STAATSMINISTERIUN4 DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstraße 7 101097 Dr€sden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Klaus Bartl (DlE LINKE) Drs.-Nr.: 6114064 Thema: Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,ln ihrer Ausgabe vom 18. Juni 2018 berichtet die Chemnitzer "Freie Presse" in einem Artikel mit dem Titel "Weniger Geld von der Justiz", dass von den 43n2 Millionen €, die im Jahr 2017 an Geldstrafen und -auflagen durch die sächsische Justiz verhängt wurden, nur 23,7 Millionen € tatsächlich gezahlt wurden und verweist auf die Möglichkeit der Ersatzfreiheitsstrafe. lm Jahr 2017 haben laut Freier Presse 3700 Personen eine solche Strafe angetreten, weil sie eine Geldstrafe nicht zahlen konnten oder wollten. Allerdings kann eine solche Strafe ebenso durch gemeinnützige Arbeit abgewendet bzw. verbüßt werden. Dies muss durch die Täter*in bei der zuständigen Staatsanwaltschaft beantragt werdenn die diese dann wiederum an eine gemeinnützige Einrichtung vermittelt." Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 1500 Telefax +49 351 564 1509 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzelchen (bitte bei Antwort angeben) 1040Et13t1272 - KLR ñf'l-\Vriï w Dresden. @ Auoust 2018 TOB MIT , a ' JUS'NZVOLI.ZUCSBEAMIE IJUI,I'U'JOB-M ¡T-'.DE Hausanschr¡ft: Sächsisches Staatsmin¡sterlum der Justlz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu eneichen mit Straßenbahnl¡nien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 "Zugang tür eleklronisch sign¡erts sowie lür verschlüsselts elsktronische Dokumente nur über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungsposlach; nåhers lnformâlionen unter w.egvp.de Seite 1 von 7 STAATSMINISTERIUI\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele solcher Anträge wurden im Zeitraum von 2014 bis 2017 bei den Staatsanwaltschaften in Sachsen gestellt und wie viele einen solchen Antrag stellende Verurteile wurden an gemei nnützi ge Einrichtungen vermittelt? Von einer vollständigen Beantwortung der Frage wird wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufwandes abgesehen. Die durch den Abgeordneten erfragten lnformationen, wie viele Anträge auf Abwendung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit im abgefragten Zeitraum gestellt wurden und wie viele Antragsteller an eine gemeinnützige Einrichtung vermittelt werden konnten, liegen der Staatsregierung nicht unmittelbar vor. Diese können auch nicht durch eine elektronische Recherche erlangt werden. Vor dem Hintergrund der Papieraktenführung im Straf- und Strafvollstreckungsverfahren sind die von dem Abgeordneten abgefragten lnformationen in den Datenbanken der Sächsischen Staatsanwaltschaften nicht erfasst. lm Wege einer elektronischen Datenbankrecherche lässt sich ausschließlich Auskunft über die Anzahl der Personen, gegen die die Vollstreckung einer Geldstrafe eingeleitet wurde, über die Zahl der Personen, welche die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ganz oder teilweise durch unentgeltliche gemeinnützige Tätigkeit abgewendet haben und über Zahl der Tage der Ersatzfreiheitsstrafe, deren Vollstreckung durch unentgeltliche gemeinnützige Tätigkeit abgewendet wurde, gewinnen. Eine vollständige Beantwortung der Frage wäre daher nur möglich, wenn man alle Akten zu Strafverfahren, in denen Personen zu einer Geldstrafe verurteilt wurden, händisch auswerten würde. Dies betrifft für den abgefragten Zeitraum insgesamt 1 34.7 16 Verfahrensakten. Seite 2 von 7 STAATSI\4INISTERIUN4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ñE!-\YTffi\ary Eine solche Auswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschatten erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschattlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Dies zugrunde gelegt, wird der bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt 134.716 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens 8.420 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter geschätzt. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur vollständigen Beantwortung der Frage erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine vollständige Beantwortung der Frage würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten in sächsischen Staatsanwaltschaften , die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis, dass eine vollständige Beantwortung der Frage unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. Ungeachtet dessen - und um dem parlamentarischen lnformationsinteresse so weit wie möglich zu entsprechen - sind in der tabellarischen Übersicht in der Anlage zumindest diejenigen lnformationen dargestellt, die im Wege einer elektronischen Datenbankabfrage recherchierbar sind. Auf die tabellarische Übersicht in der Anlage nehme ich insoweit Bezug Seite 3 von 7 STAATSMINISTERIUI\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ß&t-\\EtflhÍl5Nffi\!!ry Darüber hinaus wird die Anzahl derjenigen Fälle, bei denen der Soziale Dienst der Justiz durch die Staatsanwaltschaften mit der Vermittlung einer entsprechenden Einsatzstelle beauttragt wurde, statistisch erfasst. Hierbei handelt es sich um 4.098 Fälle im Jahr 2014,3.688 Fälle im Jahr 2015, 3.075 Fälle im Jahr 2016 und 2.877 Fälle im Jahr 2017. Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass nur bei einem Teil der Verfahren, in denen die Staatsanwaltschaft die Ableistung von Arbeit zur Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe bewilligt, tatsächlich der Soziale Dienst der Justiz mit der Vermittlung einer entsprechenden Einsatzstelle beauftragt wird. Frage 2: Falls die Antrags- und Vermittlungszahlen im Zeitraum von 2014 bis 2017 tatsächlich in der Tendenz rückläufig waren, welche Gründe liegen hierfür vor? Die in der Anlage zu Frage 1 dargestellte statistische Auswertung zeigt, dass die Zahl derjenigen Personen, die die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ganz oder teilweise durch gemeinnützige Arbeit abgewendet haben, tatsächlich zurückgegangen ist. Ob die Antrags- und Vermittlungszahlen selbst zurückgegangen sind, kann wegen des hierfür unverhältnismäßigen Aufwands, wie bei Frage 1 dargelegt, nicht beantwortet werden. Gesicherte Erkenntnisse dazu, warum die Anzahl derjenigen Personen, die die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrate ganz oder teilweise durch gemeinnützige Arbeit abgewendet haben, zurückgegangen ist, liegen der Staatsregierung nicht vor. Eine Ursache dürfte jedoch in dem Rückgang der Zahl der Personen, gegen die die Vollstreckung einer Geldstrafe eingeleitet wurde, zu suchen sein, Frage 3: Wie viel Zeit vergeht durchschnittlich zwischen dem Eingang des Antrags eines Verurteilten und der Überweisung an den Sozialen Dienst der Justiz durch die jeweilige Staatsanwaltschaft bzw. vom Sozialen Dienst der Justiz zu einer gemeinnützigen Einrichtung, wo die gemeinnützige Arbeit dann schlussendlich abgeleistet wird? Se¡te 4 von 7 STAATSI\4 I N I STERI U I\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ßEr-\Ërf w Von einer Beantwortung der Frage wird ebenfalls wegen des hierfür erforderlichen unverhältnismäßigen Aufwandes abgesehen. Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse liegen der Staatsregierung nicht unmittelbar vor. Erkenntnisse dazu, wie viel Zeit durchschnittlich zwischen dem Antrag eines Verteilten und der Überweisung an den Sozialen Dienst der Justiz vergeht, können auch nicht im Wege einer elektronischen Datenbankrecherche gewonnen werden, da diese Angaben in den Datenbanken der sächsischen Staatsanwaltschaften nicht erfasst werden. Eine Beantwortung der Frage wäre wiederum nur möglich, wenn man alle Akten zu Strafverfahren , in denen Personen zu einer Geldstrafe verurteilt wurden, händisch auswerten würde. Dies betrifft für den abgefragten Zeitraum insgesamt 134.716 Verfahrensakten. Auf die Antwort zu Frage 1 nehme ich im Übrigen umfassend Bezug. Der Zeitraum zwischen dem Auftragseingang beim Sozialen Dienst der Justiz und der Überweisung zu einer gemeinnützigen Einrichtung, in der die Arbeit dann schlussendlich abgeleistet wird, wird ebenfalls statistisch nicht erfasst. lm Regelfall kann dies innerhalb von circa vier Wochen erfolgen. Wenn jedoch Verurteilte nicht oder nicht zeitnah auf Anschreiben des Sozialen Dienstes der Justiz reagieren und auch in der weiteren Zusammenarbeit unzuverlässig sind, kann dieser Zeitraum auch länger sein. Belastbare Aussagen würden sich nur durch eine manuelle Auswertung der vom Sozialen Dienst der Justiz geführten Akten ergeben. Dies betrifft 4.098 Akten für das Jahr 2014,3.688 Akten für das Jahr 2015, 3.075 Akten für das Jahr 2016 und 2.877 für das Jahr 2017. Diese Auswertung würde dadurch erschwert, dass nicht selten in einem Verfahren mehrere Einsatzstellen durch den Verurteilten aufgesucht werden und bei einer Nichtaufnahme der Arbeit bzw. einem Abbruch der Arbeit erneut Einsatzstellen vermittelt werden müssen. Für die Auswertung einer Akte ist daher ein durchschnittlicher Arbeitsaufwand von mindestens 15 Minuten zu veranschlagen. Dies zugrunde gelegt wird der für die händische Auswertung von insgesamt 13.738 Akten anfallende zeitliche Aufwand auf mindestens 429 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter geschätzt. Seite 5 von 7 STAATSIMINISTERIUIVI DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ßEt-\H w Eine solche manuelle Aktenauswertung wäre nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand möglich, der ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit des Sozialen Dienstes der Justiz in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten wäre. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur vollständigen Beantwortung der Frage erforderliche Aufwand offensichtlich nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine Beantwortung würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten des Sozialen Dienstes der Justiz binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis, dass eine vollständige Beantwortung der Frage unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. Frage 4: Klären die Staatsanwaltschaften auch aus eigener lnitiative die Verurteilten über die Möglichkeit der Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen durch gemeinnützige Arbeit auf? Der zu einer Geldstrafe Verurteilte erhält durch die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft zwei Hinweise zu der Möglichkeit der Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe, zuerst in der Kostenrechnung und sodann nochmals mit der Ladung zum Strafantritt der Ersatzf reiheitsstrafe. Frage 5: Wie steuert die Staatsregierung dem Trend entgegen, dass angesichts des tendenziell schwieriger werdenden Klientel immer weniger Kommunen und Vereine dazu bereit sind, in ihren Bereichen Verurteilten die Ableistung gemeinnütziger Arbeit zur Vermeidung einer Ersatzfreiheitsstrafe zu ermöglichen? Seite 6 von 7 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN I ñEt-I\jsHlw Stichhaltige Belege dafür, dass die Verurteilten, die Arbeit zur Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe leisten, tendenziell schwieriger werden, sind der Staatsregierung nicht bekannt. Auch ein allgemeiner Trend, dass immer weniger Kommunen oder Vereine dazu bereit sind, in ihren Bereichen Verurteilten die Ableistung von Arbeit zur Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen zu ermöglichen, ist der Staatsregierung nicht bekannt . Beim Sozialen Dienst der Justiz sind ausreichend geeignete Einsatzstellen bei Kommunen und Vereinen registriert. Allen Verurteilten, die bereit sind, Arbeit zur Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe zu leisten, kann eine Einsatzstelle vermittelt werden. lnsofern erscheint, hinsichtlich der in Frage 5 aufgeworfenen Problematik ein Gegensteuern der der Staatsregierung nicht veranlasst. Mit freundlichen Grüßen inV n Anlage tabellarische Ubersicht zu Frage 1 Seite 7 von 7 Anlage zu Frage 1 (Drs. 6/14064) gesamt Chemnitz Dresden Görlitz Leipzig Zwickau Jahr 2014 35.733 7.440 8.895 4.824 10.635 3.939 Jahr 2015 34.401 7.354 8.288 4.595 10.330 3.834 Jahr 2016 32.968 7.145 8.004 4.184 10.098 3.537 Jahr 2017 31.614 6.759 7.590 4.173 9.848 3.244 gesamt Chemnitz Dresden Görlitz Leipzig Zwickau Jahr 2014 3.726 704 961 567 1.032 462 Jahr 2015 3.923 740 1.070 587 1.033 493 Jahr 2016 3.673 690 980 525 1.032 446 Jahr 2017 3.288 593 852 441 955 447 gesamt Chemnitz Dresden Görlitz Leipzig Zwickau Jahr 2014 127.269 25.611 31.032 20.989 34.714 14.923 Jahr 2015 134.606 26.051 32.985 23.153 36.060 16.357 Jahr 2016 128.681 24.216 31.558 21.014 37.043 14.850 Jahr 2017 114.099 20.926 28.751 16.382 33.176 14.864 Zahl der Tage der Ersatzfreiheitsstrafe, deren Vollstreckung durch unentgeltliche gemeinnützige Tätigkeit abgewendet wurde Staatsanwaltschaft Zahl der Personen, gegen die eine Geldstrafe verhängt wurde Staatsanwaltschaft Zahl der Personen, welche die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe ganz oder teilweise durch unentgeltliche gemeinnützige Tätigkeit abgewendet haben Staatsanwaltschaft KA6-14064 KA6-14064_Anlage 2018-08-01T14:12:01+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes