STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Muster (fraktionslos) Drs.-Nr.: 6/14148 Thema: Umgang mit Gefährdern und Mehrfach Intensivtätern Asylbewerber Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: In wie vielen Fällen scheiterte in den letzten 3 Jahren die Abschiebung sog. Gefährder und Mehrfach Intensivstraftäter Asylbewerber in ihre Heimatländer aus welchen Gründen? Soweit es die Gruppe der Gefährder betrifft, ist kein Fall einer gescheiterten Abschiebung bekannt. Von einer weiteren Beantwortung der Frage wird seitens der Staatsregierung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben . Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächVerf GH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 2-1053/42/200 Dresden, 20. August 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Eine statistische Erfassung darüber, wie viele Personen, deren Abschiebung scheiterte, unter den Begriff des sogenannten Mehrfach -/Intensivstraftäters fallen, existiert weder bei der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) noch bei den unteren Ausländerbehörden. Eine gesetzliche Verpflichtung hierzu gibt es nicht. Hinsichtlich der Gruppe der Mehrfach -/Intensivstraftäter wäre es für eine weitergehende , vollständige Beantwortung erforderlich, die Akten der insgesamt 4 138 gescheiterten Abschiebungsversuche seit 2015 händisch auszuwerten. Hierfür ist für jeden Fall ein Arbeitsaufwand von durchschnittlich einer Stunde für die ZAB zu veranschlagen. Hieraus ergibt sich ein Arbeitsaufwand von 4 138 Arbeitsstunden, d. h. von mehr als 517 Arbeitstagen zu je acht Stunden, d. h. von mehr als 103 Wochen zu je fünf Arbeitstagen . Im vorliegenden Fall wäre daher durch eine vollständige Beantwortung die Arbeits - und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Nach Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der ZAB andererseits wurde auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts von einer umfassenden Beantwortung der Frage aufgrund der Unverhältnismäßigkeit und der Unzumutbarkeit abgesehen. Frage 2: Wie viele Verfahren, mit denen sich sog. Gefährdern und Mehrfach Intensivstraftäter Asylbewerber gegen ihre Abschiebung wenden, sind derzeit bei den sächsischen Verwaltungsgerichten anhängig? Von einer Beantwortung wird seitens der Staatsregierung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Abs. 1 Satz 1 der SächVerf ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Eine statistische Erfassung darüber, wie viele Personen, die unter den polizeilichen Begriff des sogenannten Gefährders bzw. Mehrfach -/Intensivstraftäter fallen und sich aktuell bei den sächsischen Verwaltungsgerichten gegen ihre Abschiebung wenden, existiert nicht. Zur vollständigen Beantwortung der Frage müssten alle in der ZAB vorliegenden mehr als 211 000 Akten händisch ausgewertet werden. Hierfür ist für jeden Fall ein Arbeitsaufwand von durchschnittlich einer Stunde für die ZAB zu veranschlagen. Hieraus ergibt sich ein Arbeitsaufwand von 211 000 Arbeitsstunden, d. h. von 26 375 Arbeitstagen zu je acht Stunden, d. h. von 5 275 Wochen zu je fünf Arbeitstagen. Im vorliegenden Fall wäre daher durch eine vollständige Beantwortung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung gefährdet. Nach Abwägung des parlamentarischen lnfor- Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN mationsinteresses einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der ZAB andererseits wurde auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts von einer umfassenden Beantwortung der Frage aufgrund der Unverhältnismäßigkeit und der Unzumutbarkeit abgesehen. Frage 3: Welche konkreten Lösungsansätze sieht die Staatsregierung die Bevölkerung vor der wachsenden Anzahl von sog. Gefährdern und Mehrfach Intensivstraftätern Asylbewerber wirksam zu schützen und was hat sie diesbezüglich in den letzten 3 Jahren unternommen? Zur Bearbeitung von Gefährdern haben die polizeilichen Fachgremien von Bund und Ländern unter Beteiligung Sachsens bundesweit einheitlich anzuwendende Maßnahmen und turnusmäßige Überprüfungen derselben durch das Bundeskriminalamt (BKA) festgelegt. Diese Maßnahmen werden von der sächsischen Polizei mit hoher Priorität umgesetzt. Im Interesse einer konzentrierten Umsetzung dieser Maßnahmen hat die Staatsregierung bei der im Jahr 2017 vorgenommenen Neuausrichtung des Polizeilichen Staatsschutzes eine speziell auf die Bearbeitung von Gefährdern fokussierte Organisationseinheit geschaffen. Diese ist Bestandteil des Polizeilichen Terrorismus- und Extremismusabwehrzentrums des Landeskriminalamtes Sachsen und koordiniert sämtliche Maßnahmen der sächsischen Polizei im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Gefährdern. Gleichzeitig wurde das Risikobewertungsinstrument RADAR-iTE des BKA implementiert (vgl. Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/10083). Mit diesem Lösungsansatz ist eine einheitliche und konzentrierte Bearbeitung von Gefährdern nach den aktuellen bundesweiten Standards auch in Sachsen sichergestellt . Zur Bearbeitung von mehrfach/intensiv tatverdächtigen Zuwanderern (MITA) wurde bereits Ende 2014 für Polizei und Staatsanwaltschaft in Sachsen ein täterorientierter Bearbeitungsansatz eingeführt. Danach werden Zuwanderer, die innerhalb eines Jahres mehr als fünf Straftaten begangen haben, in den polizeilichen Auskunftssystemen als „MITA" registriert sowie gebündelt und beschleunigt durch Polizei und Justiz bearbeitet . Ziel ist es, diese Personen schnell einer Strafe zuzuführen, sie ggf. in Haft zu bringen oder zeitnah abschieben zu können. Zum 1. Januar 2018 wurde der bisher mehr quantitativ ausgerichtete Bearbeitungsansatz fortgeschrieben. Dabei wurden die Definition „MITA" sowie die Kriterien zur Vergabe des personengebundenen Hinweises (PHW) „MITA" angepasst. Danach gilt weiterhin , dass Zuwanderer, die innerhalb der letzten zwölf Monate mit mehr als fünf Straftaten in Erscheinung getreten sind, den PHW „MITA" bekommen, jedoch werden absolute Antragsdelikte sowie Straftaten gem. § 265a Strafgesetzbuch (Erschleichen von Leistungen) nicht mehr berücksichtigt. Darüber hinaus werden auch Personen als „MITA" erfasst und entsprechend täterorientiert bearbeitet, welche in den letzten zwölf Monaten mindestens zweimal wegen eines Verbrechens in Erscheinung getreten sind. Die Polizei informiert zudem die Ausländerbehörden über die Zuwanderer, die als „MITA" in den polizeilichen Auskunftssystemen registriert wurden. Diese Fälle werden von den Ausländerbehörden an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zur prioritären Bearbeitung übermittelt und auch von der zentralen und den unteren Ausländerbehörden prioritär bearbeitet. Unterstützt wird dieses Vorgehen seit Oktober 2017 Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DES INNERN durch die zusätzliche Übermittlung hoch prioritärer MITA-Fälle von der Polizei an die ZAB mit dem Ziel der beschleunigten Abschiebung. Im Fall von Abstimmungsbedarf können die Landkreise zudem unter Einbeziehung aller beteiligten Behörden sog. „Fallkonferenzen" durchführen mit dem Ziel einer beschleunigten Bearbeitung der Straf- und Asylverfahren. Unter der Federführung des Staatsministeriums des Innern gibt es weiterhin eine Arbeitsgruppe „Aufenthalt" zur Bearbeitung von Gefährdern und weiteren sicherheitsrelevanten Einzelfällen, damit diese zeitnah abgeschoben werden können, sobald die Voraussetzungen dafür vorliegen. Frage 4: In welchen Landkreisen und Kreisfreien Städten im Freistaat Sachsen leben derzeit wie viele Gefährder und Mehrfach Intensivtäter Asylbewerber? Hinsichtlich der Gefährder wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/12282 verwiesen. Eine darüber hinausgehende Aufschlüsselung nach Kreisfreien Städten und Landkreisen kann unter Verweis auf die in derselben Antwort in Bezug genommene Vorbemerkung der Staatsregierung zu der Antwort auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/10396 nicht erfolgen. Hinsichtlich der Mehrfach Intensivtäter Asylbewerber wird auf die Antwort auf die Frage 2 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/13992 verwiesen. Frage 5: Setzt sich die Staatsregierung dafür ein, die Zuständigkeit für die Abschiebung von Gefährdern und Intensivstraftätern beim Bundesinnenministerium zu bündeln , wenn nein warum nicht? Die Staatsregierung setzt sich nicht für eine Bündelung der Zuständigkeiten für die Abschiebung von Gefährdern und Intensivstraftätern beim Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) ein. Nach Ansicht der Staatsregierung würde eine Bündelung der Zuständigkeit der o. g. Personengruppen beim BMI den Ablauf der Verfahren eher verzögern als beschleunigen. Die Bearbeitung in Sachsen hat den Vorteil der örtlichen Nähe und der entsprechenden Strukturen, die beim Bund nicht vorhanden sind, so dass auch bei einer Bündelung beim Bund weiterhin eine enge Zusammenarbeit mit den sächsischen Behörden erfolgen müsste. Angesichts der komplexen Materie gibt es bereits jetzt eine intensive Zusammenarbeit und Koordinierung der Beteiligten auf Landes- und Bundesebene, vor allem bei den Gefährdern. freundlichen Grüßen ." 1/Dr. lan(71A.4'öller Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2018-08-21T09:15:31+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes