STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/14068 Thema: Behördliche Kontrollen von Motorradlärm im Freistaat Sachsen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „In vielen Gegenden Sachsens, insbesondere in den touristisch geprägten Mittelgebirgsgegenden, fühlen sich Bürgerinnen und Bürger während der Sommermonate, insbesondere an Wochenenden und Brückentagen, durch unzumutbaren Motorradlärm belastet. Nach Schätzungen sind ca. 30 % der zugelassenen Motorräder aufgrund technisch veränderter Auspuffanlagen, z.B. in Form von abschaltbaren Klappenschalldämpfern oder auch durch Zykluserkennung, zu laut. Die Überwachung und Ahndung von Verstößen gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften obliegt nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes den Ländern. D. h., dass die zuständigen Behörden der Länder in eigener Verantwortung darüber entscheiden, ob, wo, wie oft und mit welchem erforderlichen Einsatz von Personal oder technischen Hilfsmitteln Überwachungsmaßnahmen durchgeführt werden." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Kontrollen von Motorrädern im Straßenverkehr auf Einhaltung der Lärmemission erfolgten im Freistaat in den vergangenen drei Jahren? Der Polizeivollzugsdienst des Freistaates Sachsen (PVD) führt regelmäßig Kontrollen von Motorrädern —auch auf Einhaltung der Lärmemission — Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/57/59 Dresden, 8. August 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6, 7,8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN 9115 durch. Die Anzahl kontrollierter Motorräder wird in der verkehrspolizeilichen Statistik jedoch nicht gesondert erfasst und kann nicht recherchiert werden. Frage 2: In wie vielen Fällen wurden in den vergangenen drei Jahren aufgrund von Überschreitung der zulässigen Lärmemission nach Kenntnis der Staatsregierung Bußgelder verhängt bzw. die Betriebserlaubnis entzogen? Mit Blick auf die Fragestellung ist darauf hinzuweisen, dass für das Verhängen eines Bußgeldes die jeweilige Bußgeldbehörde und für die Entziehung der Betriebserlaubnis die jeweilige Zulassungsbehörde zuständig ist. Beide Verfahren können zwar gleichzeitig aufgrund des gleichen Sachverhaltes eingeleitet werden, sind jedoch getrennt zu betrachten. Die Anzahl eingeleiteter Ordnungswidrigkeitenverfahren im Sinne der Fragestellung wird statistisch nicht erfasst. Die mittels Recherchen der sächsischen Bußgeldbehörden ermittelten Angaben sind in der folgenden Übersicht dargestellt. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass für Überschreitungen der Lärmemission — insbesondere in Abhängigkeit der Ursache — verschiedene Tatbestände und damit verschiedene Ahndungen in Betracht kommen. Zudem sind einzelne Vorgänge aufgrund abgelaufener Löschfristen im erfragten Zeitraum nicht mehr recherchierbar. Vor diesem Hintergrund sind die Angaben nur bedingt vergleich- und belastbar. Freistaat SACHSEN Bußgeldbehörde (Landkreis/Kreisfreie Stadt) Zeitraum Anzahl Verfahren Bautzen 01.01.2015 bis 31.12.2017 0 Chemnitz, Stadt 01.01.2015 bis 31.12.2017 50 Dresden, Stadt 01.01.2016 bis 31.12.2017 17 Erzgebirgskreis 30.06.2015 bis 30.06.2018 38 Görlitz 01.01.2015 bis 31.12.2017 0 Leipzig 01.01.2015 bis 31.12.2017 0 Leipzig, Stadt 01.01.2015 bis 30.06.2018 11 Meißen nicht recherchierbar Mittelsachsen 01.01.2015 bis 31.12.2017 13 Nordsachsen 23.07.2015 bis 23.07.2018 8 Sächsische Schweiz- Osterzgebirge 10.07.2015 bis 18.07.2018 53 Vogtlandkreis 01.01.2015 bis 31.12.2017 0 Zwickau 01.01.2015 bis 31.12.2017 10 Zentrale Bußgeldstelle 01.01.2016 bis 23.07.2018 3 Im Weiteren wird von einer Beantwortung abgesehen. Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse hinsichtlich der Entziehung der Betriebserlaubnis liegen der Staatsregierung nicht unmittelbar vor. Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN AP1 1 IM Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Alle Verwaltungsverfahren bezüglich der angezeigten technischen Mängel an Fahrzeugen werden durch die Zulassungsbehörden in den jeweiligen Fachverfahren (OK- Vorfahrt, IKOL) mit einem Bearbeitungsvorgang erfasst. Im Vorgang selbst wird der spezielle technische Mangel als Text eingepflegt. Eine automatisierte Recherche in den Fachverfahren nach diesen erfassten Texten, um die Fallzahlen zu einem speziellen Sachverhalt (hier Nichteinhaltung der Lärmemission bei Motorrädern) zu filtern, ist dabei in der Regel nicht möglich. Eine manuelle Statistik wird nicht geführt. Für den Freistaat Sachsen ist es aufgrund der knappen Personalressourcen in den Zulassungsbehörden gleichfalls nicht möglich, aus den dortigen Bearbeitungsvorgängen der letzten drei Jahre eine zeit- und arbeitsintensive händische Recherche zu den gewünschten Angaben durchzuführen. Der durchschnittliche Zeitaufwand wird für die betroffenen Zulassungsbehörden auf insgesamt mindestens 320 Stunden geschätzt. Ausgehend von einer 40 -Stunden -Woche wäre daher die vollständige Abstellung zweier Mitarbeiter für die Aufgabe notwendig, um die Frage innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitraums von vier Wochen zu beantworten. Diese Mitarbeiter könnten währenddessen keinerlei andere Aufgaben wahrnehmen. Eine solche Auswertung wäre aufgrund der Fragestellung zwingend erforderlich, um die Verwaltungsverfahren herauszufiltern , die aufgrund einer festgestellten erhöhten Lärmemission speziell zum Erlöschen bzw. zum Entzug der Betriebserlaubnis bei Motorrädern geführt haben oder für die ein entsprechendes Sachverständigengutachten vom Fahrzeughalter eingefordert wurde. Dieser personelle Aufwand erscheint zur Beantwortung der einzelnen Fragen aus Sicht der Staatsregierung unverhältnismäßig. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung andererseits zu dem Ergebnis, dass eine vollständige Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung nicht zu leisten ist. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 5 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Frage 3: Wie kann von der Polizei bei Straßenverkehrskontrollen nach aktueller Gesetzeslage eine Geräuschgrenzwertüberschreitung bei Standgeräuschen und Vorbeifahrtgeräuschen nachgewiesen werden? Der PVD führt unter Beachtung der Richtlinie zur Standgeräuschmessung vom 9. März 2006 (VkBI Seite 338) Überprüfungen des Standgeräusches mittels geeichter Geräuschpegelmesser und —sofern erforderlich —Drehzahlmessgeräte durch. Die Messwerte werden mit dem Eintrag im Feld U.1 der Zulassungsbescheinigung Teil I verglichen. Eine festgestellte Überschreitung des Standgeräusches wird protokolliert und stellt ein Indiz für eine Unvorschriftsmäßigkeit der Schalldämpferanlage dar. Für eine entsprechende Ahndung sind weitere Prüfungen dahingehend erforderlich, ob gegebenenfalls eine unzulässige Veränderung, ein Defekt und/oder Verschleiß der Anlage ursächlich sind. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem in der Zulassungsbescheinigung Teil I eingetragenen Wert des Standgeräusches nicht um einen gesetzlichen Grenzwert handelt. Das Standgeräusch wird im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens lediglich ermittelt. Für Fahrgeräusche wurden hingegen mit der Verordnung (EU) 168/2013 und deren Vorgängerrichtlinien Grenzwerte im Typgenehmigungsverfahren eingeführt und schrittweise verringert. Bei Erfordernis einer Fahrgeräuschmessung werden amtlich anerkannte Sachverständige beauftragt. Frage 4: Welcher personeller Aufwand ist dafür erforderlich? Belastbare Aussagen im Sinne der Fragestellung können nicht getroffen werden. Ungeachtet dessen wird der zeitliche Aufwand eines Polizeibediensteten für die Durchführung einer Standgeräuschmessung ohne Aufwendungen für die Sachbearbeitung auf zehn Minuten geschätzt. Frage 5: Wie oft wurde während der letzten drei Jahre im Nachgang der Einleitung von diesbezüglichen Ordnungswidrigkeitsverfahren von den zuständigen Verwaltungsbehörden die Beibringung eines Sachverständigengutachtens oder die Vorführung zur Begutachtung angeordnet? Mit Blick auf die Fragestellung und unter Verweis auf die Antwort auf die Frage 2 ist darauf hinzuweisen, dass die Beibringung eines Sachverständigengutachtens im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens von der jeweiligen Bußgeldbehörde oder im Rahmen der Entziehung der Betriebserlaubnis von der jeweiligen Zulassungsbehörde angeordnet werden kann. Ersteres dient der Beweisführung im Ordnungswidrigkeitenverfahren , letzteres dient dem Nachweis der Vorschriftsmäßigkeit des Fahrzeuges. Die Bußgeldbehörden haben im erfragten Zeitraum keine entsprechenden Begutachtungen angeordnet. Hinsichtlich angeordneter Begutachtungen der Zulassungsbehörden wird mit Verweis auf die Antwort auf die Frage 2 von einer Beantwortung abgesehen. Freistaat SACN SEN Seite 4 von 5 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Freistaat Im Regelfall wird bei der Feststellung einer unvorschriftsmäßigen Schalldämpferanlage — getrennt zur Verfolgung der Ordnungswidrigkeit — ein sogenanntes Mängelverfahren eingeleitet. Dabei stellt der PVD dem Betroffenen eine Mängelkarte mit der Aufforderung zur Mängelbeseitigung aus und übersendet eine Ausfertigung an die Zulassungsbehörde . Sofern der Betroffene die Mängelbeseitigung nicht fristgerecht bei der Zulassungsbehörde nachweist, kann diese Maßnahmen gemäß § 5 Fahrzeug -Zulassungsverordnung anordnen. Die Anzahl der vom PVD ausgestellten Mängelkarten wird statistisch lediglich insgesamt und nicht nach Art des Mangels erfasst. ndlichenArüßen Plofi Dr. Roland Wöller Seite 5 von 5 2018-08-09T08:59:18+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes