STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Hütter (AfD) Drs.-Nr.: 6/13815 Thema: Gerichtsverfahren mit länderübergreifenden Sachverhalten Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele zivilrechtliche Gerichtsverfahren mit länderübergreifenden Sachverhalten (bspw. nach Polen oder in die Tschechische Republik) bzw. mit internationalem Bezug, insbesondere in Handelssachenn wurden an sächsischen Gerichten 2009, 2013 und 2017 geführt? (Bitte aufschlüsseln nach Gerichtsstandort) Die Staatsregierung legt die Begrifflichkeiten,,länderübergreifende Sachverhalte " und ,,internationaler Bezug" dahingehend aus, dass damit zivilrechtliche Gerichtsverfahren gemeint sind, die irgendeinen Bezug zum Ausland aufweisen , sei es dadurch, dass ein Verfahrensbeteiligter seinen (Wohn-) Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland inne hat(te), der dem Verfahren zugrundeliegende Lebenssachverhalt zumindest teilweise außerhalb der Bundesrepublik Deutschland stattfindeVstattfand oder zumindest teilweise ausländisches Recht teilweise anzuwenden ist. Der Begriff ,,geführt" wird dahingehend verstanden, dass es ausreichend ist, dass das Zi- Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 1500 Telefax +49 351 564 1509 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1040E/13/1256 - KLR Dresden.ll. ¿utizicß ; TOB MIT 1' O @!@Ë t t u^ltJoB-MrÌ-¡.DE Hausanschr¡ft: Sächs¡sches Staatsmlnisterium der Justlz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutschê Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über E¡nfahrt Hospitalstraße 7 *Zugang lür eleklron¡sch sign¡êrle sow¡e lür verschlüsselto slêklronische Dokumente nur über das Elektronische Gerichts- und VeMallungspostfach; nähere lnformationen unter ww.egvp.deSeite 1 von 4 STÀATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENt vilverfahren entweder zum 1. Januar der genannten Jahrgänge bereits gerichtlich anhängig war oder im jeweiligen Jahresverlauf bei Gericht anhängig geworden ist. Eine gesonderte statistische Erfassung der Verfahren mit ,,|änderübergreifenden Sachverhalten " und mit ,,internationalem Bezug" im vorstehend umrissenen Sinne erfolgt nicht. Lediglich der Sitz/gewöhnliche Aufenthalt der Verfahrensbeteiligten wird statistisch erfasst, sodass die Anzahl jener Verfahren ermittelt werden kann, in denen zumindest ein Beteiligter seinen Wohnsitz bzw. Sitz im Ausland hatte. So wurden in den Jahren 2009,2013 und 2017 insgesamt 5.350 Zivilverlahren mit ausländischen Beteiligten geführt, wobei hier Streithelfer nicht berücksichtigt sind. Hinsichtlich der Aufschlüsselung der Zivilverfahren auf die einzelnen Jahre und die jeweiligen sächsischen Gerichte wird auf die beigefügte Übersicht verwiesen. Die örtlichen Anknüpfungspunkte der den Verfahren zugrunde liegenden Lebenssachverhalte werden genau wie das anzuwendende Recht statistisch nicht gesondert erfasst. Von einer weitergehenden Beantwortung der Frage wird abgesehen, da die Ermittlung der genauen Anzahl der unter die Fragestellung fallenden Verfahren eine manuelle Durchsicht und individuelle Auswertung aller Verfahrensakten der sächsischen Zivilgerichte für die abgefragten Jahre erfordern würde, wobei zur Ermittlung der im jeweiligen Jahr ,,geführten" Verfahren stets die Akten der zum 1. Januar anhängigen Verfahren und die bis zum 31. Dezember desselben Jahres eingegangenen Verfahren durchzusehen wären. Dabei handelt es sich um folgende Aktenbestände: Es wären somit insgesamt 194.823 Verfahrensakten manuell auszuwerten. Dies ist aufgrund der hohen Anzahl der auszuwertenden Verfahren im Hinblick auf die zur Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehende Zeit unverhältnismäßig. Zur Auswertung wären umfangreiche und zeitaufwändige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Gerichte erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen, der Aufwand zur Beiziehung etwaig versendeter Seite 2 von 4 2009 2013 2017 Bestand 01.01. 21.083 21.287 17.643 Eingänge bis 31.12. 50.873 47.197 36.740 Gesamtzahl 71.956 68.484 54.383 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENU Akten, z. B. von Rechtsanwälten, anderen Gerichten und Sachverständigen, das Auswerten der Akten, die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses und die Rückgabe der Akten an die zuletzl aktenführende Stelle zu berücksichtigen. Der durchschnittliche Auswertungsaufwand ist mit mindestens zehn Minuten je Verfahren anzusetzen . Danach würde ein rechnerischer Gesamtaufwand von 1.948.230 Minuten (32.470,5 Stunden, ca. 4.059 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Bediensteten) entstehen. Die Staatsregierung kommt daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten sächsischen Gerichte andererseits zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Frage 1 auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Gerichte nicht zu leisten ist. Bei der Abwägung fand auch Berücksichtigung, dass das parlamentarische lnformationsinteresse vorliegend nicht vollständig zurücktreten musste. Frage 2: Welche Probleme und Herausforderungen haben sich bei Gerichtsverfahren mit länderübergreifenden Sachverhalten bzw. mit internationalem Bezug für die sächsischen Gerichte und alle Beteiligten bisher ergeben? Die Staatsregierung versteht aufgrund des Sachzusammenhanges mit Frage 1 diese Frage dahingehend, dass mit dem Begriff ,,Gerichtsverfahren" lediglich Verfahren der sächsischen Zivilgerichte erfasst werden. Uber die Probleme und Herausforderungen der Verfahrensbeteiligten im Sinne der Fragestellung hat die Staatsregierung keine konkrete Kenntnis. Soweit nach denjenigen der sächsischen Gerichte gefragt wird, hat die gerichtliche Praxis im Geschäftsbereich des Oberlandesgerichts Dresden folgende Gesichtspunkte angesprochen: Die Zustellung von Schrittstücken und Ladungen im Ausland führt häufig zu erheblichen Verzögerungen. Beispielsweise ergeben sich bisweilen Probleme bei der Zustellung per Einschreiben mit Rückschein, weil der Rückschein gar nicht oder nicht ord- Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENT nungsgemäß ausgefüllt zurück gelangt. Ausländische Beteiligte und Zeugen wirken bisweilen unzureichend mit, indem sie trotz entsprechender Ladung nicht bei Gericht erscheinen. Überdies sind auch Vollstreckungsproblemezuverzeichnen, etwa im Hinblick auf Kostenforderungen. Schließlich stellen sich in Verfahren mit Auslandsbezug bisweilen anspruchsvolle rechtliche Fragen, beispielsweise im Hinblick auf die internationale Zuständigkeit und die Feststellung des anwendbaren Rechts. Soweit sich nach den entsprechenden Kollisionsregeln ergibt, dass ausländisches Recht anwendbar ist, kann sich die Einholung eines Rechtsgutachtens als erforderlich erweisen. Soweit das Staatsministerium der Justiz im Rahmen der Rechtshilfe in Zivilsachen Zustellungs - und Beweisaufnahmeersuchen in oder aus anderen Ländern erledigt, treten zudem vereinzelt Verzögerungen durch die Verwendung falscher Formulare insbesondere durch ausländische Gerichte auf, welche sich letztlich aber zumeist durch die über das European Judicial Network (EJN) bestehenden Kontakte auf Arbeitsebene lösen lassen. Frage 3: Wie häufig wurden Dolmetscher in den Verfahren nach Ziffer l. herangezogen? Von einer Beantwortung der Frage wird abgesehen Die Heranziehung von Dolmetschern wird nicht gesondert statistisch erfasst. Auch insoweit wäre daher eine manuelle Durchsicht und individuelle Auswertung aller Verfahrensakten der sächsischen Zivilgerichte für die abgefragten Jahre, also der genannten 194.823 Verfahrensakten, erforderlich. Zur Begründung des unverhältnismäßigen Auswertungsaufiuandes wird auf die Antwort zu der Frage 1 Bezug genommen. Mit freundlichen Grüßen in Vertretung &n ,?Dr. Matthias Anlage 1 tabellarische Übersicht zu der Frage 1 Seite 4 von 4 Anlage zu Drs.-Nr.: 6/13815 Kläger/Berufungs - kläger Sitz im EU- Ausland Kläger/Berufungs - kläger Sitz im sonstigen Ausland Beklagter/Berufungs - beklagter Sitz im EU- Ausland Beklagter/Berufungs - beklagter Sitz im sonstigen Ausland Kläger/Berufungs - kläger Sitz im EU- Ausland Kläger/Berufungs - kläger Sitz im sonstigen Ausland Beklagter/Berufungs - beklagter Sitz im EU- Ausland Beklagter/Berufungs - beklagter Sitz im sonstigen Ausland Kläger/Berufungs - kläger Sitz im EU- Ausland Kläger/Berufungs - kläger Sitz im sonstigen Ausland Beklagter/Berufungs - beklagter Sitz im EU- Ausland Beklagter/Berufungs - beklagter Sitz im sonstigen Ausland Oberlandesgericht 16 7 15 10 31 13 41 12 22 19 22 13 LG Chemnitz 37 23 43 22 49 12 33 20 21 11 31 14 AG Annaberg 0 3 2 4 AG Aue 7 0 7 1 12 6 7 4 8 4 3 2 AG Chemnitz 24 9 13 4 35 17 15 7 41 7 11 7 AG Döbeln 2 0 4 1 19 7 11 1 9 3 3 5 AG Freiberg 4 2 6 2 11 0 3 4 9 4 4 3 AG Hainichen 4 1 2 1 AG Marienberg 1 0 2 0 2 5 2 3 12 2 7 2 AG Stollberg 1 0 1 0 LG Dresden 69 21 34 13 57 28 65 19 42 15 59 26 AG Dippoldiswalde 8 9 4 3 10 3 7 2 5 4 3 2 AG Dresden 133 35 32 13 178 5 49 28 94 26 49 82 AG Meißen 12 4 7 4 22 15 7 3 14 4 2 5 AG Pirna 15 5 3 3 16 3 7 2 17 7 5 3 AG Riesa 5 2 5 2 12 8 2 4 5 2 1 0 LG Görlitz 18 2 12 7 27 18 29 8 24 8 14 9 LG Bautzen 11 3 7 4 AG Bautzen 7 0 3 2 19 3 11 3 8 2 7 0 AG Görlitz 4 1 4 1 12 6 9 2 16 4 20 3 AG Hoyerswerda 4 0 3 0 3 6 2 3 4 0 0 0 AG Kamenz 1 1 0 0 5 3 2 3 10 0 3 2 AG Löbau 2 0 2 1 AG Weißwasser 0 0 0 0 3 2 2 0 2 1 2 0 AG Zittau 1 0 1 0 7 2 9 1 7 7 4 0 LG Leipzig 58 20 55 17 83 42 67 42 64 36 56 24 AG Borna 8 1 3 1 15 7 6 2 10 3 8 1 AG Eilenburg 6 5 3 1 9 19 23 10 15 5 58 61 AG Grimma 7 1 2 1 22 7 4 1 14 7 3 5 AG Leipzig 117 28 44 11 293 94 51 30 273 61 31 27 AG Oschatz 0 1 1 2 AG Torgau 2 0 1 1 7 5 2 1 8 1 5 0 LG Zwickau 25 9 20 9 29 12 13 6 19 4 15 5 AG Auerbach 5 0 1 0 6 4 4 1 9 3 7 2 AG Hohenstein-Ernstthal 4 0 2 1 19 3 3 0 11 1 4 2 AG Plauen 6 4 7 4 16 5 12 7 12 4 4 2 AG Zwickau 6 12 8 6 20 12 7 7 15 5 3 7 630 209 359 152 1049 372 505 236 820 260 444 314 5350 2017 Sitz der Partei in Zivilund Handelssachen (Anzahl) 2009 2013 KA 6-13815 Anlage KA 6-13815 2018-07-19T07:29:23+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes