STAATSTv11N1STER1UM FÜR SOZ1ALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ SACHSISCHES STMTSMINISTERIUM FOR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Albertstraße 10 I 01097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/15004 Thema: Berufsausbildungsbeihilfe bel gestatteten Geflüchteten Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Nichtdeutsche, geflüchtete Menschen, die eine schulische oder betriebliche Ausbildung, ein Studium oder beispielsweise das letzte Schuljahr an einer Abendoberschule absolvieren, haben in Abhängigkeit ihres Aufenthaltsstatus und Ihres Herkunftslandes (sog. „Bleibeperspektive") keinen , bereits nach einigen Monaten oder erst nach 5 Jahren Anspruch auf ausbildungsvorbereitende Maßnahmen, Ausbildungsförderungen wie Berufsausbildungsbeihilfe, ausbildungsbegleitende Hilfen oder BAföG. Dies führt zu Fallkonstellationen, bel denen z.B. Menschen aus bestimmten Herkunftsländern im Asylverfahren mit Asylbewerberleistungsbezug den Anspruch auf Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz verlieren und gleichzeitig keine Berufsausbildungsbeihilfe oder andere Formen der Ausbildungsförderung oder BAMG (z.B. während einer schullschen Ausbildung) erhalten. Am 16. Januar 2018 beschloss das Sozialgericht Dresden, dass das zuständige Sozialamt verpflichtet sei, dem Antragsteller, der kein BAföG (während des letzten Jahres an der Abendoberschule ) und keine Asylleistungen mehr erhalten hatte, Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren (S 20 AY 46 / 17 ER). Art. 1 Abs. 1 GG sei für den Antragsteller derzeit nicht außerhalb des AsylbLG einlösbar, sodass das Sozialamt als Antragsgegnerin verpflichtet wurde, die Leistungen zu gewähren. (vgl. PM des Sächsischen Flüchtlingsrats e.V. zum Sachverhalt: https://www.saechsischerfluechtlingsrat.de/de/2018/02/16/pm-das-existenzminimum -ist-selbstverstaendlich-nicht-indresden/ und Betreffender, anonymislerter Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 16. Januar 2018: https://www.saechsischer-fluechtlingsrat .delwpcontentluploads/2018/02/SG_DD _1 70118_SGB_XII_22.pdf) Laut Information der Fragestellerin stellte das Sozialgericht Dresden am 20. September 2018 In elner ähnlichen Fallkonstellation erneut fest, dass Leistungen nach dem § 3 AsylbLG auszuzahlen seien (S 20 AY / 48/18 ER). Wieder trat als Antragsgegnerin die Stadt Dresden auf." Freistaat SACHSEN Die Staatsministerin für Gleichstellung und Integration Durchwahl Telefon +49 351 564-54905 Telefax +49 351 564-54909 Ihr Zelchen lhre Nachricht vom Aktenzelchen (bitte bel Antwort angeben) INT-0141.51-18/885 Dresden, 6. November 2018 Hausanschrlft: Stichelsches StaatsmInIsterlum für Sozlales und Verbraucherschutz Albertstraße 10 01097 Dresden Besucheradresse: Bautzner Straße 19a 01099 Dresden www.sms.sachsen.de STAATSM1N1STERIUM FOR SOZ1A1ES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Laut angeführter Pressemittellung des Sächsischen Flüchtlingsrats e.V. werden Wege angeführt, die bundesrechtliche Gesetzeslücke zum Beispiel über Er lease zu Härtefällen oder zu weiterführenden Asylleistungen zu lösen — plant die sächsiache Staatsregierung, mit einem solchen Er lass die unteren Behörden zu einer einheitlichen Vorgehensweise zu verpflichten? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Die Frage berührt den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung, weil der Prozess der Willensbildung der Staatsregierung insoweit noch nicht abgeschlossen ist. Die Länderarbeitsgemeinschaft für Migration und Flüchtlingsfragen hat eine Unterarbeitsgruppe zugunsten einer bundesweit mindestens abgestimmten Verfahrensweise eingesetzt, die Ende dieses Jahres über Vorschläge für einen Mustererlass sowie zur Änderung des AsylbLG beschließen will. Frage 2: In wie vielen weiteren Fällen in sächsischen Kommunen waren Geflüchtete mit Aufenthaltsgestattung seit dem 01. Januar 2017 vom Ausschluss von Leistungen nach AsylbLG betroffen, well sie eine Ausbildung/ Studium/ letztes SchulJahr an einer Abendoberschule begonnen haben und vom Bezug der Ausbildungsförderungen / BaföG ausgeschlossen waren? In wie vielen Fällen beschlossen Sozialgerichte , dass dennoch Leistungen nach AsylbLG gewährt werden müssen, in wie vielen Fällen beschlossen Sozialgerichte, dass keine Leistungen gewährt werden (bitte nach Landkreisen/ kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Vom Leistungsausschluss waren in dem benannten Zeitraum bei der Stadt Chemnitz 3 Personen, beim Landkreis Leipzig 13 Personen und beim Landkreis Meißen 10 Personen betroffen. Es erfolgten hier keine Entscheidungen der Sozialgerichte. Bei der Landeshauptstadt Dresden und dem Erzgebirgskreis erfolgt jeweils keine statistische Erfassung dieser Sachverhalte. Eine händische Auswertung der Leistungsakten erfordert bereits beim Erzgebirgskreis mit ca. 1210 Akten einen unverhältnismäßigen Zeitaufwand von 302 Stunden. Bei der Landeshauptstadt Dresden wäre der Aufwand aufgrund der größeren Anzahl von Akten noch höher. Bei den weiteren Landkreisen und der Stadt Leipzig ist kein Leistungsausschluss erfolgt, da keine entsprechenden Konstellationen vorlagen oder es erfolgte eine Leistungsgewährung auf Grund der Annahme eines Härtefalls nach § 22 Abs. 1 S 2 SGB Xll. Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Regelungen in den einzelnen Landkreisen/ kreisfreien Städten, um eine Fallkonstellation zu vermeiden, bei der Menschen in einer schulischen oder betrieblichen Ausbildung, einem Studium oder in der Abendschule über mehrere Monate unterhalb des Existenzminimums leben müssen well sie weder Asylbewerberleistungen noch Berufsausbildungsbeihilfe noch ausbildungsbegleitende Hilfen noch BAffiG beziehen? Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSM1N1STER1U1V1 FÜR SOZ1ALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Bei den Landkreisen und Kreisfreien Städten erfolgt im Regelfall eine Härtefallprüfung, wenn der Abbruch einer der in der Frage benannten Maßnahme droht. Es werden soweit erforderlich Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gewährt. Frage 4: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Maßnahmen im Dresdner Sozialamt und gegebenenfalls weiterer Behörden, dass die dort angestellten Mitarbelterinnen entsprechend der Sozialgerichtsbeschlüsse entscheiden und sich keine fehlerhaften Entscheidungen innerhalb weniger Monate wiederholen? Bei Analogleistungsberechtigten, die eine Ausbildung, Studium oder schulische Bildungsmaßnahme aufnehmen, sind gemäß § 22 Abs. 1 SGB XII Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgeschlossen, wenn deren Ausbildung im Rahmen der Ausbildungsförderung dem Grunde nach förderungsfähig ist. Die Anwendbarkeit des § 22 Abs. 1 SGB XII im Rahmen von Analogleistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG ist in der Rechtsprechung der Sozialgerichte anerkannt. Streitig in der Rechtsprechung ist, ob dennoch die Gewährung von Asylbewerberleistungen rechtlich möglich 1st. Seitens des SG Dresden werden bereits beide Positionen in den jeweiligen Entscheidungen vertreten . Die in der Kleinen Anfrage benannten Entscheidungen repräsentieren nicht die Rechtsauffassung des Sozialgerichtes, sondern die der 20. Kammer. Der Kammervorsitzende stützt seine Entscheidungen auf das Sozialstaatsgebot und die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Das LSG Niedersachsen-Bremen bejaht ebenfalls (ergänzende) Asylbewerberleistungen , Beschluss vom 13. Februar 2018, Az L 8 AY1/18 B ER. Es begründet seine Entscheidung mit einer analogen Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II und dem Vorliegen einer besonderen Härte bei einem Abbruch der Ausbildung aufgrund dem Leistungsausschluss für Auszubildende. Begründet wird die analoge Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II damit, dass vor der Änderung dieser Norm durch das 9. SGB II-ÄndG die Parallelvorschriften des SGB II und SBG XII gleichlautend waren. Die unterbliebene Änderung des SGB XII wird als gesetzgeberisches Versehen gewertet. Freis taat SACHSEN Das LSG NRW (Beschluss vom 26. Januar 2018, Az L 20 AY 19/17 B ER) und das Schleswig-Holsteinische LSG (Beschluss vom 24. November 2018, Az L 9 AY 1 56/1 7 B ER) bekräftigen in ihren Entscheidungen den Ausschluss von Leistungen der Sozialhilfe für einen Asylbewerber bei Anspruchsberechtigung nach dem BAföG dem Grunde nach. Diese begründen die Entscheidungen damit, dass bei einem Abbruch der Ausbildung aufgrund des Leistungsausschlusses für Auszubildende keine besondere Härte vorliegt und auch kein Raum für eine analoge Anwendung des § 7 Abs. 5 SGB II besteht. Begründend wird weiter ausgeführt: Die im BAföG und SGB III vorgesehenen Ausbildungsförderungsmöglichkeiten , welche die Kosten der Ausbildung und den Lebensunterhalt umfassen, sind nach der gesetzgeberischen Konzeption der Sozialsysteme abschließend . Es soil keine weitere Ausbildungsförderung über die Sozialhilfe erfolgen. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung der Sozialgerichte sind Verwaltungsentscheidungen , die einen Leistungsausschluss auf § 22 Abs. 1 S 1 SGB XII stützen, nicht per se fehlerhaft. Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER1UM FÜR SOZ1ALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Mit freundlichen Grüßen Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2018-11-07T18:48:49+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes