Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Postfach 1 0 03 29 1 01073 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Kleine Anfrage des Abgeordneten Marco Böhme (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/14577 Thema: Planfeststellungsverfahren Erdgasfernleitung EUGAL Trassenverlauf Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: Bei der Landesdirektion Sachsen werden derzeit auf Antrag des Netzbetreibers Gascade zwei Planfeststellungsverfahren zur Erdgasfernleitung EUGAL geführt. Die Trasse der Erdgasfernleitung soll auch die Windparks in DörnthalNoigtsdorf queren. Bereits bei der Trassenführung für die Erdgasfernleitung OPAL, die ebenfalls die Windparks Dörnthal/Voigtsdorf direkt betrifft, stellte der Petitionsausschuss des 17. Deutschen Bundestages in seinem Bericht des 2. Ausschusses (BT-Drs.-Nr. 17/6250) in Hinblick auf die Betroffenheit dieses Windvorranggebietes durch die Erdgasfernleitung OPAL fest, dass die aus ökologischen und finanziellen Gründen vorzugswürdigen Varianten um die Windparks herum weder durch den Vorhabenträger noch die zuständige Landesdirektion geprüft worden seien. Der Netzbetreiber Gascade will nunmehr vor Ergehen eines Planfeststellungsbeschlusses , dessen positive Verbescheidung er erwartet, bei der Landesdirektion Sachsen die vorzeitige Besitzeinweisung in fremdes Eigentum, auch in die Grundstücke der Windparks DörnthalNoigtsdorf, beantragen und hat die Betroffenen hierzu in der Weise kontaktiert, dass durch fristgerechte Erteilung einer Bauerlaubnis, das Verfahren auf vorzeitige Besitzeinweisung umgangen werden könnte." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wurde für die Trassenführung der Erdgasleitung EUGAL jeweils ein ergebnisoffener kleinräumiger und großräumiger Variantenvergleich für den betroffenen Windpark Dörnthal/Voigtsdorf durchgeführt, wenn ja, mit welchem Ergebnis , wenn nein, warum nicht? Seite 1 von 4 ~SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon : 0351 564-8001 Telefax: 0351 564-8024 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 45-1 053/7 /5 Dresden, 0 2. OKT. 2018 , r Zertifllcat seit 2006 audlt bcrufundfamllic Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden Außenstellen: Hoyerswerdaer Straße 1 01099 Dresden Glacisstraße 4 01099 Dresden www.smwa.sachsen .de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 Haltestelle Carolaplatz Kein Zugang für elektronisch signierte sowie für verschlüsselte elektronische Dokumente. STAATSMINISTERlUM FÜR WIRTSCHAFT ARBElT UND VERKEHR ~SACHSEN Sowohl ein kleinräumiger und als auch ein großräumiger Variantenvergleich wurden für den betroffenen Windpark DörnthalNoigtsdorf durchgeführt. Das Ergebnis wird dem Planfeststellungsbeschluss zu entnehmen sein. Frage 2: Auf welcher fachlichen Grundlage erfolgte die bisherige Einschätzung dahingehend, dass keine substanziellen Auswirkungen auf die bestehende und künftige Nutzung des ausgewiesenen Vorrang- /Eignungsgebietes für Windkraftnutzung Dörnthl/Voigtsdorf zu erwarten sind? Frage 3: Gibt es ein unabhängiges (nicht vom Vorhabensträger beauftragtes und bezahltes) Gutachten darüber, ob eine Gasleitung, die in die potientielle Umfallhöhe von vorhandenen Windenergieanlagen gelegt wird, den gebotenen Sicherheitsanforderungen (§ 49 EnWG) entspricht und wenn nein, warum nicht? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 2 und 3: Von einer Beantwortung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen kann die Staatsregierung die Beantwortung von Fragen ablehnen, wenn diese den „Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung" berühren . Der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung schließt einen nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich der Regierung ein. Hierzu gehören sämtliche internen Abstimmungs- und Willensbildungsprozesse sowie Planungen innerhalb der Staatsregierung, die der Vorbereitung von Regierungsentscheidungen dienen (SächsVerfGH, Urteil vom 23. April 2008, Vf. 87-1-06) . Dies ist v.a. dann der Fall, wenn durch eine Frage der Prozess der Willensbildung innerhalb der Staatsregierung ausgeforscht werden soll. Eine Pflicht der Staatsregierung, parlamentarischen Informationswünschen zu entsprechen, besteht insoweit nicht, da der Landtag keine Befugnisse hat, in laufende Verhandlungen oder Entscheidungsprozesse einzugreifen , die der Kompetenz der Staatsreg ierung zugeordnet sind . Dies ist vorliegend der Fall. Die Fragen 2 und 3 dienen vornehmlich der Ausforschung des Willensbildungsprozesses innerhalb der Staatsregierung in Bezug auf das Planfeststellungsverfahren für die Erdgasleitung EUGAL, bei dem es sich um ein noch nicht abgeschlossenes Verwaltungsverfahren handelt. Die Staatsregierung verkennt hierbei nicht den hohen Rang des parlamentarischen Fragerechts. Ebenso wenig wie man einen Vorrang des Schutzes des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung gegenüber dem parlamentarischen Informationsrecht annehmen kann, besteht ein solcher Vorrang des parlamentarischen Fragerechts gegenüber dem Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung . Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, zwischen den gegenläufigen Belangen abzuwägen. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR SSACHsEN Im parlamentarischen Fragerecht kommt zum Ausdruck, dass die parlamentarische Kontrolle darauf ausgerichtet ist, eine demokratische und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechende Ausübung der Regierungsfunktion sicherzustellen . Demgegenüber steht die Kompetenz der Staatsregierung , maßgebend über die Ausrichtung und Ziele der gesamten Staatstätigkeit zu bestimmen. Insoweit umfasst ihre Befugnis das Initiieren, Planen, Leiten sowie Entscheiden der Gesamtpolitik und aller wesentlichen Grundsatzfragen (SächsVerfGH, Urteil vom 23. April 2008 - Vf. 87-1-06) . Es bedarf daher der Begrenzung des parlamentarischen Fragerechtes auf ein dem Gewaltenteilungsprinzip entsprechendes funktionsverträgliches Maß, so dass der Exekutive ein eigener Erfahrungs-, Informations- und Handlungsraum verbleibt. Müsste die Staatsregierung alle Abstimmungs-, Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse die im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens erfolgen, darlegen, hätte sie zu befürchten , dass diese stets ex-post offenbar würden . Dadurch wäre der Schutz der funktionsnotwendigen freien und offenen Willensbildung innerhalb der Staatsregierung nicht mehr gegeben. Im Interesse der Einheitlichkeit des Regierungshandelns nach außen ist eine möglichst offene und ungestörte Willensbildung im Innern sicherzustellen. Bei einer schrankenlosen Offenlegungspflicht der Staatsregierung besteht somit die Gefahr, dass sich dies auf die künftige Bereitschaft der Mitglieder der Staatsregierung auswirkt , noch nicht abgestimmte oder nicht abschließend geklärte fachliche Einschätzungen oder politi - sche Standpunkte einzubringen, da mit der Ausübung des parlamentarischen Fragerechts stets gerechnet werden muss. Faktisch würde dies aber dazu führen , dass die oben beschriebene Kompetenz der Staatsregierung zur Leitung des Landes in einem funktionsunverträglichen Maß eingeschränkt würde. Insofern überwiegt hier unter Abwägung aller genannten Gründe der Schutz des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung das parlamentarische Fragerecht der Abgeordneten . Frage 4: Wie ist es mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar, wenn der Vorhabenträger Gascade betroffenen Eigentümern von Ergehen eines für den Vorhabenträger positiven Planfeststellungsbeschlusses bereits die vorläufige Besitzeinweisung „androht"? Eine vorzeitige Besitzeinweisung nach § 44b Absatz 1 a Energiewirtschaftsgesetz kann bereits nach Abschluss des Anhörungsverfahrens, aber noch vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses beantragt werden . Für die Besitzeinweisung ist damit eine Rechtsgrundlage gegeben, so dass eine Vereinbarkeit mit rechtsstaatlichen Grundsätzen gegeben ist. Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UNO VERKEHR ~SACHSEN Frage 5: Warum orientiert sich die Trassenführung für die Erdgasleitung EUGAL an der Erdgasfernleitung OPAL und verlässt die vohandene OPAL- Trasse gar, um die Windparks in der denkbar längsten Variante zu beeieinträchtigen , obwohl auch mit Blick auf die Einschätzung des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages, gerade keine aus ökologischen und finanziellen Gründen vorzugswürdigen Varianten um die Windparks in Dörnthal/Voigtsdorf weder durch den Vorhabenträger noch durch die zuständige Landesdirektion geprüft worden waren? Die zitierte Petition bezog sich ausschließlich auf die Erdgasfernleitung OPAL. Die Variantenprüfung für EUGAL hatte im Bereich des Windparks neben der Erdgasfernleitung OPAL auch die Erdgasleitung der ONTRAS Gastransport GmbH sowie eine Ethylenleitung der Dow Olefinverbund GmbH zu berücksichtigen. Die beiden letzteren Leitungen befanden sich im Gebiet des Windparks bereits vor dessen Errichtung. Mit freundlichen Grüßen ctff artin Dulig Seite 4 von 4 2018-10-02T11:41:34+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes