STAATSMINISTERìUI\4 FÜR UN4WELT UND LANDWìRTSCHAFT SÂCHSISCHES STMTSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWlRTSCHAFT Postfach 1005 10 | 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindena u-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Gunter Wild (fraktionslos) Drs.-Nr.: 6113944 Thema:Kraniologische Untersuchungen sächsischer Wölfen am Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz der Senckenberg Gesellschaft Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Aktuell gibt es unterschiedliche Aussagen über die Durchführung kraniologischer Analysen von Wolfsschädeln. Offiziell werden durch das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz 9 Merkmale zur Unterscheidung zwischen Hund und Wolf angewendet. Je nachdem welche Anzahl an Merkmalen überwiegt, wird der Schädel der Kategorie Hund oder Wolf zugeordnet. ln der internationalen Forschung werden jedoch über 40 Merkmale zur Einschätzung untersucht, die darüber hinaus in starke und schwache eingeteilt sind." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Aussage des Abgeordneten Gunter Wild, dass ,,in der internationalen Forschung ... jedoch über 40 Merkmale zur Einschätzung untersucht" werden, ist unzutreffend (siehe Peters, G. (1993): Canis lupus Linnaeus, 1758 - Wolf. - ln: Stubbe, M., Krapp, F. (Hrsg.): Handbuch der Säugetiere Europas - Band 5, Teil l, AULA-Verlag, Wiesbaden: 45 - 106). Es kommt nicht darauf an, möglichst viele Merkmale zu verwenden, sondern dass die charakteristischen Merkmale - hier die Wolf und Hund trennenden Merkmale - beachtet werden. l5 FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-2000 Telefax +49 351 564-2009 poststelle@ sm ul.sachsen.de* lhr Zeichen lhre Nachricht vom Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-1050t2t218 01. &tcntulnllda &t gdrkh.bhl¡br.dm &r uMt uôd bddebt Hausanschr¡ft: Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße 1 01097 Dresden vvww.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7,8, 13 Für Besucher mit Behinderungen befinden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. * Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselta elektronische Dokumente Dresden, 1,6,01,10tî s¡mu1+ o <-(t(o Ò¡ @ o(\ Seite 1 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWìRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Frage l: Die im Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz bei kraniologischen Analysen untersuchten Merkmale werden in der kleinen Anfrage Drs. 6/13459 des Abgeordneten Gunter Wild aufgelistet. ln welchem Maße sind diese Merkmale zur Erkennung von Hybriden geeignet oder nur zur Unterscheidung zwischen Wolf und Hund und warum mi,issen trotz bei der kraniologischen Untersuchung eindeutig festgestellten Abweichungen von sicheren Merkmalen weitere molekulargenetischen U ntersuch u n ge n zuÍ Ü berprüfu ng der E rgebn isse beauftragt werden, obwohl das Risiko der Nichterkennung von Hybriden bei genetischen Untersuchungen in diesem Bereich ungleich höher ist, als bei kraniologischen Untersuchungen? Die Aussage, dass ,,das Risiko der Nichterkennung von Hybriden bei genetischen Untersuchungen in diesem Bereich ungleich höher ist, als bei kraniologischen Untersuchungen", ist nach dem bekannten Stand der Wissenschaft falsch. Demnach können mit molekulargenetischen Methoden Hybridisierungsereignisse mindestens bis in die dritte Hybridgeneration (- zweite Rückkreuzungsgeneration) sicher nachgewiesen werden. Die Methode ist deutlich präziser und höher auflösend als kraniologische Methoden. Wolfsschädel weisen eine geringe Variabilität in der Ausprägung der qualitativen Merkmale auf. Sollten sehr sichere Merkmale, wie die Ausformung der Paukenblase (Bulla tympanica) nicht wolfstypisch ausfallen, könnte deshalb ein Wolf-Hund-Mischling vermutet werden, und es wird eine molekulargenetische Untersuchung veranlasst. Allein mit einer Bewertung der Schädel können zwar Anhaltspunkte für Hybridisierung festgestellt werden, die endgültige Bestätigung erbringt aber die molekulargenetische Untersuchung. Frage 2: In welchem Umfang werden die kraniologischen Untersuchungsergebnisse des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz mit externen Kran iolog ie-Sachverständ igen abgeg lichen ? (Bitte An gabe mit welchen Sachverständigen im Bereich der Kraniologie gearbeitet wird und an welchen lnstitutionen diese arbeiten.) Eine Abgleichung speziell der Untersuchungen an den Wolfsschädeln ist bislang nicht erfolgt, weil kein Zweifel an der Richtigkeit der Ergebnisse bestand. Frage 3: Die Verantwortlichen des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz erklärten das wolfsähnliche Tier, welches im November 2017 ln Meißen überfahren wurde, zum Hund, da der überwiegende Anteil der untersuchten I Merkmale einem Hund entsprachen. Daraus lässt sich schließen, dass der Schädel auch wolfstypische Merkmale aufwies. Welche untersuchten Merkmale des Ganidenschädels waren wolfstypisch und aus welchem Grund lässt sich daraus nicht schließen, dass es sich um einen Hybriden handelt? Seite 2 von 4 STAATSTVI ì N I STERI U IVI FÜR UMWELT UND LANDWìRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Der Schluss, dass der Schädel auch wolfstypische Merkmale aufwies, ist unzutreffend. Es wird auf die Antwort zu Frage 2 Drs.-Nr.: 6113129 venruiesen. Der betreffende Kanidenschädel zeigt bei acht von neun qualitativen Merkmalen eine hundetypische Ausprägung. Das neunte Merkmal ist nicht bewertbar, da es doppelt angelegt ist (Canalis incisivus). Kein Merkmal spricht für eine Vermischung mit einem Wolf. Frage 4: Aus welchem Grund besitzt das Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz keinen Null-Referenzschädel eines Wolfes für den Abgleich der kraniologischen Analysen und weshalb werden diese kraniologischen Analysen ohne diesen Null-Referenzschädel aus Steuergelder finanziert, obwohl dieser als wissenschaftlicher Standard und Mindestqualitätssicherung bei kraniologischen Untersuchungen gilt? Der Terminus ,,Null-Referenzschädel" ist in der wissenschaftlichen Literatur nicht gebräuchlich. Vermutlich ist ein Vergleichsschädel eines Wolfes mit typischer Ausprägung der trennenden Merkmale gemeint. Das Senckenberg Naturkundemuseum Görlitz arbeitet mit Vergleichsschädeln von Wölfen, Hunden und Mischlingen. Dies bildete zum Beispiel die Grundlage der Studie von Jähde, M. & H. Ansorge (2015): Kraniologische Analyse zur Unterscheidung von Wolf und Hund einschließlich ihrer Hybriden. - Beitr. Jagd- und Wildforsch. 40 433 - 446. Es ist wissenschaftlich nicht vertretbar, sich nur auf einen einzelnen Schädel zu stützen. Frage 5: Wann wird beabsichtigt die offensichtlichen Widersprüche in Bezug auf die Aussagefähigkeit der Analysemethoden des Senckenberg Museumfür Naturkunde GörliE und den damit getroffenen Aussagen aufzuklären sowie die kraniologischen Untersuchungsergebnisse an schädeln sächsischer wölfe durch externe Dritte zu bestätigen? Falls es derartige Bemühungen bereits gab, durch welche Sachverständige im Bereich der kraniologischen Untersuchungen von Wölfen wurden die Untersuchungsergebnisse und die Analyseverfahren des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz überprüft sowie bestätigt? Die Aussage über,,offensichtliche Widersprüche in Bezug auf die Aussagefähigkeit der Analysemethoden des Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz" kann nicht nachvollzogen werden. Weder der Staatsregierung noch dem Senckenberg Naturkundemuseum ist eine wissenschaftliche lnstitution bekannt, welche die Ergebnisse der Senckenberg-lnstitute aus Morphologie und Genetik anzweifelt. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUIVI FÜR UI4WELT UND LANDWìRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Die Untersuchung der Schädel von Säugetieren ist eine der Hauptforschungsrichtungen der Abteilung Zoologie im Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz. Seit über 30 Jahren werden kraniometrische und kraniologische Untersuchungen an verschiedenen Arten absolviert. Die entsprechende Expertise ist im deutschsprachigen und internationalen Schrifttum mit über 30 Fachartikeln gut dokumentiert. Ein großer Teil davon ist in internationalen wissenschaftlichen Journalen erschienen, die nach dem peer review System arbeiten. Dazu wird jeder Artikel von mindestens zwei unabhängigen Gutachtern geprüft, die als renommierte Wissenschaftler auf ihrem Forschungsgebiet bekannt sind. Dieser in der Natunuissenschaft üblichen Methode der ,,Qualitätssicherung" stellt sich Senckenberg regelmäßig. Mit freundlichen Grüßen ß-, Thomas Schmidt Seite 4 von 4 2018-07-30T09:43:12+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes