STAATSIVIINISTERLUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/13969 Thema: Nicht vollstreckte Haftbefehle in Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: In der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Drucksache 19/2914) werden für Sachsen 6.172 nicht vollstreckte Haftbefehle ausgewiesen. Damit ist Sachsen unter den neuen Bundesländern mit Abstand das Land mit den meisten offenen Haftbefehlen. Unter allen Bundesländern liegt Sachsen in der Statistik im oberen Mittelfeld ." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Zu den angefragten Betrachtungszeiträumen liegen keine entsprechenden Statistiken vor. Die retrograde Erhebung über den Vollstreckungszustand eines Haftbefehles ist ebenso nicht möglich. Eine Aussage kann nur zu einem Stichtag aktuellen Datums getroffen werden. Frage 1: Wie viele Haftbefehle waren in Sachsen jeweils zum Stichtag 31. Mai in den Jahren 2013 bis 2018 nicht vollstreckt? Mit Datenbestand vom 10. Juli 2018 waren insgesamt 6.239 sächsische Haftbefehle im Sinne der Fragestellung nicht vollstreckt_ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/57/1 Dresden, 31. Juli 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern VVilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 2: Wie viele der Haftbefehle nach Ziffer 1 waren jeweils welches Jahr jeweils welchen Phänomenbereichen der PMK zuzuordnen? Es wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage 3 der Kleinen Anfrage Drs.- Nr. 6/13688 sowie auf die Antworten der Staatsregierung auf die regelmäßig wiederkehrenden thematisch ähnlichen Kleinen Anfragen (zuletzt Drs.-Nr. 6/13318) verwiesen . Frage 3: Wie viele der Haftbefehle nach Ziffer 1 betrafen pro Jahr sog. Ersatzfreiheitsstrafen und entwichene Strafgefangene? Bei zwei Haftbefehlen handelt es sich um entwichene Strafgefangene. 5.099 Haftbefehle sind der Anlassart „Strafvollstreckung" zuzuordnen. Unter dieser Anlassart werden auch Ersatzfreiheitsstrafen erfasst. Im Weiteren wird von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen (Sächs- Verf) ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten . Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet , bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Eine detailliertere Unterscheidung zwischen Ersatzfreiheitsstrafen und anderen Gründen der Strafvollstreckung wird statistisch nicht erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern alle 5.099 in Frage kommenden Haftbefehle händisch ausgewertet werden. Wenn man einen Zeitansatz von 15 Minuten für die Auswertung eines Vorganges ansetzt, wären dies über 1.200 Stunden für die Auswertung aller Vorgänge . Bei einer 40 -Stunden -Woche wäre ein Sachbearbeiter über 31 Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage 4: Worin liegen die Gründe für die hohe Anzahl nicht vollstreckter Haftbefehle in Sachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern? Bereits die Feststellung des Fragestellers, die Anzahl nicht vollstreckter Haftbefehle in Sachsen sei im Vergleich zu anderen Bundesländern hoch, stellt für die Staatsregierung eine nicht nachvollziehbare Bewertung dar. Insofern ist auch die Frage nach Gründen für eine angeblich hohe Anzahl nicht vollstreckter Haftbefehle in Sachsen im Vergleich zu anderen Bundesländern auf eine Bewertung gerichtet. Von der Abgabe einer Bewertung wird abgesehen. Gemäß Art. 50 SächsVerf ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht der Staatsregierung nach Art. 50 SächsVerf entspricht das Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Art. 51 SächsVerf. Das Fragerecht kann jedoch nicht dazu dienen, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). rof. 7Mi unci llichin Grüßen 7 , 4 (.....4 Dr. Roland Wöller Freistaat SACHSEN Seite 3 von 3 2018-07-31T10:18:25+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes