STAATSMINISTERIUN4 DER JUSTIZ SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hospitalstfaße 7 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bern hard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Kirsten Muster (fraktionslos) Drs.-Nr.: 6/14651 Thema: Auswertung des Videomaterials über die Ereignisse in Chemnitz Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,ln seiner Regierungserklärung vor dem Sächsischen Landtag am 5. September 2018 hat sich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer gegen ,npauschale oder falsche" Urteile über die Ausschreitungen in Chemnitz gewandt. Nach den Aussagen des Ministerpräsidenten hat es in Chemnitz,nkeinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome gegeben". Der Onlineausgabe der Zell vom 5. September 2018 (https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-09/regierungserklaerungchemnitz -sachsen-michael-kretschmer) ist zu entnehmen, dass sich auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel kurz nach den Vorfällen zur Lage in Chemnitz wie folgt geäußert hatte: nnWir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun." Die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden teilte vor wenigen Tagen m¡t, dass die Auswertung des ihr vorliegenden Videomaterials noch nicht abgeschlossen sei. Ein Sprecher sagte jedoch: ,nln dem Teil, in dem wir be- Seite 1 von 5 w w Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 1500 ïelefax +49 351 564 1509 Staatsminister@ smj.justiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bltte bei Antwort angeben) 1 040E/1 3/1 349 - KLR Dresden,( . Oktober 2018 ' JUST|ZVOtLZUCSBÊAMTE wwt fJoB-MÍf-¡.DE Hausanschrlft: Sächslsches Staatsministerium der Justiz Hospitalstraße 7 01097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 01095 Dresden www.justiz.sachsen.de/smj Verkehrsverb¡ndung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 11 Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 *Zugang ftir elektron¡sch sign¡erts sow¡e f ür verschlüsselte elektronische Doku. mente nur ûiber das Elektronische Gêrichls- und Vorwaltungspostfach; nähere lnlormationen unter M.egvp.de TOB MIT 1' O STAATSIVIINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENffiw re¡ts ges¡chtet haben, wurden keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass es solche Hetzjagden gegeben haben könnte." Merkels Regierungssprecher Steffen Seibert sagte daraufhin: ,,Es bleibt aber dabei, dass Filmaufnahmen zeigenn wie Menschen ausländischer Herkunft nachgesetzt wurde und wie sie bedroht wurden ." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welches Videomaterial zu den Ereignissen in Ghemnitz hatte die Generalstaatsanwaltschaft bei der Pressekonferenz am 03.09.2018 bereits ausgewertet? (Bitte benennen Sie die Hersteller des Videomaterials, Datum und Ort der Erstellung, Veröff entl ichu n g an welcher Stel le /N i chtveröff entl ichu n g) Die Auswertung des Videomaterials ist Aufgabe der Polizei und wird ausschließlich durch diese vorgenommen. Der Generalstaatsanwaltschaft Dresden lagen bis zum 3. September 2018 allerdings Videoaufnahmen und Screenshots aus öffentlich zugänglichen Quellen (2.8. YouTube, Twitter, Nachrichtenportale) vor, darunter die in der Öffentlichkeit bekannte Videoaufnahme vom 26. August 2018, welche zeigt, wie mehrere Personen einer anderen Person ausländischer Herkunft nachsetzen (sogenanntes ,,Hase"-Video htbs:/A¡n¡rw.voutube.comÅratch?v=Eio EHMi6o0) sowie Aufnahmen vom 27. August 2018, die jeweils das Zeigen des Hitlergrußes zum Gegenstand hatten (htþs:/ i,ìrrir.\routube.comAffatch?v=6NgkbPevlCk. httos:/Árnmt.vice.com/de/ article /ovmo9d/ausschreitunoen-in.chemniÞ-oefluechtete-miqranten-ezaehlen-wie-sieoewalteskalation -erleben?utm medium=cta&utm source=viceÍbde. htbs:/ltwitter.com/ süeetcoveraqe/statu11034135341484134400). Von wem und zu welchem exakten Zeitpunkt diese Aufnahmen angefertigt wurden, entzieht sich der Kenntnis der Staatsregierung . Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN I ÑE-I\vlw Ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen: Das relevante Videomaterial zu den Ausschreitungen im Zusammenhang mit dem Demonstrationsgeschehen in Chemnitz am 26. und 27 August 2018 lag auch der Gemeinsamen Ermittlungsgruppe der Polizei ,,GEG-C-entrum" zum Zeitpunkt der Pressekonferenz noch nicht vollständig vor. Es wurden zunächst Aufnahmen in Form von Videos und Screenshots aus allgemein zugänglichen Quellen wie Twitter, Facebook und verschiedenen Nachrichtenkanälen gesichtet, darunter auch das Video zu einer Auseinandersetzung zwischen Demonstrationsteilnehmern und Personen ausländischer Herkunft (sogenanntes ,,Hase"-Video: https:rlirww.voutube.comlwatch?v=E¡o EHM¡6o0). Bezüglich des konkreten Tatvorwurfes, dem Zeigen des Hitlergrußes (https:/Amruw.voutube.c-omÅ¡ratch?v=6N3kbPevl Ck. https://www.vice.com/de/articlelovmq9d/ausschreitunoen-in-chemnitzqefluechtetem io ranten-erzaeh len -wie-sie-oewalteskalation - erleben?utm medium=cta&utm source=vicefbde), wurden diese Aufnahmen ausgewertet . Frage 2: Von welcher Definition der Hetzjagd geht die Generalstaatsanwaltschaft aus und wie definiert sie das Verhalten der auf den Videos abgebildeten Personen bzw. Personengruppen? Das Strafgesetzbuch kennt keinen Tatbestand der ,,Hetzjagd", sodass eine juristische Definition nicht existiert. Die Strafverfolgungsbehörden prüfen im Rahmen der Ermittlungsverfahren nur, ob konkrete Straftatbestände erfüllt sind und nicht, ob darüber hinausgehende Begrifflichkeiten zutreffen oder nicht. Dies vorausgeschickt, hat die Generalstaatsanwaltschaft mitgeteilt, dass sie bei Presseanfragen zu möglichen ,,Hetzjagden" von folgender Definition ausgegangen sei: Unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs sowie der für das Jagdwesen geltenden Definition einer ,,Hetzjagd", wonach die Beute - unter Umständen durch eine Gruppe - so lange verfolgt wird, bis sie nicht mehr entweichen kann, weil sie entweder Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN ñEt-\Yniffi\€)e' erschöpft ist oder eingeholt wurde, ist im vorliegenden Kontext für eine ,,Hetzjagd" auf Menschen aus hiesiger Sicht jedenfalls zu fordern, dass ein Mensch gegen seinen Willen mit einer gewissen Geschwindigkeit über eine gewisse Strecke verfolgt wird, sodass dieser unter erheblicher körperlicher Anstrengung fliehen muss, um nicht durch seine(n) Verfolger gestellt zu werden. Da im Übrigen unklar ist, auf welche Videoaufnahmen, welche Personen und welche konkreten Verhaltensweisen Frage 2 Bezug nimmt, ist eine weitergehende Beantwortung der Frage nicht möglich. Frage 3: Liegt der Generalstaatsanwaltschaft dasselbe Videomaterial vor wie der Bundeskanzlerin und ihrem Regierungssprecher? Der Generalstaatsanwaltschaft ist derzeit nicht bekannt, welche Videoaufnahmen der Bundeskanzlerin und ihrem Regierungssprecher vorliegen. Frage 4: Bis wann ist die Auswertung des Videomaterials durch die Generalstaatsanwaltschaft endgültig abgeschlossen? Die polizeiliche Auswertung des Videomaterials dauert an. Wann diese endgültig abgeschlossen sein wird, kann derzeit nicht prognostiziert werden, Frage 5: Wie viele Strafverfahren bezüglich welcher Delikte wurden aufgrund der Auswertung des Videomaterials eingeleitet? Die Frage wird so verstanden, dass nicht nach geführten Strafverfahren, sondern nach eingeleiteten Ermittlungsverfahren gefragt ist. Aufgrund der Sichtung von Videoaufnahmen und Screenshots aus öffentlich zugänglichen Quellen wurden bei der Generalstaatsanwaltschaft im Hinblick auf das Geschehen am 27. August 2018 bislang sechs Ermittlungsverfahren gegen ,,Bekannt" und ein Ermittlungsverfahren gegen ,,Unbekannt " eingeleitet. Das gegen ,,Unbekannt" geführte Ermittlungsverfahren hat im Seite 4 von 5 STAATSMINISTERIUI\4 DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN twlw Schwerpunkt den Tatverdacht der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen zum Gegenstand. Die gegen ,,Bekannt" eingeleiteten Ermittlungsverfahren betreffen jeweils das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (,,Hitlergruß"), in einem Fall in Tatmehrheit mit Beleidigungen zulasten eines Polizeibeamten und in einem weiteren Fall in Tatmehrheit mit versuchter gefährlicher Körperverletzung zu Lasten eines Polizeibeamten. lm Ubrigen ist die Auswertung aller gegenwärtig vorliegenden Videos, einschließlich des Materials, welches während der polizeilichen Maßnahmen von Einsatzkräften aufgenommen wurde, durch die Polizei noch nicht abgeschlossen. lnsofern ist eine abschließende Aussage im sinne der Fragestellung gegenwärtig nicht möglich. Die Einleitung weiterer Ermittlungsverfahren wird sukzessive mit der Auswertung des Videomaterials erfolgen. Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Seite 5 von 5 2018-10-02T14:33:52+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes