STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) D rs. -N r.: 6/14560 Thema: Bürgerwehraktion "Schutzzonen für Deutschland" der NPD sowie weitere von Neonazis getätigte Bürgerwehraktionen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: U.a. in Riesa und Dresden sind Mitglieder der NPD unter dem Slogan ‚Schutzzonen für Deutschland' in einheitlicher Kleidung als Bürgerwehr aufgetreten. In einer DPA -Meldung vom 16.08.2018 ist zu lesen: ,Die Polizei geht gegen NPD-Streifen in Dresden und Riesa vor. Wie die Polizeidirektion Dresden am Donnerstag mitteilte, hat die rechtsextreme Partei sogenannte Schutzzonen ausgerufen und auf eigene Faust bestreift. Im Internet heißt es von der NPD, die Streifen sollten «für mehr Sicherheit vor Ausländerkriminalität» sorgen. Dieses Vorgehen sei nicht akzeptabel. Die Aktion werde als Gründung einer Bürgerwehr gewertet. Das Gewaltmonopol liege aber allein in staatlicher Hand, betonte Dresdens Polizeipräsident Horst Kretzschmar. Auf keinen Fall werde zugelassen, dass «selbsternannte Ordnungshüter» das Recht in eigene Hände nehmen. Der Landesvorsitzende der NPD sei deswegen zu einer persönlichen Gefährderansprache vorgeladen worden. Dabei sei ihm klargemacht worden, dass die NPD diese Bürgerwehr -Aktion unterlassen solle, sagte ein Polizeisprecher. Die Polizei werde alle straf- und polizeirechtlichen Möglichkeiten gegen die NPD-Streifen ausschöpfen.' Nun wurde bekannt, dass erneut Bürgerwehr -Aktionen der NPD stattgefunden haben, diesmal in Chemnitz. Darüber hinaus ist bekannt, dass auch die Partei ,Der III. Weg' seit geraumer Zeit sogenannte ,Nationale Streifen' durchführt, u.a. in Bautzen oder Plauen." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/65/5 Dresden, 1. Oktober 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Vorbemerkung: Der Begriff der Bürgerwehr ist gesetzlich nicht verankert. Hinsichtlich der Auslegung des Begriffs wird insoweit auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage 4 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/971 verwiesen. Diese Auslegung wird auch bei der Beantwortung dieser Kleinen Anfrage zugrunde gelegt. Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über welche Anzahl an Bürgerwehraktionen der NPD, mit wie vielen Teilnehmenden an welchen Orten zu welchen Zeiten in Sachsen in 2017 und 2018 und wie viele Gefährderansprachen wurden deshalb gegenüber welcher Anzahl an Personen in welchen Funktionen (innerhalb der NPD) wann durch welche Polizeibehörde auf welcher Rechtsgrundlage mit welchem Ergebnis durchgeführt? Frage 2: Welche Maßnahmen, insbesondere straf- und polizeirechtlicher Natur, beabsichtigt die Staatsregierung zu ergreifen (oder hat bereits wann ergriffen), wenn trotz der Gefährderansprache (und ggf. weiterer stattgefundener Gefährderansprachen ) weiterhin Bürgerwehraktionen durch die NPD durchgeführt werden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Der Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse zu Bürgerwehraktionen der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) im o. g. Sinne vor. Zu der in der Vorbemerkung des Fragestellers genannten Schutzzonen -Kampagne der NPD liegen bislang folgende Erkenntnisse zu Aktivitäten vor: Datum Ort 27.07.2018 Dresden 06.08.2018 Riesa 16.08.2018 Dresden 29.08.2018 Chemnitz 31.08.2018 Dresden 07.09.2018 Döbeln Daran nahmen jeweils rd. fünf Personen teil. Aufgrund der bekannt gewordenen Aktivitäten vom 27. Juli und 6. August 2018 führten das Landeskriminalamt (LKA) Sachsen und die Polizeidirektion Dresden am 14. August 2018 eine Gefährderansprache mit dem Landesvorsitzenden der NPD in Sachsen durch; Rechtsgrundlage ist § 3 Sächsisches Polizeigesetz. Hierbei wurde insbesondere auf mögliche Rechtsverstöße und das Gewaltmonopol des Staates hingewiesen. Des Weiteren wurden die sächsischen Polizeidienststellen durch das LKA Sachsen mit Schreiben vom 9. und 28. August 2018 hinsichtlich der NPD-Kampagne informiert bzw. sensibilisiert. Es wurden eine Checkliste für Gefährderansprachen sowie eine Handlungsempfehlung für entsprechende Feststellungen und Hinweise zur Prüfung möglicher strafrechtlicher Verstöße zur Verfügung gestellt. Freistaat SACHSEN Seite 2 von 3 STAATSMINISTERIUM DES INNERN l Freistaat l SEN Frage 3: Inwieweit werden die von der Partei „Der III. Weg" durchgeführten „Nationalen Streifen", gerade mit Hinblick darauf, dass die Personen auch hier mit einheitlicher Kleidung auftreten, von der Staatsregierung ebenfalls als „Gründung einer Bürgerwehr" gewertet und wenn nein, warum nicht? Bei den fragegegenständlichen sog. „Nationalen Streifen" handelt es sich nach derzeitigem Kenntnisstand nicht um eine Bürgerwehr im o. g. Sinne. Unbenommen dessen wird in jedem Einzelfall geprüft, inwieweit mit derartigen Aktionen strafrechtliche Verstöße , insbesondere Verstöße gegen § 3 Sächsisches Versammlungsgesetz (Uniformverbot ) einhergegangen sind. Im Ergebnis ist dies bislang nicht der Fall gewesen. Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber hinaus über welche Anzahl an Bürgerwehraktionen, mit wie vielen Teilnehmenden an welchen Orten zu welchen Zeiten in Sachsen in 2017 und 2018, die über die von der NPD initiierten Bürgerwehraktionen hinaus von Neonazis durchgeführt wurden? Frage 5: Wie viele Gefährderansprachen wurden gegenüber welcher Anzahl an Personen mit ggf. welchen Mitgliedschaften bzw. Funktionen in extrem rechten Strukturen wann durch welche Polizeibehörde mit welchem Ergebnis durchgeführt aufgrund der in der Antwort auf die Frage 4 genannten Aktionen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 4 und 5: Es liegen derzeit keine Erkenntnisse zu Aktivitäten von Bürgerwehren im o. g. Sinne vor. Aus der laufenden Bearbeitung ist ein Fall vom 14. September 2018 in Chemnitz bekannt . Nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand soll es gegen 21:15 Uhr zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Gruppierungen im Bereich des Schlossteiches gekommen sein. Durch die vor Ort eingesetzten Polizeibeamten konnten 15 Personen als Tatverdächtige festgestellt werden, die sich gegenüber anderen Personen u. a. als „Bürgerwehr" ausgegeben, fremdenfeindlich geäußert und Ausweise verlangt haben sollen. Infolge der Auseinandersetzungen wurde eine Person leicht verletzt. Zu diesem Sachverhalt wird wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen § 125 Strafgesetzbuch (StGB) und § 224 StGB ermittelt. Aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Ermittlungen können derzeit keine weiteren Einzelheiten und abschließende Einschätzungen bezüglich der Einordnung als eine Bürgerwehr im o. g. Sinne mitgeteilt werden. Im Übrigen wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/11647 verwiesen. Mirfrenu'idlichen ft rüßen Pr8f. br. Koland Wöller Seite 3 von 3 2018-10-01T09:28:34+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes