SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER FINANZEN Postfach 100 948 1 01076 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Ronald Pohle (CDU) Drs.-Nr.: 6/14100 STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN Thema: Abtretungen nach Umsatzsteuergesetz (UStG) § 13b hinsichtlich der Umkehr der Umsatzsteuerlast und der damit im Zusammenhang stehenden, rückwirkenden Geltendmachung infolge der Änderung des Umsatzsteuergesetzes im Jahr 2014 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie fo lgt: Vorbemerkung : Offensichtlich bezieht sich die Kleine Anfrage auf die Abtretungsregelung nach § 27 Absatz 19 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ; die in der Kleinen Anfrage genannte Norm des § 13b UStG enthält keine Abtretungsregelung. § 27 Absatz 19 Sätze 3 und 4 UStG lässt ausnahmsweise zu, eine geschuldete Umsatzsteuer durch Abtretung einer zivilrechtlichen Forderung an das Finanzamt an Zahlungs statt zu tilgen . Hintergrund ist die von der Auffassung der Finanzverwaltung abweichende Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Steuerschuldnerschaft in Bezug auf die Umsatzsteuer für bestimmte Bauleistungen. Während nach der früheren Verwaltungsauffassung insoweit der Leistungsempfänger nach § 13b UStG die Umsatzsteuer schuldete, entschied der BFH im Urtei l vom 22. August 2013, Aktenzeichen V R 37/10, dass für entsprechende Bauleistungen der leistende Unternehmer Steuerschuldner sei. SS~CHsEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 31 -S0354/19/33-2018/35641 Dresden, /\'1 . August 2018 Zertifikat seit 2013 audit berufundfamilie Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium der Finanzen Carolaplatz 1 01097 Dresden Telefon +49 351 564 4000 Telefax +49 351 564 4009 minister@smf.sachsen.de* www.smf.sachsen.de Verkehrsverbindung : Zu erreichen mit den Straßenbahnl inien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaplatz Für Besucher mit Behinderungen befinden sich Parkplätze im Innenhof. Bitte beim Pförtnerdienst melden. *Kein Zugang für versdllüsselte elektronische Dokumente. Zugang für qualifiziert elektronisch signierte Dokumente nur unter den auf www.smf.sachsen.de/eSignatur.html vermerkten Voraussetzunoen. STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN SSACHsEN Durch eine Nichtbeanstandungsregelung wurde den Betroffenen ermöglicht, es für bis zur Veröffentlichung dieses Urteils (im Bundessteuerblatt vom 14. Februar 2014) verwirklichte Sachverhalte bei der bisherigen Handhabung (Tragung der Umsatzsteuer durch den Leistungsempfänger) zu belassen. Für den Fall, dass der Leistungsempfänger abweichend hiervon die Erstattung der entrichteten Umsatzsteuer forderte , wurde im Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 25. Juli 2014 (BGBI. 1 S. 1266) in § 27 Absatz 19 UStG zum einen geregelt, dass die Steuerfestsetzung des leistenden Unternehmers entsprechend zu seinen Lasten geändert werden kann . Zum anderen sollte es dem leistenden Unternehmer aber im Regelfall aus Vertrauensschutzgründen ermöglicht werden, die nun ihm auferlegte Umsatzsteuerlast statt durch Zahlung durch Abtretung des ihm gegen den Leistungsempfänger zustehenden Anspruchs auf Zahlung der gesetzlich entstandenen Umsatzsteuer zu tilgen . Die Regelung ist von dem Gedanken getragen, dass die Finanzbehörden anschließend mit der vom leistenden Unternehmer durch Abtretung erworbenen zivilrechtlichen Forderung gegen den Umsatzsteuererstattungsanspruch des Leistungsempfängers aufrechnen können, um Steuerausfälle zu vermeiden. Frage 1: Wie viele Abtretungsverträge wurden seit 2014 von sächsischen Finanzämtern mit sächsischen Unternehmen in o.g. Zusammenhang abgeschlossen ? Von einer Beantwortung muss abgesehen werden. Die zur Beantwortung der Fragen notwendigen Erkenntnisse liegen der Staatsregierung nicht unmittelbar vor. Mangels entsprechender Aufzeichnungen bei den Finanzämtern und wegen unzureichender elektronischer Auswertungsmöglichkeiten ist eine entsprechende Datenerhebung mit zumutbarem Aufwand nicht möglich. Die Finanzämter führen keine Aufzeichnungen über die Anzahl von Abtretungsverträgen i. S. des § 27 Absatz 19 Sätze 3 und 4 UStG. Seite 2 von 4 STAATSMlNlSTERlUM DER FlNANZEN ~SACHsEN Mittelbar ließe sich das erfragte Datum in einem ersten Schritt anhand eines Merkmals, die die Tilgung mittels Forderungsabtretung bei der elektronischen Verarbeitung hinterlässt , ermitteln, da bei Annahme der Abtretung noch keine endgültige Ist-Buchung, sondern eine sog. technische Stundung vorgenommen wird. Technische Stundungen werden aber auch in anderem Zusammenhang gewährt (z. B. bei Vorliegen einer noch zu bearbeitenden Steuererklärung, aus der sich offenkundig ein Erstattungsbetrag ergibt). Unter optimaler Berücksichtigung zeitlicher Eingrenzungen wurden über 7.800 Steuerfälle mit dem beschriebenen Merkmal festgestellt. Diese Fälle hätten personell einzeln darauf geprüft werden müssen, ob es sich jeweils um einen Abtretungsfall i. S. des § 27 Absatz 19 UStG handelt. Bei einem moderat geschätzten Arbeitsaufwand von durchschnittlich 10 Minuten pro Akte würde ein Bediensteter in Vollzeit rund 32 Wochen für diese Aufgabe benötigen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren , den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Im vorliegenden Fall wären durch eine vollständige Beantwortung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet, weil die Steuerakten zu den o. g. über 7.800 Fällen mit technischer Stundung händisch auszuwerten wären . Frage 2: Welcher personelle (Arbeitsaufwand in Stunden pro Sachverhalt) bzw. daraus resultierende, finanzielle Aufwand entstand der Finanzverwaltung aus der Umsetzung dieser Regelung? Seite 3 von 4 STAATSMlNlSTERlUM DER FINANZEN ~SACHsEN Auf die Ausführungen zu Frage 1 wird Bezug genommen; eine umfassende Einschätzung zu dem durch die Regelung des § 27 Absatz 19 UStG entstandenen Aufwand ist aus den genannten Gründen nicht möglich. Zu betonen ist allerdings, dass sich ohne die Regelung, die nicht losgelöst von ihrem Gesamtzusammenhang betrachtet werden kann, gravierende negative Auswirkungen in Bezug auf das Steueraufkommen ergeben hätten. Im Einzelfall ist der zeitliche Aufwand für die Anwendung der Regelung, abhängig von den Umständen und den erforderlichen Verfahrensschritten des Falls, sehr unterschiedlich ; die Spannbreite ist deshalb zwischen weniger als einer Stunde bis zu insgesamt mehreren Wochen zu veranschlagen. Frage 3: Wie hoch war der Steuerausfall durch die Fälle, in denen Umsatzsteuer aus Abtretungserklärungen von sächsischen Finanzämtern nicht mehr rückgefordert werden konnte, beispielsweise durch zwischenzeitliche lnsolvenzen von Bauträgern? Auch insoweit ist auf die Ausführungen zu Frage 1 zu verweisen. Nachdem die Anzahl der nach § 27 Absatz 19 UStG abgetretenen Forderungen nicht mit zumutbarem Aufwand ermittelbar sind, können auch keine Aussagen zum Ausfall aus diesen Forderungen getroffen werden. Ein Ausfall steht zudem erst fest, wenn das - gerichtliche - Verfahren zur Geltendmachung des zivilrechtlichen Anspruchs auf Nachentrichtung der Umsatzsteuer gegenüber dem Leistungsempfänger abgeschlossen ist. lnsolvenzen von Bauträgern bewirken im Übrigen nicht zwangsläufig einen (vollständigen) Steuerausfall . Auch im Fall einer Insolvenz des Bauträgers kann beispielsweise im Einzelfall eine Aufrechnung mit den abgetretenen Ansprüchen der leistenden Unternehmer gegen seine Erstattungsforderung möglich sein und damit eine Auszahlung und mithin eine Schmälerung des Steueraufkommens vermieden werden. Mit freundlichen Grüßen ;1-.<-tfc 7f1 Dr. Matthias Haß Seite 4 von 4 2018-08-15T09:36:14+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes