STAATSTVIIN1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Kerstin Köditz (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/13693 Thema: Extrem rechte Kampfsport -Veranstaltung am 9. Juni 2018 in Sachsen; Nachfrage zu Drs. 6/12949 Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Die der Ausgangsanfrage, Drs. 6/12949, zugrunde gelegte Veranstaltung ,TIWAZ — Kampf der freien Männer' fand nach Kenntnis der Fragestellerin inzwischen am bezeichneten Tag im Erzgebirgskreis statt." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wo genau fand die bezeichnete Veranstaltung statt und handelt es sich nach Kenntnis der Staatsregierung bei dem genutzten Objekt um eine „rechtsextremistisch genutzte Immobilie" oder ein Objekt, das „für die Aufgabenerfüllung des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen relevant" ist oder um welche andere Art von Objekt? Die Veranstaltung fand in einem Objekt in Grünhain-Beierfeld (Erzgebirgskreis ) statt. Entsprechend der im Dezember 2017 im Verfassungsschutzverbund abgestimmten verbindlichen bundesweiten Definition gelten diejenigen Immobilien als „rechtsextremistisch genutzte Immobilien", bei denen eine uneingeschränkte grundsätzliche Zugriffsmöglichkeit durch Eigentums- oder Besitzverhältnis oder durch ein Kenn- und Vertrauensverhältnis zum Objektverantwortlichen besteht. Voraussetzung ist zudem eine politisch ziel- und zweckgerichtete wiederkehrende Nutzung. Insbesondere Letzteres ist bislang bei diesem Objekt nicht gegeben. Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31-1053/54/30 Dresden, e . Juli 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Freistaat SACHSEN Der Staatsregierung liegen darüber hinaus Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Datenschutzes (Art. 51 Abs. 2 Verfassung des Freistaates Sachsen [SächsVerf]) entgegenstehen. Personennamen unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 SächsVerf). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch der Fragestellerin mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen . Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogene Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen (SächsVSG) über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, als es hier nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Frage 2: Wie viele Personen beteiligten sich an der Veranstaltung und inwieweit befanden sich darunter Personen, die aus welchen anderen Bundesländern oder auch welchen anderen Staaten angereist waren? Nach Erkenntnissen der Staatsregierung beteiligten sich ca. 450 Personen an der Veranstaltung . Im Rahmen der Anreisekontrollen wurden Fahrzeuge aus den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg- Vorpommern, Sachsen und Thüringen festgestellt. Laut Veröffentlichungen im Internet sollen sich unter den Teilnehmern Personen aus Russland, Frankreich und Bulgarien befunden haben. Frage 3: Welche Kenntnisse liegen der Staatsregierung vor über Bezüge von Organisatorinnen , maßgeblichen Unterstützerinnen, Teilnehmenden und bei der Veranstaltungen aufgetretenen „Kämpfern" zu welchen Strukturen der extremen Rechten und ggf. zu welchen Ultra- oder Hooligan -Gruppierungen bzw. zu welchen anderen Fußballfanszenen? Die Fragestellerin verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff „extreme Rechte". Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung Nummer 1. in der Antwort der Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 verwiesen. Unter den Teilnehmern und Kämpfern der Veranstaltung befanden sich Vertreter der Partei „Der III. Weg". Des Weiteren waren Angehörige der „Identitären Bewegung", der neonationalsozialistischen sowie der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene anwesend. Angehörige der neonationalsozialistischen Szene Chemnitz waren in die Organisation der Veranstaltung eingebunden. Unter den Teilnehmern bzw. Kämp- Seite 2 von 4 STAATSTV11N1STER1UM DES INNERN Freistaat SAC1-1 SEN fern befanden sich auch Angehörige der rechtsextremistischen Kampfsportlabel „White Rex", „Pride France", „Black Legion" und „Greifvogel Wear" sowie der rechtsextremistischen Gruppierung „Wardon". Zudem befanden sich Personen unter den Teilnehmern, die dem Umfeld der Fußballvereine Chemnitzer FC, FC Erzgebirge Aue, FC Energie Cottbus, FC Hansa Rostock, FC Rot -Weiß Erfurt und FC Carl -Zeiss Jena zuzurechnen sind. Hinsichtlich der Kategorisierung von potentiellen Störern im Umfeld von Fußballvereinen sowie der Nutzung der Begriffe Ultras und Hooligans wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/1261 verwiesen. Darüber hinaus liegen der Staatsregierung auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf) entgegenstehen . Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit der Nummer 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (Sächsisches Amtsblatt — SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen , die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essenziell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN NM. ffiß Freistaat SACHSEN Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Frage 4: Inwieweit lag eine Anmeldung für bzw. eine vorab erstattete Anzeige der Veranstaltung vor und welche Maßnahmen wurden getroffen, um diese abzusichern? Der Stadt Grünhain-Beierfeld und dem Landratsamt des Erzgebirgskreises lagen keine Anzeigen zu der Veranstaltung vor. Mit Bekanntwerden der Veranstaltung wurden diese von der Polizeidirektion (PD) Chemnitz informiert. Die PD Chemnitz führte anlassbezogen einen Polizeieinsatz durch. Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurden betreffende Behörden informiert, Anfahrtskontrollen zum Veranstaltungsort durchgeführt sowie die Präsenz im Bereich um den Veranstaltungsort erhöht. Frage 5: Welche Straftaten wurden im Zusammenhang mit der Veranstaltung sowie ihrer Vorbereitung, Bewerbung und Durchführung bekannt? (Bitte aufschlüsseln nach Tattag und -ort, Kurzangaben zum Sachverhalt, tangierten Straftatbeständen, Zahl der Tatverdächtigen.) Im Zusammenhang mit der Veranstaltung wurden nach derzeitigem Stand keine Straftaten registriert. Mit freundlichen Grüßen in Vertretung Sebastian Gemkow Seite 4 von 4 2018-07-10T13:17:01+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes