TAATSM11\11STER1UM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/13847 Thema: Neonazistischer „Zeitzeugenvortrag" am 14. April 2018 in Chemnitz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: Am 14. April 2018 veranstalteten Neonazis in Chemnitz einen sogenannten Zeitzeugenvortrag. Als Redner trat Abdallah Melaouhi in Erscheinung . Es nahmen ca. 70 Personen teil." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Der Fragesteller verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff „extreme Rechte". Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung Nummer I. in der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 verwiesen. Der Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 Verfassung des Freistaates Sachsen [SächsVerf]) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nr. 8 in Verbindung mit Nummer 3.3 und 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3380 Dresden, . Juli 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Bezüglich weiterer durchgeführter Veranstaltungen wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/11317 verwiesen. undlichen Grüßen Pfof. Dr. Roland VVöller Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens beteiligten Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen , die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essentiell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abgeordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung beteiligten Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Der Fragesteller begehrt weiterhin zum Teil Auskünfte über personenbezogene Daten, insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten. Personennamen unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 SächsVerf). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch des Fragestellers mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogener Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, sodass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 SächsVSG über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, als es hier nicht Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über das Objekt, in dem der Vortrag stattgefunden hat? Frage 2: Wer ist Eigentümer des Objektes und inwiefern bestehen Verbindungen des Eigentümers zur extremen Rechten bzw. inwieweit handelt es sich um eine Immobilie von Neonazis im Sinne der bundesweiten Definition der Ämter für Verfassungsschutz ? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Das Objekt ist als rechtsextremistisch genutzte Immobilie im Sinne der bundesweiten Definition des Verfassungsschutzverbundes zu bewerten. Die Voraussetzungen einer politisch ziel- und zweckgerichteten wiederkehrenden Nutzung basierend auf einer uneingeschränkten grundsätzlichen Zugriffsmöglichkeit aufgrund Eigentums sind in Bezug auf das o. g. Objekt gegeben. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.- Nr. 6/11317 verwiesen. Frage 3: Wer trat als Veranstalter des Vortrages in Erscheinung, zum welchem Inhalt sprach der Redner und inwiefern bestehen Verbindungen des Veranstalters zu politischen Parteien und Gruppierungen oder zu mittlerweile verbotenen Organisationen ? Durch das LfV Sachsen werden Personen, Vereinigungen, Organisationen und Parteien beobachtet, die von den Verfassungsschutzbehörden nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften als extremistisch eingestuft werden. Die Antwort auf die Frage nach Parteien, Gruppierungen oder Organisationen bezieht sich daher jeweils auf extremistisch eingestufte Beobachtungsobjekte im Sinne entsprechender verfassungsfeindlicher Bestrebungen gemäß §§ 2, 3 SächsVSG. An der Organisation bzw. Durchführung von „Zeitzeugenvorträgen" im Raum Chemnitz sind mehrere Einzelpersonen beteiligt, welche einer mittlerweile verbotenen rechtsextremistischen Gruppierung angehörten. Als Redner war der frühere Pfleger von Rudolf Heß, Abdallah MELAOUHI, zum Thema des Ablebens von Rudolf Heß angekündigt. Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung hinsichtlich weiterer durchgeführter oder geplanter Veranstaltungen von Neonazis in diesem Objekt? Über geplante Veranstaltungen in diesem Objekt liegen der Staatsregierung derzeit keine Erkenntnisse vor. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 2018-07-25T09:47:56+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes