STAATSMINISTERIUI\4 DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMIN ISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl (DlE LINKE) Drs.-Nr.: 6/13695 Thema:,,Schülergerichte" in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: ln welchen sächsischen Kommunen und beijeweils welchen Trägern sind oder waren im Freistaat Sachsen so genannte ,,Schülergerichte" eingerichtet ? lm Freistaat Sachsen sind im Rahmen eines Pilotprojekts beginnend ab dem Jahr 2007 zunächst bei den Staatsanwaltschaften Leipzig und Bautzen, später auch in Zwickau Schülergerichte gebildet und geschult worden, die im Auftrag der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft mit straffällig gewordenen Jugendlichen und Heranwachsenden auf freiwilliger Basis deren delinquentes Verhalten erörtern und eine angemessene Sanktion im weiteren Sinne festlegen. Angesichts der insgesamt erfreulichen Ergebnisse des Projektes sind ab dem Jahr 2010 Schülergerichte auch in Chemnitz und Görlitz eingerichtet worden. Die Betreuung vor Ort obliegt verschiedenen freien Trägern der Jugendhilfe. Nachdem es ab dem Jahr 2013 nicht mehr gelungen war, einen geeigneten Träger am Standort Leipzig zu gewinnen, werden Schülergerichte derzeit noch in Bautzen, Chemnitz, Görlitz und Zwickau durchgeführt. Seite 1 von 5 Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 1500 Telefax +49 35'l 564 1509 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 10408t13t1243 -KLR Dresden, f. rutizore ßß1r-\*t# w TOB MIT e O ' JUST]zvotIZUGSBÉAMfE vt/wwJoB-MtT-t.DE Hausanschrift: Sächsisches Staatsminlster¡um der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Br¡efpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/sm j Verkehrsverblndung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 *Zugang frjr elsktron¡sch s¡gnierte sowie f ür verschlüsselte elektronische Dokumente nur über das Elektronische Ger¡chts. und VeMaltungspostfach; nåhere lnformat¡onon unter M.egvp.de STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ñan-\Y¡rl w ln Leipzig oblag die Projektbetreuung dem ,,Jugendhaus Leipzig e.V." sowie später dem ,,Förderverein Kriminal- und Verkehrsprävention Leipzig e.V.". ln Bautzen betreut der Verein ,,Brücke e.V. - Gefährdetenhilfe im Raum Bautzen" das Projekt, in Görlitz der lnternationale Bund, in Chemnitz der,,Arbeiterwohlfahrt Kreisverband Chemnitz und Umgebung e.V." sowie in Zwickau der,,Verein für Jugendgerichts- und Bewährungshilfe beim Sozialen Dienst der Justiz e.V.". Frage 2= Wie viele Fälle wurden bislang vor solchen ,nSchülergerichten" verhandelt und in welche Richtung gehen die getroffenen Entscheidungen im Wesentlichen? Seit 2010 wurden insgesamt 285 Verfahren den Schülergerichten zugewiesen. Für die Staatsanwaltschaft Leipzig kann ergänzend ausgeführt werden, dass von Januar 2007 bis Juli 2009 49 Verfahren bei Schülergerichten anhängig waren. Bei den Delikten handelte es sich um Straftaten der Leistungserschleichung, des Diebstahls , Körperverletzungen, leichtere Betäubungsmitteldelikte, Sachbeschädigungen und Beleidigungen. Die verhängten Sanktionen waren sehr unterschiedlich. Es wurden Maßnahmen ausgesprochen wie Entschuldigungen, das Schreiben von Aufsätzen oder Lesen eines Buches, Wahrnehmung von Beratungsterminen oder die Erstellung von Skulpturen, Collagen und Plakaten. Frage 3: Wie haben sich die Zuweisungszahlen der zuständigen Staatsanwaltschaften gegenüber ,nSchülergerichten" in Sachsen seit ihrem Bestehen entwickelt und wie erklären sich jeweils ggf. steigende bzw. fallende Zuweisungszahlen, falls diese signifikant sind? (Bitte aufschlüsseln je Jahr seit des Bestehens von nnSchülergerichten" in Sachsen sowie ggf. für den Freistaat Sachsen insgesamt und den einzelnen lokalen ,,Schülergerichten".) Aufgeschlüsselt nach Jahren erfolgten Zuweisungen an sächsische Schülergerichte wie folgt: Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ 2007:47 2008:57 2009:46 2010:36 201 1: 51 2012:42 2013:40 2014:26 2015:33 2016:25 2017:32 Statistisch werden die Verfahren, die an das Schülergericht abgegeben werden, nicht erfasst , da es sich um Verfahrenseinstellungen gem. $ 45 Abs. 2 JGG handelt und keine besondere Kennzeichnung erfolgt. Eine Differenzierung nach lokalen Schülergerichten ist daher nicht möglich. Von der weiteren Beantwortung der Frage danach, wie sich die Zuweisungszahlen die einzelnen Schülergerichte betreffend entwickelt haben, wird daher wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufwandes abgesehen. Zur vollständigen Beantwortung der Frage wäre eine händische Auswertung sämtlicher Papierakten zu den 285 Vorgängen erforderlich. Dies wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften und Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. MÎ-L\¡IIffiS\=!Y Freistaat SACHSEN Seite 3 von 5 STAATSIVIINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Rrt-L:ff:1il w Dies zugrunde gelegt, wird der bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu den 285 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens 17 volle Arbeitstage für einen Mitarbeiter geschätzt. ln dieser Schätzung noch nicht enthalten ist der zusätzliche Zeitaufwand für die bei allen Verfahren durch den Staatsanwalt vorzunehmende Prüfung, ob durch eine Auskunftsermittlung der Ermittlungserfolg gefährdet werden würde und eine Beantwortung unter diesem Gesichtspunkt zu verweigern wäre oder einer Auskunft sonstige Gründe entgegenstehen. Dieser Zeitaufwand kann seriös nicht abgeschätzt werden, da der Prüfungsumfang naturgemäß in jedem Einzelfall anders und davon abhängig ist, wie umfangreich und komplex das jeweilige Ermittlungsverfahren ist. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Ermittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Frage 4: Wie viele der jugendlichen Delinquent*innen sind nach einer Verhandlung ihrer Straftat vor einem nnSchülergericht" erneut straffällig geworden? Eine Statistik zur Rückfälligkeit von Beschuldigten, deren Straftat vor einem Schülergericht verhandelt wurde, wird nicht geführt. Es können daher hierzu keine Aussagen getroffen werden, ohne für jeden einzelnen Beschuldigten eine händische Auswertung vorzunehmen . Wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufwandes wird von der Beantwortung der Frage daher abgesehen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zur Frage 3 Bezug genommen. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ñan:r\rËt# w Frage 5: Durch wen und in welcher Höhe erfolgt(e) die Finanzierung der ,,Schülergerichte,., zu welchen Mittelzuweisungen kam es dabei in den einzelnen Haushaltsjahren seit deren Bestehens? Finanziert wird das Projekt aus dem Haushalt des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz. Als Vergütung für lnformation, Statistik, Auswahl und Schulung der Schüler sowie Kontaktpflege mit den ,,Schülerrichtern" und Projektpartnern sowie für Öffentlichkeitsarbeit erhalten die Projektträger vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz jährlich einen Pauschalbetrag von 1.300 Euro. Sofern keine Fallbearbeitung stattfindet, ermäßigt sich dieser Betrag auf 650 Euro. Als Vergütung für Begleitung und Überwachung der Fallarbeit des ,,Schülergerichts" erhält der Projektträger auf der Grundlage eines Fachleistungsstundensatzes von 38 Euro eine Pauschale von 190 Euro pro Fall, höchstens jedoch einen Gesamtbetrag in Höhe von 4.750 Euro (25 zu vergütende Fälle) pro Jahr. Zu Mittelzuweisungen kam es in den einzelnen Haushaltsjahren seit Bestehen der Schülergerichte wie folgt: 2007: Einzelzuweisung nach konkretem Bedarf, max. 26.000 Euro 2008: Einzelzuweisung nach konkretem Bedarf, max.36.800 Euro 2009: 44.500 Euro 2010:15.100 Euro 2011:37.000 Euro 2012:35.000 Euro 2013:37.200 Euro 2014:32.750 Euro 2015:34.500 Euro 2016: 23.000 Euro 2017:23.000 Euro 2018:23.000 Euro Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 5 von 5 2018-07-09T10:27:05+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes