STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/15252 Thema: Weitere Vorfälle bei Sammelabschiebungen nach Georgien am 11. September und 11. Oktober Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Herr E. Lebte im Landkreis Nordsachsen und litt an Leberzirrhose und HIV. Nach Information der Fragestellerin wusste die lokale Ausländerbehörde von den Erkrankungen, da ihr Atteste vorgelegt wurden . Für den 15 Oktober sei ein Termin bei dem*der Amtsärztin vereinbart w orden, um seine Reisefähigkei t zu prüfen. Laut BAMF- Informationsblatt zu Georgien aus dem Jahr 2014 werden antiretrovirale Medikamente nur von Hilfsorganisationen ausgegeben. Er wurde am 11. Oktober abgeschoben (http://www.bamf.de/SharedDocs/MILo- DB/DE/Rueckkeh rfoerderu ng/Laenderi nformationen/Informationsblaett er/cfs_georgiendl_de.pdf? blob=publicationFile). Die 17 -jährige Frau F. aus Leipzig absolvierte eine Ausbildung als Kauffrau im Einzelhandel. Sie wurde mit ihrer Familie am 11. Oktober abgeschoben. Am 11. September wurde die 42 -jährige Frau G. während ihrer Dialyse aus dem St. Georg Krankenhaus in Leipzig abgeholt und zusammen mit ihrem Bruder und ihrer Mutter nach Georgien abgeschoben. Frau G. Leidet nach Information der Fragestellerin an einer seltenen Form der Niereninsuffizienz sowie an einer Erbkrankheit. Es wurde angestrebt , dass die interdisziplinäre Transplantationskonferenz nach einer Prüfung die Transplantation einer Niere ihrer eigenen Mutter gestatten würde. Laut Aussage des in Sachsen verbliebenen Vaters von Frau G., habe die Konferenz die Transplantation vor der Abschiebung genehmigt . Weiterhin wurde eine mentale Retardierung bereits im Jahr 2016 festgestellt, die Eltern von Frau G. hatten die Vormundschaft und Betreuung beantragt." Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bit te bei Antw or t angeben) 2-1053/42/277 Dresden, 30. November 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERIUM DES INNERN Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: War der lokalen Ausländerbehörde/ der Zentralen Ausländerbehörde die Atteste über die Leberzirrhose und die HIV-Infektion bekannt und warum täuschte die lokale Ausländerbehörde Herrn E., indem sie ihm vorspiegelte, dass seine Reisefähigkeit am 15. Oktober geprüft werde? Der unteren Ausländerbehörde lagen ärztliche Unterlagen zu Erkrankungen des Herrn E. vor, welche im Rahmen der Abschiebungsplanung an die Landesdirektion Sachsen (LDS) weitergeleitet wurden. Eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung gern. § 60a Abs. 2c Aufenthaltsgesetz (AufenthG) über eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, hat Herr E. nicht vorgelegt. Eine Untersuchung der Reisefähigkeit von Amts wegen wurde von der unteren Ausländerbehörde und der LDS auch aufgrund der vorliegenden ärztlichen Unterlagen als nicht notwendig erachtet. Der Arzttermin am 15. Oktober 2018 wurde der Ausländerbehörde durch die Heimleitung kurzfristig bekanntgegeben , er wurde nicht von der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) veranlasst. Die Behauptung einer dahingehenden Täuschung des Herrn E. ist daher unzutreffend. Die in der Vorbemerkung dargestellten Umstände zur Behandelbarkeit von Krankheiten im Heimatland sind zielstaatsbezogen und deshalb nicht in der Zuständigkeit sächsischer Ausländerbehörden zu prüfen. Frage 2: Hatte Frau F. einen Antrag auf Ausbildungsduldung gestellt, und wenn ja, warum wurde er offenbar abgelehnt und wenn nein, hat die Ausländerbehörde geprüft, ob die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ausbildungsduldung vorliegen und hat sie Frau F. dementsprechend über die Möglichkeit der Antragstellung informiert ? Unter Bezugnahme auf die Vorbemerkung zu der Kleinen Anfrage gibt es keine 17- jährige Frau F., die am 11. Oktober 2018 nach Georgien abgeschoben wurde. Die Staatsregierung geht davon aus, dass es sich um die 17 -jährige Frau A. handelt. Frau A. hatte bei der zuständigen Ausländerbehörde über ihre Verfahrensbevollmächtigte einen Antrag auf Erteilung einer Ausbildungsduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG gestellt. Die Aufnahme einer Ausbildung erfolgte ohne die erforderliche Erlaubnis der zuständigen Ausländerbehörde. Frau A. wurde in einem Vorsprachetermin in der Ausländerbehörde darauf hingewiesen, dass sie die Ausbildung nicht ohne vorherige Erlaubnis der Ausländerbehörde aufnehmen dürfe. Die Betroffene wurde noch vor einer abschließenden Bescheidung des Antrags auf Erteilung der Ausbildungsduldung am 11. Oktober 2018 abgeschoben. Einerseits erfolgte die Aufnahme der Ausbildung nicht nach Maßgabe der zu beachtenden aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen nach §§ 4 Abs. 2 Satz 3, § 42 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG in Verbindung mit § 32 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 Beschäftigungsverordnung. Danach ist für die bei der Aufnahme einer Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf lediglich die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit entbehrlich, das Erfordernis einer Erlaubnis besteht jedoch uneingeschränkt fort. Nach den Gesetzesmaterialien zielt die Neuregelung in § 60a Freistaat SACHSEN Seite 2 von 4 STAATSMIN1STERIUM DES INNERN Abs. 2 Satz 4 ff. AufenthG nur darauf ab, für die Dauer einer — im Einklang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen aufgenommenen — Berufsausbildung mehr Rechtssicherheit für Geduldete und Ausbildungsbetriebe zu schaffen (vgl. BT-Drucks. 18/8615, S. 26). Ein eigenmächtiges und damit rechtswidriges Verhalten sollte durch diese Regelung gerade nicht begünstigt werden. Frage 3: War der lokalen Ausländerbehörde/ der Zentralen Ausländerbehörde der Attest über die Nierenerkrankung und die mentale Retardierung bekannt, wurden hierüber Rückschlüsse über die Möglichkeiten von Frau G., die potentiellen Folgen ihrer Ausreisepflicht wahrzunehmen und wenn ja, warum führten diese Rückschlüsse nicht zur Aussetzung der Abschiebung, warum erachteten die Behörden es in Hinblick auf Art. 2 GG als geboten an, Frau F. während der Dialyse aus dem Krankenhaus abzuholen, wurde und wenn ja wie wurde die medizinische Begleitung zum Flughafen gewährleistet und wurde die Flughafenseelsorge am Flughafen Leipzig/ Halle vorab über die Erkrankungen von Frau G. informiert und wenn nein, warum und wie stellt sich die Trennung der Mutter von Frau G. von ihrem Mann in Hinblick auf Art. 6 GG dar? Der LDS war im Rahmen der Abschiebungsplanung nur aus dem Asylverfahren bekannt , dass sich die volljährige Frau G. in medizinischer Behandlung aufgrund einer Erkrankung befindet. Eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung über eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann (§ 60a Abs. 2c AufenthG) oder sonstige medizinische Unterlagen hat Frau G. trotz erfolgter Belehrung weder bei der Ausländerbehörde noch bei der Landesdirektion Sachsen vorgelegt. Nachdem der LDS am Abschiebetag mitgeteilt wurde, dass noch medizinische Unterlagen bei der Ausländerbehörde eingegangen waren, wurde die Reisefähigkeit von Frau G. durch drei Ärzte bestätigt und nach Georgien gemeldet. Da Chartermaßnahmen nach Georgien immer durch einen georgischen und durch einen deutschen Arzt begleitet werden, wurde über den deutschen Begleitarzt daraufhin eine Weiter- und Dialysebehandlung in Georgien organisiert. Frau G. war mit allen notwendigen Unterlagen für die organisierte Weiterbehandlung in Georgien ausgestattet. Anhaltspunkte für Bedenken an der Reisefähigkeit ergeben sich auch in Ansehung von Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht. Die Abschiebungsmaßnahme hat darüber hinaus nicht während, sondern nach Abschluss der Dialyse begonnen. Medizinische Begleitung zum Flughafen war ebenso wenig erforderlich wie die Einbeziehung der Flughafenseelsorge. Der Asylantrag des Ehegatten der Mutter von Frau G. wurde zwischenzeitlich ebenfalls rechtskräftig abgelehnt. Art. 6 GG stand der Abschiebung der Mutter der Frau G. im Hinblick auf die vorübergehende Trennung von ihrem Ehemann nicht entgegen, zumal die Eheleute auch zuvor getrennt voneinander in einem Abstand von ca. eineinhalb Jahren in die Bundesrepublik Deutschland eingereist waren. Es ist dem Ehemann unbenommen , seiner Ausreisepflicht freiwillig nachzukommen. Eine Abschiebung des Ehegatten der Mutter von Frau G. war aus formalen Gründen am 11. Oktober 2018 nicht möglich. Freistaat SACHSEN Seite 3 von 4 STAATSNI1N1STER1UM DES INNERN g4;1 er_7 Frage 4: War der Ausländerbehörde bekannt, dass ein Betreuungsverfahren für die Tochter von Frau und Herrn G. am Amtsgericht Leipzig anhängig war, welche Mitglieder der Familie sollten die Tochter demnach betreuen und warum wurde der Abschluss des Verfahrens nicht abgewartet? Zu einem anhängigen Betreuungsverfahren liegen weder der LDS noch der unteren Ausländerbehörde Informationen vor. Anhängige Verfahren in Betreuungsangelegenheiten stehen der Durchführung einer Abschiebung auch nicht entgegen. Frage 5: Wie stellt sich die aufenthaltsrechtliche Situation der Familie A. Aus Olbernhau in Drs. 6/14772 über die vollziehbare Ausreisepflicht hinaus, beispielsweise Aussetzung der Abschiebung über eine Ermessensduldung, dar beziehungsweise unternimmt die Ausländerbehörde Schritte, die Abschiebung auszusetzen oder den Aufenthalt zu erlauben? Eine Beantwortung der Frage ist nicht möglich, da die von der Fragestellerin benannte Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/14772 keine Rückschlüsse zulässt, auf welche Familie sich die Fragestellung bezieht. Die Drs.-Nr. 6/14772 betrifft die Kleine Anfrage zum Thema Familien- und Sexualerziehung an der Grundschule Thermalbad Wiesenbad. rüßen Prof. Dr. Roland Wöller Freistaat SACHSEN Seite 4 von 4 2018-11-30T11:42:17+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes