STAATSMINISTERìUM FÜR UN4WELT UND LANDWìRTSCHAFT SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 1005 10 I 01076Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Li ndena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Wolfram Günther (BUNDNIS 90/ DIE GRUNEN) Drs.-Nr.: 6113842 Thema: Schädigung von Entwicklungsstadien europäisch geschützter Amphibien im Naturschutzgebiet,,Rohrbacher Teiche" Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Das Naturschutzgebiet ,,Rohrbacher Teiche" ist Bestandteil des sächsischen FFH-Gebietes,,Rohbacher Teiche und Göselbach". Auch in diesem Frühjahr wurden vom Teichpächter die Teiche zur Laichzeit der Amphibien großflächig abgelassen. Dies führte zum Austrocknen des Laiches bzw. zu¡ Unterbindung der Laichablage. Betroffen waren die Arten Knoblauchkröte, Laubfrosch, Moorfrosch, Springfrosch und Kammmolch (alle als Art des Anhanges lV der FFH-RL - damit streng geschützt). Der Kammmolch ist zugleich als Art des Anhanges ll der FFH-RL geschützt und ist als Vorkommen von sachsenweiter Bedeutung auch Erhaltungsziel der gültigen FFH- Grundschutzverordnung. Dieses Vorgehen entspricht nicht mehr der guten fachlichen Praxis in der Fischereiwirtschaft, da hier höherrangiges europäisches Recht (Artikel 12 FFH-RL; national umgesetzt in $ 44 Abs. 1 ¡.V. mit g 5 Abs. 4 BNatSchG) offensichtlich gebrochen wird. Verstoßen wird gegen das Tötungsverbot in $ 44 Abs. I Nr.1 indem die Entwicklungsstadien (Laich) trockenfallen und damit absterben. Auch wird die Fortpflanzungs- und Ruhestätte der Amphibien im Sinne des Abs. I Nr.3 beschädigt bzw. durch Austrocknen lhrer Funktion beraubt. Als Folge tritt eindeutig eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Populationen der streng geschützten Arten ein. Mittelteich und Hellerteich beherbergen nach der FFH-Grundschutzverordnung u.a. die umfangreichsten Kammmolchbestände im Gebiet. Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 35'l 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ sm ul. sachsen.de* lhr Zeichen lhre Nachricht vom 26. Juni 2018 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-1050t2t205 Dresden, s¡mut+ |'.- o) C\¡lr)N @ þ1. tok!ñtulñtl.l{ &¡*hrkhiturMmlibt.dqd0.Uñ{ltohd[ñetuùÀ Hausanschrift: Sächs¡sches Staatsminister¡um ffir Umwelt und Landw¡rtschaft Archivstraße I 01 097 Dresden vwvw.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6,7, 8, 13 Für Besucher m¡t Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplåtze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Ke¡n Zugang fúr elektronisch signierte sow¡ê für verschlüsselte e¡ektronische Dokumente --o - !- Seite 1 von 5 STAATSM'INISTERIUìVI FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 ln der derzeit gültigen sächsischen Förderrichtlinie Teichwirtschaft und Naturschutz vom 22. Juni 2015 ist unter Punkt 6.2 die Verpflichtung zum Umsetzen des Amphibienlaichs beim Abfischen eine Zuwendungsvoraussetzung.,, Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt. Vorbemerkung: Der Darstellung in der Vorbemerkung, dass auch in diesem Frühjahr die Teiche zur Laichzeit großflächig abgelassen und dadurch Laich von Knoblauchkröte, Laubfrosch, Moorfrosch, Springfrosch und Kammmolch ausgetrocknet und/oder das Laichen unterbunden worden wäre, kann nicht gefolgt werden. Von den Rohrbacher Teichen werden der Großteich, der Mittelteich und der Mühlteich fischereilich þewirtschaftet, wobei von diesen dreien der Mühlteich der kleinste Teich ist. lm Rohrbacher Teichgebiet befinden sich zudem noch der Hellerteich und der Nauteich, die beide nicht bewirtschaftet werden. Der Mühlteich, der im Frühjahr des Jahres 2018 als einziger Teich abgelassen worden ist, spielt für die im Gebiet vorkommenden Amphibienpopulationen nur eine untergeordnete Rolle. Ein theoretisch möglicher Verlust von Laich oder die Verhinderung des Ablaichens im Mühlteich hat nur einen sehr geringen Einfluss auf die Populationen im Gebiet. Anhand vorhandener Daten und Beobachtungen (Multibase, Schutzwürdigkeitsgutachten aus dem Jahr 2013) ergibt sich folgendes Bild: Hauptreproduktionsgebiet der in der Vorbemerkung genannten Arten sind der Hellerund Nauteich sowie der Sumpfiruald zwischen Groß- und Mittelteich. Weiterhin eine Rolle spielen der Großteich sowie im Gebiet befindliche Feuchtwaldkomplexe. lnsbesondere wurden für den Kammmolch keine Vorkommen im Mühlteich erfasst. lm Zuge der Aufstellung des Managementplanes für das FFH-Gebiet ,,Rohrbacher Teiche und Göselbach" wurden Reproduktionen am Hellerteich, am Mittelteich sowie im Sumpfwald erfasst. Laich des Springfrosches wurde in den Abgrabungsgewässern, also außerhalb der bewirtschafteten Teiche, erfasst. Daten liegen auch für den Mittel- und Großteich vor. Laubfrosch, Moorfrosch und Knoblauchkröte wurden insbesondere im Hellerteich, im Mittelteich und im Großteich sowie im Sumpfiruald festgestellt. Das Ablassen des Mühlteiches dürfte somit keine negativen Folgen für die genannten Arten haben, da diese bevozugt andere Teiche/Flächen zur Reproduktion nutzen. Frage l: Was unternehmen die zuständigen Landesbehörden gegen die hier stattfindenden artenschutzrechtlichen Verstöße in der Fischereipraxis ? Aufgrund der oben genannten Darlegungen liegen im vorliegenden Fall keine artensch utzrechtlichen Verstöße vor. Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUIVI FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Die in der Kleinen Anfrage benannten Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbote sind nicht belegt. Zudem wird hinsichtlich der genannten in Anhang lV der FFH- Richtlinie aufgeführten Arten vorsorglich auf $ 44 Abs. 4 Satz 1 und 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) hingewiesen. Demzufolge gelten die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote nicht, sofern die fischereiwirtschaftliche Bodennutzung den Anforderungen an die gute fachliche Praxis entspricht und soweit sich der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art durch die Bewirtschaftung nicht verschlechtert. Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen ist eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Amphibienpopulationen derzeit nicht zu befürchten. Frage 2: ln welcher Form und Häufigkeit wird in den Rohrbacher Teichen der aktuelle Erhaltungszustand der lokalen Amphibien-Populationen überwacht? lm Rahmen des FFH-Feinmonitorings wird der Zustand ausgewählter Laichgemeinschaften alle sechs Jahre dokumentiert. Dieses Monitoring basiert auf festgelegten Stichproben für alle FFH-Amphibienarten, jeweils für eine Art erfolgt eine gesonderte Zufallsauswahl. Ziel des Monitorings ist es, den jeweiligen Erhaltungszustand einer betroffenen Art vorrangig auf der Ebene der Bundesrepublik zu ermitteln. Der Zustand der lokalen Population kann durch das bundeseinheitliche Verfahren teilweise ermittelt werden, da Aussagen zur Stichprobenfläche sich auf einen geeigneten Flächenumgriff beziehen. Allerdings gibt es in den Rohrbacher Teichen keine Stlchprobenfläche für eine der FFH-Amphibienarten. Aus den Daten des Artmonitorings lassen sich daher für die Rohrbacher Teiche nicht die gewünschten Aussagen ableiten. lm Auftrag der unteren Naturschutzbehörde erfolgte im Jahr 2013 eine Erfassung der vorkom menden Arten i m Rah men eines Schutzwü rdigkeitsg utachtens. Frage 3: Wie entwickelt sich die lokale Amphibien-Populationen beim massenhaften Trockenfallen des Laichs? Grundsätzlich kann massenhaftes Trockenfallen von Amphibienlaich zu Ausfällen bei der Reproduktion und damit zum Rückgang der lndividuenzahl einer lokalen Population führen. Ein massenhaftes Trockenfallen von Laich durch Ablassen des Mühlteiches ist der unteren Naturschutzbehörde allerdings nicht bekannt und wurde auch in der Vergangenheit nicht beobachtet. Laut dem von der unteren Naturschutzbehörde beauftragten Schutzwürdigkeitsgutachten aus dem Jahr 2013 ist die Zahl der im Gebiet nachgewiesenen Amphibienarten bemerkenswert hoch. Wie in der Vorbemerkung dargelegt , spielt der im Frühjahr abgelassene Mühlteich, aus naturschutzfachlicher Sicht nur eine untergeordnete Rolle für den Erhalt der Amphibien-Populationen im Gebiet. Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSENÐ Frage 4: Entspricht die aktuelle Bewirtschaftung der Rohrbacher Teiche beim Trockenfallen des Amphibienlaichs den Förderkriterien zur Teichbewirtschaftung ? Die aktuelle Bewirtschaftung entspricht den Förderkriterien der Teichbewirtschaftung Dazu wird ergänzend Folgendes ausgeführt: Die Rohrbacher Teiche werden seit dem 15. Mai 2015 nach der Förderrichtlinie Teichwirtschaft und Naturschutz (TWN/2015) entsprechend der vorhandenen Förderkulissen gefördert. Der Verpflichtungszeitraum für diese Vorhaben beträgt fünf Jahre und endet somit am 14. Mai 2020. Zwei der Teiche im Gebiet werden aktuell nach der Richtlinie TWN/2015, Vorhaben T2a - Artenschutz und Lebensräume - Teichbodenvegetation - Stauhaltungsvariante 1 (also Trockenlegung nach Abfischung für mindestens sechs Wochen) gefördert. Ein dritter Teich wird aktuell nach Richtlinie TWN/2015, Vorhaben T3a - Ertragsvorgaben - Zielertrag - Stauhaltungsvariante 2 (also sofortiger Wiederanstau nach Abfischung) gefördert. Mit der Maßnahme T2a sollen vor allem spezifische Anforderungen von Arten und Gesellschaften der Teichbodenvegetation gesichert werden. Weiterhin ist mit dieser Maßnahme eine zielkonforme Bewirtschaftung von nach der FFH-Richtlinie als Lebensraumtypen und Arthabitate kartierten Teichen möglich. Die vorgegebenen Stauhaltungsvarianten beinhalten eine längere Trockenlegung des Teichþodens innerhalb der Vegetationszeit und schaffen damit ideale Lebensbedingungen zur Förderung der Arten der Teichbodenvegetation. Aus der Nutzung von ïeichen als K1-Teiche und ihrer traditionellen Vorbereitung mittels Gründüngung und Festmist ergeben sich wiederum Verhältnisse, die zum Beispiel für die Entwicklung der Larven der Rotbauchunke gute Voraussetzungen bieten. Mit der Maßnahme T3a sollen vor allem naturschutzfachlich wertvolle strukturreiche Teiche und gleichzeitig ihre spezifische Funktion als Lebensräume fur geschützte/gefährciete Tier- und Pflanzenarten sowie die biologische Vielfalt in Teichgebieten gesichert werden. Durch die Vorgabe des Zielertrages von maximal 400 Kilogramm/Hektar und die Einschränkung zur Düngung werden der Fraßdruck, die Wühltätigkeit sowie die Nährstoffzufuhr insgesamt reduziert und somit im Vergleich zu den T2-Artenschutzmaßnahmen eine extensivere Teichbewirtschaftung umgesetzt. Diese Bewirtschaftung kommt somit nicht nur teichgebundenen Arten, sondern der komplexen Okosystemausstattung zugute. Die vorgegebenen Stauhaltungsvarianten beinhalten Bespannungstermine und schaffen damit Voraussetzungen für die Entwicklung und Sicherung der Bestände trockenheits- beziehungsweise frostempfindlicher Arten. Damit sind die Teiche bereits zu Beginn der Laichperiode für Amphibien nutzbar. Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Mit der Bewirtschaftung der Rohrbacher Teiche nach auf spezifische Anforderungen differenzierten Verpflichtungen können so verschiedene Fachziele verfolgt werden. Die Maßnahmen im FFH-Gebiet ,,Rohrbacher Teiche und Göselbach" dienen in erster Linie dem Erhalt und der Entwicklung des FFH-Lebensraumtyps ,,Eutrophe Stillgewässer". Außerdem kommen die Maßnahmen diversen der im EU-Vogelschutzgebiet ,,Laubwaldgebiete östlich Leipzig" vorkommenden Vogelarten (zum Beispiel Kiebitz, Rohruveihe, Rothalstaucher) zugute, in welchem sich die Teiche befinden. Weiterhin dient der Mittelteich (T3a) gemäß Managementplan zum FFH-Gebiet als Habitat für den Kammmolch. Durch die Vorgaben sofortiger Wiederanstau nach Abfischung in Verbindung mit der Verpflichtung entsprechend Punkt 6.2 f) der Richtlinie TWN/2015 zur Schaffung von Voraussetzungen zur Bergung sowie zum Umsetzen oder Rückbesatz heimischer Wildfische und zum Umsetzen von Amphibienlaich oder Kaulquappen bei Abfischungen ist aus fachlicher Sicht davon auszugehen, dass auch bei einem Abfischtermin im Frühjahr die Amphibienpopulation nicht nachhaltig gefährdet wird. Die Vorgaben nach der Förderrichtlinie Teichwirtschaft und Naturschutz sind demzufolge g rundsätzlich geeig net, um artenschutzrechtliche Konfl ikte zu vermeiden. ln der betreffenden Teichgruppe sichert der mit der Stauhaltungsvariante 2 beantragte Teich sowie die nicht bewirtschafteten Teiche einen nahezu ganzjährigen Wasserstau als Ausweichhabitat für im Gebiet vorkommende an Wasser gebundene Arten wie zum Beispiel Amphibien. Frage 5: Existiert für die zeitintensive Umsiedlung von Laichballen in der naturnahen Teichbewirtschaftung eine besondere finanzielle Fördermöglichkeit und wenn ja, wird diese genutzt? Gemäß der Förderrichtlinie TWN/2015 Punkt 6.2 f) ist der Antragsteller mit Beantragung der Förderung zur Schaffung von Voraussetzungen zur Bergung sowie zum Umsetzen oder Rückbesatz heimischer Wildfische und zum Umsetzen von Amph ibien laich oder Kaulq uappen bei Abfischu ngen verpfl ichtet. Mit freundlichen Grüßen ln Vertretung z t Petra Seite 5 von 5 2018-07-26T13:53:49+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes