STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hosp¡talstraße 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau -PlaTz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten André Schollbach (DlE LINKE) Drs.-Nr.: 6/13600 Thema: Eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung und Beleidigung bei Versammlungen von n, PEGIDA" in Dresden Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Aufgrund welcher Äußerungen oder Handlungen welcher Rednerinnen bzw. Redner bei welchen Versammlungen von ,,PEGIDA" in Dresden wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung oder wegen des Verdachts der Beleidigung eingeleitet? ÑEÌT\vnt w Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 1500 Telefax +49 351 564 1509 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bel Antwort angeben) 1040E/13/300 - KLR Dresden, /f. Juni 2018 TOB MIT , ]USTIZVOTLZUGSBÊAMTE I'I|WWJOB-M¡T.'.DE Hausanschr¡ft: Sächslsches Staatsmlnisterium der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden "Zugang für slektronisch signierte sowie f ür verschlüsselte elektron¡sche Dokumente nur über das Elektronische Gerichls- und Verwallungspostfach; nähere lnformationsn unter ww.egvp.ds o Frage 2: Br¡efpost über Deutsche post Aufgrund welcher Äußerungen oder Handlungen von Teilnehmer¡nnen 010e5 Dresden bzw. Teilnehmern bei welchen Versammlungen von ,rPEGlDA" in Dresden www'justiz'sachsen'de/smj wurden Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung :;'j;:,'."r""iiiìt'*' oder wegen des Verdachts der Beleidigung eingeleitet? 3:äTl".,T"'",. Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraßo 7 Seite'l von 4 STAATSMINISTERIUI\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN F3't-\jHNårlw Frage 3: Mit welchem Ergebnis wurden die den Zillern 1 und 2 genannten Erm¡ttlungsverfahren jeweils abgeschlossen? Frage 4: Welche abschließenden gerichtlichen Entscheidungen erg¡ngen jeweils in jenen in den Zitlern 1 und 2 genannten Ermittlungsverfahren, bei denen Anklage erhoben oder ein Strafbefehl erlassen worden ist (bitte auch m¡tteilen, ob Rechtskraft eingetreten oder Rechtsmittel eingelegt worden ist)? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 4 Wegen der Ermittlungsverfahren im Sinne der Frage 1, deren Abschluss durch die Staatsanwaltschaft (Frage 3) und bei Gericht (Frage 4) nehme ich auf die als Anlage 1 beigefügte Übersicht Bezug. Wegen der Ermittlungsverfahren im Sinne der Frage 2, deren Abschluss durch die Staatsanwaltschatt (Frage 3) und bei Gericht (Frage 4) nehme ich auf die als Anlage 2 beigefügte Übersicht Bezug. Einer darüber hinausgehenden Beantwortung der Fragen stehen Rechte Dritter im Sinne des Artikels 51 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) entgegen . Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Artikel 15 i. V. m. Artikel 14 Abs. 1 SächsVerf zähll zu den Rechten Drifier im Sinne des Artikel 51 Abs. 2 SächsVerf. Der Nennung der Namen der Beschuldigten, gegen die die genannten Ermittlungsverfahren geführt werden bzw. worden sind, steht im konkreten Fall deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 33 SächsVerf) als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entgegen, an das die Sächsische Staatsregierung und der Landtag als unmittelbar geltendes Recht gebunden sind (Art. 36 SächsVerf). Eine Abwägung der lnformationsinteressen des Abgeordneten mit dem lnteresse der Beschuldigten an der Geheimhaltung führt zum Vorrang der Geheimhaltung. Das lnteresse des Abgeordneten an vollständiger lnformation ist ein hohes, durch Art. 51 Abs. 1 SächsVerf verfassungsrechtlich gewährleistetes Gut. Aber auch das Recht des Einzel- Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUN4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN FAt-\YIñdffi\ry nen, grundsätzlich über die Bekanntgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen, ist ein hohes, verfassungsrechtliches Schutzgut. Dies gilt in besonderem Maße für Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens, da bereits die Einleitung eines solchen Verfahrens für den Ruf und das Ansehen des Beschuldigten von erheblicher Bedeutung sein kann. Aufgrund der besonderen Schutzbedürftigkeit der personenbezogenen Daten Beschuldigter, insbesondere im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Unschuldsvermutung, kommt im konkreten Fall auch die Bekanntgabe der Namen in nichtöffentlicher Form oder mit entsprechendem Geheimhaltungsvermerk nicht in Betracht, Lediglich der Name des Beschuldigten Akif Pirincci wird mitgeteilt, da die Einleitung des gegen diesen geführten Ermittlungsverfahrens bereits Gegenstand der öffentlichen Presseberichterstattung gewesen ist. Zudem steht der Bekanntgabe weiterer Einzelheiten aus den jeweiligen Ermittlungsverfahren teilweise eine gesetzliche Regelung im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen . Nach 5 477 Abs.2 SaTz 1 Strafprozessordnung (StPO) sind Auskünfte aus Akten zu versagen, wenn der Übermittlung Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen. Dies ist der Fall, soweit die Verfahren noch nicht endgültig abgeschlossen sind. Die Bekanntgabe von Einzelheiten aus laufenden Verfahren würde die Gefahr begründen, dass diese erschwert oder vereitelt werden können. lnsbesondere könnte die öffentliche Wiederholung konkreter beleidigender Äußerungen die Erinnerung von Zeugen oder deren Aussageverhalten beeinflussen. Eine möglichst unbeeinflusste Wahrheitsfindung in einem Strafverfahren und eine funktionierende Strafrechtspflege sind in einem Rechtsstaat von hohem Stellenwert. Das Fragerecht des Abgeordneten muss daher unter den vorliegenden Umständen zurücktreten. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass weitere Einzelheiten in nichtöffentlicher Form mitgeteilt werden könnten, so z. B. in einer Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses im Sächsischen Landtag. Darüber hinaus stehen einer Wiedergabe der beleidigenden oder volksverhetzenden Außerungen bzw. Handlungen Rechte Dritter im Sinne des Art.51 Abs.2 SächsVerf entgegen. Seite 3 von 4 STAATSì\4I N I STERIUIVI DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ñFt-\S'¿rJMw Eine Wiederholung der Beleidigungen und deren Bekanntmachung an eine große Offentlichkeit im Wege einer öffentlichen Beantwortung der Kleinen Anfrage würde die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Geschädigten perpetuieren und vertiefen. Die Staatsregierung ist sich der herausgehobenen Bedeutung des parlamentarischen Fragerechts für die in der Verfassung verankerte Funktion des Abgeordneten bewusst. Die Abwägung zwischen dem lnteresse des Abgeordneten an der Beantwortung seiner Frage und dem Persönlichkeitsrecht der Geschädigten fällt zugunsten des Grundrechts aus. Denn eine öffentliche Antwort der Staatsregierung wäre als Landtags-Drucksache auch im lnternet unbefristet zugänglich, wodurch der Angriff auf das Persönlichkeitsrecht der Geschädigten dauerhaft Wirkung entfalten könnte. Einem weitergehenden Auskunftsinteresse des Abgeordneten kann gegebenenfalls durch Erteilung ergänzender Ausküntte in nichtöffentlicher Form, z. B. im Rahmen einer Sitzung des Verfassungs- und Rechtsausschusses, Rechnung getragen werden. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Anlagen 2 Ubersichten Seite 4 von 4 Anlage 1 zu Drs. 6/13600 Frage 1 in Verbindung mit Fragen 3 und 4: Tattag Delikt Äußerung/Handlung Verfahrensstand/Verfahrensausgang 22.12.2014 Beleidigung Beschuldigter beleidigt ein Mitglied des Sächsischen Landtages bei einer Rede mit Worten Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 28.09.2015 Volksverhetzung Beschuldigter äußert sich bei einer Rede volksverhetzend gegenüber Asylbewerbern Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 28.09.2015 Volksverhetzung Beschuldigte äußert sich in volksverhetzender Form über den Islam Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 19.10.2015 Volksverhetzung Akif Pirincci äußert sich in volksverhetzender Form bei einer öffentlichen Rede; dieses Verfahren wird auch gegen einen weiteren Beschuldigten geführt. Verurteilung zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen (rechtskräftig) 07.12.2015 Volksverhetzung zwei Beschuldigte äußern sich in volksverhetzender Form über den Islam Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 14.03.2016 Volksverhetzung Beschuldigte äußert sich in volksverhetzender Form über muslimische Asylsuchende Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 31.07.2017 Volksverhetzung Beschuldigter äußert sich in volksverhetzender Form über Migranten Ermittlungen dauern an 23.04.2018 Volksverhetzung Beschuldigte äußert sich über Straftaten, die von Flüchtlingen begangen worden seien Ermittlungen dauern an Anlage 2 zu Drs. 6/13600 Frage 2 in Verbindung mit Fragen 3 und 4: Tattag Delikt Äußerung/Handlung Verfahrensstand/Verfahrensausgang 20.10.2014 Volksverhetzung unbekannte Teilnehmer wurden wegen Volksverhetzung angezeigt Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen Nichtermittlung des Täters 15.12.2014 Volksverhetzung unbekannte Teilnehmer skandieren pressefeindliche Parolen Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen Nichtermittlung des Täters 05.01.2015 Beleidigung Beschuldigte beleidigten Teilnehmerin des Gegenprotests mit Worten Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen Nichtermittlung des Täters 12.01.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamte mit Worten Anklage; Verhängung von Zuchtmitteln (rechtskräftig) 12.01.2015 Beleidigung Beschuldigter zeigte eine beleidigende Geste gegenüber zwei Polizeibeamten Anklage; Verhängung von Erziehungsmaßregeln (rechtskräftig) 12.10.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamten mit Worten Einstellung gemäß § 153a Abs. 2 StPO durch das Gericht 09.11.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamte mit Worten Einstellung gemäß § 154 Abs. 1 StPO 16.11.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamte mit Worten Strafbefehl (Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu je 20 €; rechtskräftig) 21.12.2015 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Passantin mit Worten Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 18.07.2016 Volksverhetzung Anzeige wegen Aufklebers mit fremdenfeindlichem Inhalt Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen Nichtermittlung des Täters 02.06.2016 Beleidigung Beschuldigte beleidigten Geschädigten mit Worten Ermittlungen dauern an 23.05.2016 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamten mit Worten Antrag auf Erlass eines Strafbefehls; Gerichtliche Entscheidung liegt noch nicht vor 06.02.2016 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamten mit Worten Einstellung gemäß § 154 Abs. 1 StPO 13.06.2016 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Geschädigten mit Worten Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 20.06.2016 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Geschädigten mit Worten Strafbefehl (Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 10 €; rechtskräftig) Anlage 2 zu Drs. 6/13600 16.10.2016 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Geschädigte durch das Zeigen von beleidigenden Gesten Einstellung gemäß § 154 Abs. 1 StPO 16.10.2017 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Geschädigte mit Worten Einstellung gemäß § 153a Abs. 1 StPO 17.10.2016 Volksverhetzung Anzeige wegen Plakaten bzw. Spruchbändern mit fremdenfeindlichem Inhalt Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen Nichtermittlung des Täters 05.12.2016 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Geschädigte mit Worten Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 13.03.2017 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Geschädigte mit Worten Einstellung gemäß § 170 Abs. 2 StPO 19.06.2017 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Teilnehmer des Gegenprotests mit Worten Strafbefehl (Verwarnung mit Strafvorbehalt; Geldstrafe von 10 Tagessätzen zu je 60 €; Bewährungszeit: 1 Jahr; rechtskräftig) 26.06.2017 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Teilnehmer des Gegenprotests mit Worten Verweisung auf den Privatklageweg 28.08.2017 Beleidigung Beschuldigter beleidigte Polizeibeamten mit Worten Strafbefehl (Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 30 €; rechtskräftig) 25.09.2017 Beleidigung Wechselseitige Beleidigung zwischen zwei Personen Verweisung auf den Privatklageweg 08.01.2018 Beleidigung Beschuldigter beleidigt Teilnehmer der Gegendemonstration mit Worten Ermittlungen dauern an 19.03.2018 Beleidigung Zeigen eines Plakates mit gegen die „Antifa“ gerichtetem Inhalt Ermittlungen dauern an 23.04.2018 Volkverhetzung Mitführen eines Plakates mit fremdenfeindlichem Inhalt Verfahren noch nicht bei der Staatsanwaltschaft Dresden anhängig 28.05.2018 Beleidigung unbekannter Teilnehmer beleidigt vorbeilaufende Person mit Worten Verfahren noch nicht bei der Staatsanwaltschaft Dresden anhängig KA6-13600 KA6-13600-Anlage 1 KA6-13600-Anlage 2 2018-06-28T10:21:47+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes