf die Fragen 1 und 2 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/12716 verwiesen. ndlicheoeGrüßen >7.7 Pfof. Dr. Roland VVöller Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2018-06-22T09:43:02+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes