STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard -von -Lindenau -Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/15260 Thema: Kamenzer Straße 10/12 in Leipzig Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Die Fragestellerin verwendet in der Kleinen Anfrage den Begriff „extrem rechte Szene". Für die Beantwortung wird insoweit auf die Vorbemerkung Nummer I. in der Antwort der Sächsischen Staatsregierung auf die Große Anfrage Drs.-Nr. 5/4956 verwiesen. Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Besitzverhältnisse und die Nutzung des Objektes in der Kamenzer Straße 10/12 in Leipzig? Bei dem Eigentümer des Objektes handelt es sich um eine Privatperson. Weitere Informationen können aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht genannt werden. Auskünfte über personenbezogene Daten, insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 Verfassung des Freistaates Sachsen — SächsVerf). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch der Fragestellerin mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 Gesetz über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen (SächsVSG) über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-1053/50/7 Dresden, 30. November 2018 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3,6, 7,8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEN nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, als es hier nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Frage 2: Wird der Gebäudekomplex als „rechtsextremistisch genutzte Immobilie" geführt? Ja. Frage 3: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über die Nutzung des Objektes als Treffort von Neonazis, von Motorradclubs, der extrem rechten Szene zuzuordnenden Fussballfans oder Hooligans, die welcher Fangruppierung zuzuordnen sind? Der Staatsregierung liegen Informationen darüber vor, dass in dem Objekt am 20. September 2008, am 8. November 2008 und am 29. November 2008 jeweils ein rechtsextremistisches Konzert durchgeführt wurde. Ein rechtsextremistisches Konzert am 13. Januar 2018 wurde verhindert. Darüber hinaus liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, deren Mitteilung überwiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 SächsVerf) entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit den Nummern 3.3 und 3.4 der Verwaltungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABI. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 SächsVSG) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlassen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essenziell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse der Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz Seite 2 von 3 und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch der Abgeordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staatsregierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontrollkommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Frage 4: Welche Ermittlungs- und Strafverfahren, die als PMK rechts geführt werden und die in welchem Zusammenhang mit dem Objekt Kamenzer Straße 10/12 stehen, wurden im Zeitraum 2007 bis 2018 registriert? Ausweislich des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK) mit Stand 6. November 2018 sind unter dem Phänomenbereich PMK -rechts- im Zusammenhang mit dem fragegegenständlichen Objekt seit dem Jahr 2007 bislang vier Straftaten verzeichnet. Im Einzelnen handelt es sich dabei in drei Fällen aus den Jahren 2015, 2016 und 2017 um gemeinschädliche Sachbeschädigungen an einer Gedenktafel gemäß § 304 Strafgesetzbuch (StGB) und in einem Fall aus dem Jahr 2018 um das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen gemäß § 86a StGB. ,Mit frdundlichen Grüßen • ,2 / Prof. Dr. Roland Wöller Seite 3 von 3 2018-11-30T11:28:43+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes