STAATSM1N1STERI1JM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Kersten (fraktionslos) Drs.-Nr.: 6/14666 Thema: Geldwäsche im Immobiliensektor Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Einem Artikel in der Sächsischen Zeitung vom 17.06.2018 mit der Überschrift ,Die Mafia und ihre deutschen Häuser' zur kleinen Anfrage der Grünen -Bundestagsfraktion war zu entnehmen, dass der boomende deutsche Immobilienmarkt verstärkt Kriminelle anlockt. Ein Problem in diesem Zusammenhang ist Geldwäsche. Von den erfassten 563 Verfahren zur Organisierten Kriminalität im Jahr 2016 gebe es bei 7 °A' ,Geldwäscheaktivitäten mittels Investitionen in Immobilien'. Dabei geht es in fast der Hälfte der Fälle um russische und italienische Gruppen. Zugleich wird eine hohe Dunkelziffer eingeräumt. Zur Dunkelziffer der Verdachtsfälle und des Geldwäschevolumens im Immobiliensektor lagen der Bundesregierung keine aktuellen Informationen vor, da die Aufsicht im Bereich der Bundesländer liegt. Ein Hauptproblem sei die Verschleierung der wahren Besitzer und Investoren über verschachtelte Firmenkonstrukte." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Fälle von Geldwäscheaktivitäten mittels Investitionen in Immobilien in Sachsen seit 2013 sind der Staatsregierung bekannt und welcher Nationalität werden die Beteiligten zugeordnet? (Bitte die Antwort nach Jahren aufschlüsseln) Frage 3: Welche sächsischen Städte waren/sind seit 2013 von Geldwäscheaktivitäten mittels Investitionen in Immobilien betroffen? Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/65/40 Dresden, 9. Oktober 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 3: Von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen (SächsVerf) ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten . Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren , den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Die angefragten Daten werden statistisch nicht erfasst. Im Zeitraum vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2017 wurden im Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen 1.986 Fälle von Geldwäsche und Verschleierung unrechtmäßiger Vermögenswerte gemäß § 261 Strafgesetzbuch erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern alle 1.986 in Frage kommenden Ermittlungsverfahren händisch ausgewertet werden. Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsverfahrens ansetzt, wären dies über 990 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren . Bei einer 40 -Stunden -Woche wäre ein Sachbearbeiter fast 25 Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Für das Jahr 2013 liegen aufgrund von Aussonderungs- und Löschfristen keine Angaben mehr vor. Frage 2: Auf welche Höhe schätzt die Staatsregierung das jährliche Geldwäschevolumen im Immobiliensektor in Sachsen seit 2013 und wie hoch schätzt die Staatsregierung die Dunkelziffer ein? (bitte die Antwort nach Jahren aufschlüsseln) Die Frage nach einer Schätzung und einer Dunkelziffer ist auf eine Bewertung gerichtet . Von der Abgabe einer Bewertung wird abgesehen. Gemäß Artikel 50 SächsVerf ist die Staatsregierung verpflichtet, über ihre Tätigkeit den Landtag insoweit zu informieren, als dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist. Dieser Informationspflicht der Staatsregierung nach Artikel 50 SächsVerf entspricht das Freistaat SACHSEN Seite 2 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Frage- und Auskunftsrecht der Abgeordneten gegenüber der Staatsregierung nach Artikel 51 SächsVerf. Das Fragerecht kann jedoch nicht dazu dienen, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die die Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, der Abgeordneten Informationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Frage 4: Was unternimmt die Staatsregierung zur besseren Aufklärung von Verdachtsfällen bei Geldwäscheaktivitäten im Immobilienbereich und zur Prävention solcher Kriminalität? Gesetzliche Grundlage für die Bearbeitung von Verdachtsfällen im Zusammenhang mit Geldwäsche bildet das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (Geldwäschegesetz [GwG]). Die Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsmeldungen gemäß § 43 GwG obliegt dem Landeskriminalamt Sachsen und umfasst dabei alle übermittelten Meldungen. Soweit der Verdacht begründet ist, erfolgt die weitere Bearbeitung der Anzeige in der originär zuständigen Polizeidirektion. Eine besondere Bearbeitung von Geldwäscheverdachtsmeldungen im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften ist nicht vorgesehen. Die Geldwäscheprävention erfolgt gemäß den Festlegungen der Vierten EU- Geldwäscherichtlinieml, die im Wesentlichen mit dem Geldwäschegesetz in deutsches Recht umgesetzt wurde, anhand eines risikobasierten Ansatzes. Sie ist demnach als Aufgabe bestimmter Berufsgruppen bestimmt, denen das Geldwäschegesetz besondere Sorgfaltspflichten auferlegt. Alle nach dem Geldwäschegesetz verpflichteten Unternehmen und Personen müssen individuell, selbstständig und eigenverantwortlich ihre eigenen und ggf. gruppenweisen Risiken im In- oder Ausland erfassen und über ein wirksames geldwäschespezifisches Risikomanagement verfügen. So soll bereits im Ansatz verhindert werden, dass aufgrund ihrer Geschäftstätigkeit als risikobehaftet eingeschätzte Unternehmen und Personen für kriminelle Aktivitäten im Rahmen der Geldwäsche missbraucht werden können . Das Geldwäschegesetz legt fest, dass die Aufsichtsbehörden die Einhaltung dieser Pflichten kontrollieren, bei Bedarf Maßnahmen anordnen und Zuwiderhandlungen mit Bußgeldern ahnden. Die Aufsichtsbehörden sind ferner verpflichtet, der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen etwaige Verdachtsfälle unverzüglich zu melden. Im Freistaat Sachsen nimmt die Landesdirektion Sachsen (LDS) die Aufgabe der Aufsichtsbehörde für das Geldwäschegesetz im Bereich Immobilienmakler wahr. Die Geldwäscheaufsicht wird von der LDS insbesondere über stichprobenartige, risikoansatzorientierte Kontrollen bei den geldwäscherechtlich Verpflichteten durchgeführt. [1] RICHTLINIE (EU) 2015/849 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 5 STAATSMINISTERIUM DES INNERN Weiterhin werden den Verpflichteten eine regelmäßig aktualisierte Themenseite im Internet sowie aktuelle Auslegungs- und Anwendungshinweise und Dokumentationsbögen für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und der internen Sicherungsmaßnahmen unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden fachspezifische Vorträge und Informationsveranstaltungen, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit den sächsischen Industrie- und Handelskammern, durchgeführt. Frage 5: Wie stellt sich derzeit in Sachsen die Personalsituation bei den zuständigen Stellen , die an der Aufklärung von Geldwäschefällen beteiligt sind, konkret dar und wie hat sich in diesem Bereich die Personalsituation seit 2013 entwickelt? (Bitte die Antwort nach Jahren aufschlüsseln) In der sächsischen Polizei werden Straftaten im Sinne der Fragestellung in den Polizeidirektionen im Dezernat 3 und im Landeskriminalamt Sachsen im Dezernat 24 bearbeitet . Geldwäsche im Immobiliensektor macht dabei nur einen Teil der in den vorgenannten Bereichen geführten Ermittlungsverfahren aus. Eine feste Zuordnung von Ermittlungspersonen zu dem konkreten Kriminalitätsphänomen besteht grundsätzlich nicht. In der Gesamtsumme waren in den Bereichen nachfolgende Anzahl an Bediensteten eingesetzt . Freistaat SACHSEN Jahr Bedienstete 2013 221 2014 220 2015 222 2016 219 2017 222 2018 223 Die Frage wird durch die Justiz so ausgelegt, dass nach der Personalsituation von mit der Aufklärung von Geldwäschefällen beschäftigten Abteilungen und Dezernaten der sächsischen Staatsanwaltschaften (StA) gefragt ist. Vor diesem Hintergrund wird die für Geldwäscheverfahren gegen bekannte Täter (Js) eingesetzten Arbeitskraftanteile (AKA) in der nachfolgenden tabellarischen Übersicht dargestellt: StA AKA 2013 AKA 2014 AKA 2015 AKA 2016 AKA 2017 AKA 2018 Chemnitz 0,25 0,25 0,50 0,50 0,50 0,50 Dresden 1,2 1,2 1,2 1,2/1,51 1,5 1,5 Görlitz2 0,15-0,20 0,15-0,20 0,15-0,20 0,15-0,20 0,15-0,20 0,15-0,20 ' Leipzig 1,0 1,0 1,0 1,5 2,0 1,8/1,53 Zwickau4 0,3 0,3 0,35 0,4 0,25 0,25 Ein zusätzlicher AKA-Ausweis für Geldwäscheverfahren gegen Unbekannt (UJs) ist nicht möglich, weil diese nicht als qualifizierte UJs-Verfahren eingetragen werden. Sol- 1 Bis 30. September 2016: 1,2 AKA, ab 1. Oktober 2016: 1,5 AKA. 2 Bei dem angegebenen AKA handelt es sich um eine Schätzung. 3 Bis 31. August 2018: 1,8 AKA, ab 1. September 2018: 1,5 AKA. 4 Die angegebenen AKA sind gerundet. Seite 4 von 5 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN che Verfahren kommen jedoch, da der Kontoinhaber regelmäßig bekannt ist, nur selten vor und würden zu keiner Änderung der berichteten AKA-Zahlen führen. bundlicli.en Grüßen f/ L o. Dr. Roland VVöller Freistaat SAC1-I SEN Seite 5 von 5 2018-10-09T10:06:04+0200 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes