STAATSMìNISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Postfach 100510 | 01076Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Volkmar Zschocke (BUNDNIS 90/ DIE GRUNEN} Drs.-Nr.: 6115444 Thema: Austrocknung Hochmoor Hartmannsdorfer Forst / Ablassen Filzteich Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Um die zahlreichen Wasserkraftanlagen der Schneeberger Gruben betreiben zu können, wurde gegen Ende des 15. Jahrhunderts der Filzteich bei Neustädtel errichtet. Er gehört damit zu den ältesten wasserwirtschaftlichen Speichern Sachsens und ist der größte Kunstteich des Erzgebirges. Ferner ist er Teil der Welterbe-Nominierung der Montanen Kulturlandschaft Erzgebirge. Jedoch besitzt der Filzteich auch als Naturgewässer eine hohe Bedeutung . Das Wasser des Zulaufs entspringt im Hochmoor des Hartmannsdorfer Forstes. Nach der diesjährigen Witterung mit anhaltenden Trockenheitsperioden bis in den Herbst hinein ist das den Filzteich speisende Moor völlig vertrocknet. Verschärfend kommt hinzu, dass Mitte September dieses Jahres das Wasser des Filzteiches durch den Betreiber, die Schneeberger Stadtwerke , wieder kontrolliert abgelassen wurde." Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung: Das Jahnsgrüner Hochmoor, der westliche Teil des Filzteiches und die Flächen dazwischen liegen im FFH-Gebiet Nr. 284 ,,Moorgebiet am Filzteich und Stockteich". Dieses ist weitgehend deckungsgleich mit dem Naturschutzgebiet (NSG) ,,Heide und Mooruvald am Filzteich". Ein Vogelschutzgebiet (SPA) ist nicht ausgewiesen. 5 FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564-20000 Telefax +49 351 564-20007 poststelle@ sm ul.sachsen.de* lhr Zeichen lhre Nachricht vom 27. November 2018 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) z-1050t2t404 Dresden, lt. l¿, lo¡0 s¡mu1+ =!!!!!!!= - - - - o,(\¡(o o)\f @ oN Dh zùlùñÈrnthft 4r g&kbbÈhhßlèdffi &u'liltu.dhûebñ Hausanschr¡ft: Sächs¡sches Staatsm¡nisterium für Umwelt und Landwirtschaft Archivstraße I 0l 097 Dresden www.smul.sachsen.de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Für Besucher mit Behinderungen bef nden sich gekennzeichnete Parkplätze am Königsufer. Für alle Besucherparkplätze gilt: Bitte beim Pfortendienst melden. Bitte beachten Sie die allgemeinen Hinweise zur Verarbeitung personenbezogener Daten durch das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft zur Erfüllung der lnformationspflichten nach der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung auf www.smul.sachsen.de * Kein Zugang für elektronisch signiêrte sow¡e für verschltlsseltê elektron¡schê DokumsnteSeite 1 von 4 STAATSIVI ì N'I STE Rì U IVI FÜR UMWELT UND LANDì,VIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Die NSG-Flächen am Filzteich und westlich bis zur Torfstraße gehören als ehemalige Militärflächen zum Nationalen Naturerbe und wurden an die DBU Naturerbe GmbH übertragen. Frage l: Welche konkrete Anordnung seitens welcher Behörde gibt es, den Filzteich alle drei Jahre zu entleeren? Die Landesdirektion Sachsen (LDS) ist entsprechend der Sächsischen Wassezuständigkeitsverordnung in Verbindung mit der Verwaltungsvorschrift (VwV) Stauanlagen für die sicherheitstechnische Übenrachung von Stauanlagen nach $ 67 Sächsisches Wassergesetz im Freistaat Sachsen zuständig. Zu diesen Anlagen gehört auch der Filzteich. Nach der VwV Stauanlagen sind die Stauanlagen nach genehmigten und fortzuschreibenden Betriebsvorschriften so zu betreiben, dass sicherheitsrelevante Abweichungen vom planmäßigen Verhalten rechtzeitig erkannt und abgestellt werden. Damit können Gefährdungen, die von der Anlage ausgehen, eingeschränkt beziehungsweise vermieden werden. Der Betrieb der Stauanlage Filzteich wird in einer Betriebsvorschrift geregelt, die vom Betreiber der wasseruvirtschaftlichen Anlage, der Stadtwerke Schneeberg GmbH, aufgestellt wurde. Die aktuelle Betriebsvorschrift datiert vom 23. Januar 2008. Die Einhaltung der Betriebsvorschrift wird von der LDS durch die Vorlage jährlicher Sicherheitsberichte und Kontrollbegehungen kontrolliert. Die technischen Vorschriften für Stauanlagen (DlN 19700-11) in Verbindung mit der VwV Stauanlagen sehen die regelmäßige Bedienung und Übenryachung der Betriebseinrichtungen vor. ln der oben angeführten Betriebsvorschrift ist hierzu eine Kontrolle der Gesamtanlage aller drei Jahre im geleerten Zustand vorgesehen. Dieser Zeitraum wurde gemeinsam mit der Aufsichtsbehörde festgelegt, um die generelle Funktionstüchtigkeit der unter Denkmalschutz stehenden Stauanlage zu erhalten. Diese Vorgehensweise entspricht den Vorgaben dêr Landestalsperrenverwaltung des Freistaates Sachsen zur Übenryachung ihrer mit dem Filzteich vergleichbaren Anlagen der Revierwasserlaufanstalt im Freiberger Raum. Weitere behördliche Auflagen und Vorgaben existieren hiezu nicht. Nach $ 6 der NSG-Verordnung aus dem Jahr 2010 sind die Unterhaltung und lnstandsetzung der vorhandenen Anlagen (hierzu zählt auch die Stauanlage Filzeteich) in ihrer bisherigen Art und in ihrem bisherigen Umfang zulässig mit der Maßgabe, dass diese der unteren Naturschutzbehörde mindestens eine Woche vor Beginn schriftlich anzuzeigen sind. Frage 2: Welche Auswirkungen hat das Ablassen des Wassers auf den hydrologischen Haushalt des Hochmoores sowie welche Folgen für die dortige Flora und Fauna? Die noch erhaltenen Moorstandorte umfassen gegenwärtig drei Teilbereiche mit circa 60 Hektar Gesamtfläche. Es handelt sich dabei um einen Hochmoorstandort im Teilgebiet Jahnsgrün, um einen kleineren Moorbereich nördlich der Torfstraße und um eine kleine Fläche im Anschluss an den südlichen Dammbereich des Filzteiches. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUI\4 FÜR UMWELT UND LANDWìRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Das Wassereinzugsgebiet des Filzteiches Schneeberg umfasst den gesamten südwestlichen Teil des Hartmannsdorfer Forstes. Zahlreiche, meist künstlich angelegte Entwässerungsgräben dieses Waldgebietes fließen im Wesentlichen dem Filzbach zu, der als Hauptzufluss den Schneeberger Filzteich speist. Das Wassereinzugsgebiet hat eine Größe von circa 400 Hektar und umfasst vornehmlich bewirtschaftete Waldflächen . Die Moorstandorte besitzen keine Zuflüsse, halten aber die Niederschläge in diesen Moorgebieten fast vollständig zurück. Eine Abgabe von Wasser aus diesen Moorbereichen tritt nur bei hohen Niederschlagsmengen auf. Sie erfolgt einerseits in den Filzbach und andererseits über den Rohrbach in Richtung der Eibenstocker Talsperre. lnfolge der durch jahrhundertelangen Torfabbau und Forstwirtschaft veränderten hydrologischen Verhältnisse ist die aktuelle Moorhydrologie der verbliebenen Moorstandorte weitgehend unbekannt. Aus den Beobachtungen der zuruckliegenden Jahzehnte im Umfeld des Filzteiches konnten bisher keine gravierenden Veränderungen in der Fauna und Flora der Moorflächen festgestellt werden, die auf das Ablassen des Filzteiches zurückgeführt werden könnten. Dass die Moorstandorte in diesem Jahr fast vollständig ausgetrocknet sind, ist nach hiesiger Einschätzung auf die fehlenden Niederschläge zurückzuführen. Ein Ablassen des Filzteiches (nach Digitalem Geländemodell [DGM] 544 Meter über Normalnull) hat auf die Hydrologie, Flora und Fauna des Jahnsgrüner Hochmoores, welches sich seit Ende des Torfabbaus Anfang der 1990er Jahre in Regeneration befindet, keine Auswirkungen. Der am tiefsten gelegene nordöstliche Bereich des Moores liegt nach DGM bei 563 Meter über Normalnull und etwa 1,8 Kilometer Luftlinie vom Filzteich entfernt. Das Wasser aus dem Einzugsgebiet des Filzbaches oberhalb des Teiches, zu dem auch Teile des Hochmoores zählen, fließt entsprechend des Geländereliefs ab. Der Wasserstand im Filzteich hat darauf keinen signifikanten Einfluss. Frage 3: Welche langfristigen Stabilisierungsmaßnahmen sind notwendig und geeignet - auch im Hinblick auf lange Witterungsperioden ohne Niederschläge -, um ein Austrocknen des Moorbiotops zu verhindern? Grundvoraussetzung für den Erhalt der Moorstandorte sind die für Hochmoore notwendigen hohen jährlichen Niederschlagsmengen von etwa 1000 Millimetern und möglichst niedrige Jahrestemperaturen. Hochmoore werden im Wesentlichen nur von Niederschlägen gespeist. Bleiben diese aus, so findet kein weiteres Wachstum statt. Die extreme Trockenheit im Jahr 2018 hatte Auswirkungen auf zahlreiche Moorflächen im Freistaat Sachsen, im Tiefland ebenso wie im Bergland. Maßnahmen zur Stabilisierung des Wasserhaushaltes, zur Wasserrückhaltung und zut Moorrevitalisierung (Wiedervernässung) können helfen, die negativen Auswirkungen von Trockenperioden abzumildern, diese aber nicht gänzlich verhindern. Entsprechende Maßnahmen haben auch in Teilbereichen des Jahnsgrüner Hochmoores stattgefunden. So hat zum Beispiel der Forstbezirk Plauen auf circa einem Hektar Wiedervernässungsmaßnahmen im Staatswald des FFH-Gebietes umgesetzt. Weiterhin erfolgten eine regelmäßige Wartung der Wasserrückhaltedämme, Gehölzbeseitigungen zur Offenhaltung oder der Erneuerung von Grabenverschlüssen. Mit diesen Seite 3 von 4 STAATSMINISTERìUM FÜR UMWELT UND LANDWIRTSCHAFT Freistaat SACHSEN5 Maßnahmen wird gewährleistet, dass Niederschläge weitestgehend in den Moorbereichen zurückgehalten werden. Weitere Maßnahmen müssen mit dem Trinkwasserschutz vereinbar sein, da ein Teil des Hochmoores im Einzugsgebiet und Trinkwasserschutzgebiet der Talsperre Eibenstock liegt, die eine sehr große Bedeutung für die Versorgung der Bevölkerung Südsachsens mit sauberem Trinkwasser hat. Frage 4: Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, bei sich abzeichnenden langen Trockenperioden die Betriebsvorschrift zum Ablassen des Wasserspeichers außer Kraft zu setzen bal. mit Ausnahmegenehmigungen (beispielsweise durch Kontrollen nur aller ftinf Jahre) regulierend in den Wasserhaushalt einzugreifen, um eine Gefährdung des Moores auszuschließen? Anderungen in der baulichen Übenrachung einer Stauanlage sind sicherheitsrelevant und bedürfen einer Anderung der Betriebsvorschrift, die jedoch nicht zulasten der Stauanlagensicherheit gehen darf. Eine solche Anderung wäre vom Anlagenbetreiber vozunehmen. lhr würden umfangreiche fachliche Abstimmungen und eine intensive Auswertung der bisherigen Überwachung zwischen Betreiber und Aufsichtsbehörden vorausgehen. Frage 5: Welche Möglichkeiten bestehen, die Wasserseite des Damms auch ohne Ablassen des Wasser baulich kontrollieren zu lassen? Eine Kontrolle der Wasserseite des Dammes könnte theoretisch auch durch Taucher erfolgen. Diese Kontrollmethode hat aber den Nachteil, dass die damit verbundene visuelle Aufnahme des Dammbereiches durch ein eingeschränktes Sichtfeld der Taucher (vorhandene Wassertrübung durch Huminstoffe) und der eingeschränkten Bewegungsfreiheit der Taucher durch deren Ausrüstung keine vergleichbaren qualitativen Aussagen zur Begutachtung des Dammbereiches im abgelassenen Zustand ermöglichen . Demnach würde diese Kontrollmethode zu einer Einschränkung der Stauanlagenüberwach ung gegen ü ber der bisherigen Verfahrensweise führen. ichen Grüßen A- Thomas Schmidt Seite 4 von 4 2018-12-27T14:54:38+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes