SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR KULTUS Postfach 10 09 10 1 01079 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01067 Dresden STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS Kleine Anfrage des Abgeordneten Gunter Wild (fraktionslos) Drs.-Nr.: 6/14444 Thema: Kürzung der Erstattung von Absenkungsbeiträgen gemäߧ 15 SächsKitaG im Vogtlandkreis Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Im Vogtlandkreis trat die Richtlinie 'Erstattung der Absenkungsbeiträge gemäß § 15 SächsKitaG im Vogtlandkreis' neu in Kraft. nach welcher Kommunen nur noch Absenkungsbeiträge für Kinder mit gleichen Eitern erstattet werden,. Familien mit Kindern von mehreren Elternteilen, also Patchworkfamilien , werden entsprechend dieser Richtlinie finanziell gegenüber Familien mit 2 Elternteilen benachteiligt." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche weiteren Landkreise und Kreisfreien Städte in Sachsen verweigern ebenfalls die Absenkung der Beiträge, wenn die in einem Haushalt lebenden Kinder verschiedene Elternteile haben? (Bitte mit Angabe seit wann so verfahren wird.) Die Angaben, die die Landkreise und Kreisfreien Städte im Rahmen einer Umfrage meines Hauses zu dieser Frage gemacht haben, sind in der Anlage dargestellt. Frage 2: Entsprechend des Artikel "Vogtländische Kita-Gebühren: Ein Fall fürs Verfassungsgericht?" vom 16.08.2018 in der Freien Presse wird die Verfassungskonformotät der Auslegung des Begriffes Eitern in § 15 Abs. 1, wonach die Absenkung des Elternbeitrages nur für Kinder mit gemeinsamen Eitern gilt, angezweifelt. Wie definiert die Staatsregierung den Elternbegriff aus § 15 Absatz 1 des Sächsischen Gesetz über Kindertageseinrichtungen und in wie weit wurde die Konformität mit § 18 der sächsischen Verfassung für den Fall geprüft, dass die Absenkung von Elternbeiträgen nur für Kinder mit gleichen Eitern gelten soll, Familien mit Kindern aus verschiedenen Beziehungen dementsprechend finanziell benachteiligt werden? Seite 1 von 3 lj SACHsEN Der Staatsminister Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Geschäftszeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-1 053/14/57 Dresden,Jg . September 2018 Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium filr Kultus Carolaplatz 1 01097 Dresden www.smk.sachsen.de De-Maii-Zugang : poststelle@smk-sachsen.de-mail .de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3. 7. 8 STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS 5j SACHsEN ln § 15 Absatz 1 des Sächsischen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen (Sächs KitaG) wird der Begriff "Eitern" verwendet, ohne ihn näher zu erläutern. Der Elternbegriff im Achten Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) ist ebenfalls nicht näher definiert. Soweit keine Sonderregelung getroffen ist, ist grundsätzlich vom Elternbegriff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auszugehen; dieser gilt grundsätzlich durchgehend im Sozialrecht (vgl. Schellhorn, Fischer, Mann, Kern, SGB VIII , Kommentar, 4. Auflage, § 86 Rn. 26) . Der Elternbegriff im SGB VIII knüpft an die biologische Elternschaft an; Eltern sind die Personen, von denen das Kind abstammt, unabhängig davon, ob diese verheiratet sind (vgl. Wiesner, SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe, Kommentar, 5. Auflage, § 86 Rn. 11 ). Darunter fallen die leiblichen Eltern und die Adoptiveltern, nicht aber die Stiefeltern , Pflegeeltern oder Großeltern. Die Regelung über die Beitragssenkung in § 15 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 SächsKitaG ("Eitern mit mehreren Kindern") ist nicht eindeutig für den Fall, dass mehrere Kinder ein gemeinsames Elternteil haben. Der Begriff "Eitern" schließt allerdings nach dem Wortlaut sowie nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht aus, dass darunter auch nur ein Elternteil verstanden wird und dass auch Kinder, die nur ein gemeinsames Elternteil haben, von einer Geschwistermäßigung profitieren können. Ausgehend von der bundesgesetzliehen Regelung in§ 90 Absatz 1 SGB VIII muss die Staffelung der Elternbeiträge gewährleisten, dass tendenziell eine geringere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und eine höhere Kinderzahl zu einer Begünstigung hinsichtlich der Beitragshöhe führt. Die gesetzlichen Regelungen werden durch die satzungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Träger der öffentlichen Jugendhilfe konkretisiert. Die Begriffe "Eitern" und "Familie" sind nicht identisch. Werden Familien mit mehreren Kindern aus unterschiedlichen Beziehungen nicht bei den Beitragsabsenkungen berücksichtigt, wird hierin keine Verletzung von Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG), § 18 Absatz 1 Sächsische Verfassung (SächsVerf) gesehen. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz verlangt, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln . Bei einer Ungleichbehandlung ist Artikel 3 Absatz 1 GG, § 18 Absatz 1 SächsVerf nur verletzt, wenn für die Differenzierung keine rechtfertigenden Gründe bestehen. Bei einer Ungleichbehandlung von Personengruppen liegt eine Verletzung vor, wenn eine Gruppe anders behandelt wird als andere, obwohl zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.9.1998, Az. 8 C 25/97; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11.9.2001, Az. 16 A 1260/99). Als Grund kann u. a. angeführt werden, dass es in Familien mit mehreren Kindern aus unterschiedlichen Beziehungen, andere Unterhaltsverpflichtete und Sorgeberechtigte gibt und die finanzielle Belastung daher anders verteilt ist. Frage 3: Wie viele Erziehungsberechtigte sind im Vogtlandkreis von dieser Neuregelung betroffen und welche Kosteneinsparungen total sowie im prozentualen Vergleich zu den Gesamtaufwendungen sind berechnet oder geplant? Auf die Bitte meines Hauses um eine Stellungnahme zur Beantwortung dieser Frage äußerte der Vogtlandkreis, dass inhaltlich nur teilweise hinsichtlich der unterstellten Kosteneinsparung geantwortet werden könne. Wie viele Familien von der Neuregelung im Sinne höherer Belastungen betroffen seien, sei nicht bekannt, da Absenkungen von den Kindertageseinrichtungen selbst bzw. deren Trägern gewährt werden und dem öffentlichen Jugendhilfeträger auch die konkreten Familienkonstellationen nicht vorlägen . Der Vogtlandkreis habe die neue Regelung durch Beschluss des Jugend- Seite 2 von 3 STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS lj SACHsEN hilfeausschusses mit dem Fokus in Kraft gesetzt, dass dadurch eine einheitliche Regelung für alle vogtländischen Familien nach Maßgabe der gesetzlichen Vorgaben und Rahmenbedingungen geschaffen werde. Eine Kosteneinsparung zu Lasten der Elternschaft wäre nie Intention dieser Richtlinie gewesen. Umgekehrt gebe es auch Familienkonstellationen , in denen nunmehr z. B. Elternteile neu von Absenkungen für Alleinerziehende profitierten, die vorher keinen Anspruch auf eine Absenkung hatten. Auch hier sei dem öffentlichen Jugendhilfeträger nicht bekannt, wie viele Anspruchsberechtigte von einer finanziellen Entlastung profitieren werden. Nach Maßgabe der bundesgesetzliehen Bestimmungen des § 90 SGB VIII werde durch die Richtlinie des Vogtlandkreises eine stärkere Orientierung an den Einkommensverhältnissen der Eitern umgesetzt und damit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz entsprochen. Frage 4: Wie hoch werden die zusätzlichen Verwaltungskosten berechnet oder geschätzt, die jetzt zur individuellen Einzelprüfung jedes Antrages, mit Ermittlung der Wohn- und Elternverhältnisse notwendig sind? Hierzu äußerte der Vogtlandkreis, dass durch die Anwendung eindeutiger und gesetzeskonformer Kriterien eher Verwaltungsaufwand vermieden bzw. abgebaut würde. Zusätzliche Verwaltungskosten entstünden dadurch nicht. Im Gegensatz zu anderen Auslegungen und Handhabungen sei es mit Anwendung der vogtländischen Regelungen eben gerade nicht mehr erforderlich, eine Ermittlung der Wohn- und Elternverhältnisse vorzunehmen. Die Angaben zur Elternschaft ergäben sich bereits beim Abschluss eines Betreuungsvertrages mit dem Träger der Kindertageseinrichtung oder der Kindertagespflegeperson und bedürften keiner Auslegung, da sie eindeutig definiert sind. Hier obliege es dem Träger oder der Tagespflegeperson in Folge lediglich, die Voraussetzungen für die gewährten Absenkungen in regelmäßigen Abständen zu prüfen , was im Übrigen auch bei der Anwendung einer anderen Systematik gleichgeartet notwendig sei. Schlussendlich erübrige sich im Gegensatz zu früheren Regelungen die notwendige Interpretation oder Überprüfung der tatsächlichen Wohn- und Lebensverhältnisse . Der subjektive Charakter bei der Gewährung von Absenkungen entfalle, beispielsweise die Feststellung, wann jemand "alleinerziehend" ist oder wann bzw. unter welchen Voraussetzungen ein neuer Partner in einer Familienkonstellation zu berücksichtigen ist. Frage 5: Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung kurzfristig und ohne Gesetzesänderung dafür zu sorgen, dass in allen Landkreisen und Kreisfreien Städten gleich verfahren wird? Die Umsetzung des SächsKitaG ist eine Pflichtaufgabe der Kommunen im Rahmen der Kommunalen Selbstverwaltung. Die Staatsregierung sieht keine Möglichkeit, ohne Gesetzesänderung dafür zu sorgen, dass in allen Landkreisen und Kreisfreien Städten gleich verfahren wird. Mit freundlichen Grüßen i,; Anlage Seite 3 von 3 Anlage zu Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs. 6/14444 Kreisfreie Stadt/Landkreis Auslegung „Eltern mit mehreren Kindern“ in § 15 Abs. 1 Nr. 2 SächsKitaG 1 Seit wann wird so verfahren? a) Die Zählkinder müssen die gleichen biologischen oder Adoptiveltern haben. b) Es genügt, wenn die Zählkinder ein gemeinsames biologisches oder Adoptivelternteil haben. c) andere Verfahrensweise Seite 1 von 2 Chemnitz, Stadt Als Zählkinder gelten alle Kinder mit gemeinsamem Hauptwohnsitz, wobei es genügt, wenn die Kinder ein gemeinsames Elternteil haben. 01.01.2011 Dresden, Stadt Als Zählkinder gelten alle Kinder mit gemeinsamem Hauptwohnsitz, wobei es genügt, wenn die Kinder ein gemeinsames Elternteil haben. (melderechtlicher Hauptwohnsitz oder gleichwertiger Wohnsitz im Wechselmodell) 2014 Leipzig, Stadt Als Zählkinder gelten alle Kinder mit gemeinsamem Hauptwohnsitz, wobei es genügt, wenn die Kinder ein gemeinsames Elternteil haben. 01.08.2010 LK Bautzen x k. A. Erzgebirgskreis Als Zählkinder gelten alle Kinder mit gemeinsamem Hauptwohnsitz, wobei es genügt, wenn die Kinder ein gemeinsames Elternteil haben. 2008 LK Görlitz x k. A. LK Leipzig Es genügt, wenn die Zählkinder ein gemeinsames biologisches Elternteil, Adoptivelternteil oder „Stiefelternteil“ haben. mind. seit 1996 Anlage zu Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs. 6/14444 Kreisfreie Stadt/Landkreis Auslegung „Eltern mit mehreren Kindern“ in § 15 Abs. 1 Nr. 2 SächsKitaG 1 Seit wann wird so verfahren? a) Die Zählkinder müssen die gleichen biologischen oder Adoptiveltern haben. b) Es genügt, wenn die Zählkinder ein gemeinsames biologisches oder Adoptivelternteil haben. c) andere Verfahrensweise Seite 2 von 2 LK Meißen Im Prinzip Verfahren nach a), in Einzelfällen nach b). 2008 Mittelsachsen x seit Geltung Rechtslage Nordsachsen k. A. Sächs. Schweiz-Osterzgebirge x 2 01.04.2010 Vogtlandkreis x seit 01.01.2018 mit Übergangsfrist zur Umsetzung durch die Kitaträger bis 30.06.2018. LK Zwickau x 01.01.2013 1 Angaben der Landkreise und Kreisfreien Städte im Rahmen Umfrage SMK 2 Ist nur ein biologischer oder Adoptivelternteil eines Kindes in der Familie, wird für diesen Elternteil wie „alleinerziehend“ abgesenkt. 6-14444 6-14444 Anlage 2018-09-19T11:20:51+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes