Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Postfach 1 o 03 29 1 01073 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden STAATS MINISTERIUM FÜR WlRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Jana Pinka (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/15563 Thema: Bergbauliche Rückstellungen und Vorsorgevereinbarung - angenommene Zeiträume und inhaltliche Reichweiten Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: ,,Die gegenwärtig geltenden bergrechtlichen Zulassungen (Rahmenbetriebspläne ) für die Braunkohlentagebaue in Sachsen sind im Fall des Tgb. Reichwalde bis zum 31.12.2032 (Zulassung vom 25.02.1994), im Fall des Tgb. Nochten bis zum 31.12.2026 befristet (Zulassung vom 25.02.1994). Ein Antrag auf Verlängerung, Ergänzung oder Abänderung dieser RBPle liegt bislang nicht vor - insofern wäre nach diesen Zeitpunkten ein bergmännischer Abbau in diesen Tagebauen rechtswidrig. Gleichwohl wurde im Falle des Tgb. Nochten ein Scoping in Vorbereitung eines bergrechtlichen Planfeststellungsverfahrens nach § 52 Abs. 2a BBergG durchgeführt. Derartige Planverfahren ziehen sich bis zur Genehmigungsreife über Jahre hin. Im von den Ländern Sachsen und Brandenburg wohl gemeinsam beauftragten Gutachten „ Vorsorge für die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche im Lausitzer Braunkohlebergbau Validierung und Plausibilitätsprüfung der bergbaubedingten Rückstellungen für die Braunkoh- /entagebaue der Lausitz Energie Bergbau AG" (Online unter: https://lbgr.brandenburg.de/media fast/4055/Gutachten%20R%C3%BCc kstellungen.pdf) wird u.a. das System der Rückstellungen betrachtet. Die Übersicht über die bis Jahresende 2016 „angesparten" bilanziellen Rückstellungssummen in den einzelnen Lausitzer Tagebauen (Anteil an Gesamtrückstellungen) macht deutlich, dass bzgl. des Abbauendes/ Restraumgestaltung wohl nicht mit den rechtsverbindlichen Rahmenbetriebsplan -Zeiträumen, sondern mit den Vattenfall/ LEAG - Vorstellungen als jeweiligen Endzeitpunkten für das Ansammeln von bilanziellen Rückstellungen gerechnet wurde. Lt. Revierkonzept der LEAG vom Seite 1 von 5 ~ SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon : 035 1 564-80001 Telefax: 0351 564-80080 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) PKL-1053/79/16-2018/53722 , ... Ztrt1fk.1tse tt2006 audlt berufund f.1milK" Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden Außenstellen Hoyerswerdaer Straße 1 01099 Dresden Glacisstraße 4 01099 Dresden www.smwa.sachsen.de Verkehrsanbindung Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 - Haltestelle Carolaplatz * Information zum Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente unter www smwa sachsen.de/kontakt.htm ~ poststelle@smwa-sachsen. de-mail.de STAATSMlNlSTERlUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR ~SACHSEN März 2017 soll der Tagebau Nochten (incl. TF Mühlrose - ab 2027) bis 2042 betrieben werden, der Tgb. Reichwalde etwa 2042 bis 2045. Ergebnis ist, dass zum Endzeitpunkt der gegenwärtig genehmigten Rahmenbetriebspläne wohl nicht einmal bilanzielle Rückstellungen in der erforderlichen Höhe vorliegen. Insbesondere in Sachsen ist die Situation gravierend: Bislang angesparte bilanzrechtliche Tagebau Restlaufzeit Rückstellungs- Auskohlungsgrad mittel - Anteil an den Gesamtrückstellungen bis 2023 lt. LEAG- Vorstellungen (RBPI- Zulassungsende Jänschwalde zum Zeitpunkt der 34% 89,8 % Erstellung des LBGR- Gutachtens: Jahresende 2019) Bis 2033 lt. LEAG- Vorstellungen (ohne Welzow- Süd); Entscheidung zu Welzow- Welzow-Süd Süd soll im Jahr 29% 79,2 % 2020 erfolgen (gültiger Rahmenbetriebsplan v. 0412018 bis 2038 - ohne Welzow-Süd) Unklar, Rahmenbetriebsplan zur Abbaggerung von Mühlrose gegenwärtig nicht bean- Nochten tragt (bis 2042 lt. 20% 78,9 % LEAG- Vorstellungen incl. TF Mühlrose) gü/- tiger Rahmenbetriebsplan bis 2026 Bis 2042 (-2045) lt. LEAG- Reichwalde Vorstellungen gül- 7% 32,3 % tiger Rahmenbetriebsplan bis 2032 Seite 2 von 5 STAATSMJNJSTERJUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR Deutlich ist die Äußerung des Gutachters, dass bilanzielle Rückstellungen nicht insolvenzfest sind: „Indes stehen bilanziellen Rückstellungen schon einmal keine konkreten Vermögenswerte gegenüber; sie haben m. a. W. nur bedingte Aussagekraft hinsichtlich der tatsächlichen Verfügbarkeit liquiden Vermögens. Insofern können Unsicherheiten dahingehend verbleiben, ob der Unternehmer die Kosten der Wiedernutzbarmachung zum Zeitpunkt ihrer Realisierung auch tatsächlich wird bestreiten können. Nachteilhaft wirkt dies namentlich im Fall der Überschuldung oder sogar der Insolvenz des Unternehmers im Zeitpunkt der Wiedernutzbarmachung; Rückstellungen sind m. a. W. nicht inso/venzfest." S. 8 Teil B des vom LBGR beauftragten Gutachtens Dennoch waren diese jahrzehntelang die einzige Absicherung der öffentlichen Hand und stellen bis zum Abschluss und der Erfüllung von geplanten Vorsorgevereinbarungen die einzige Vorsorge des Bergbautreibenden dar. Im Falle des Tgb. Nochten hat sich das Oberbergamt ab dem Hauptbetriebsplan 2016/ 2017 durch die Nebenbestimmung 28 nachträglich über den Stand der bilanziellen Rückstellungen informieren lassen. Wiedernutzbarmachung im von der LBGR beauftragten Gutachten beinhaltet scheinbar nicht die Wiederherstellung eines verträglichen Wasserregimes im gesamten Bereich des Absenkungstrichters und ggf. darüber hinausiii, sondern lediglich im Bereich der direkten Abbaggerung. -vgl.: Frenz, W. in NuR 2018/ 40 „Solange die durch den Bergbau gesetzten Ursachen nachwirken, muss das Bergbauunternehmen also einstehen. Es werden alle Folgewirkungen erfasst, die auf die gefahrgeneigte Bergbautätigkeit als Anknüpfungspunkt zurückzuführen sind. Für diesen langen Zeitraum muss das Bergbauunternehmen dann auch finanziell leistungsfähig sein." Frenz, W. in NuR 2018/ 40: 527" Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Zeiträume werden im Falle der Tagebaue Nochten und Reichwalde jeweils für die Restraumgestaltung (nach Abschluss der aktiven Auskohlung bis zum Ende der Wiedernutzbarmachung) seitens des Bergbautreibenden angenommen? Seitens der Bergbautreibenden wird im Fall des Tagebaus Nochten ein Zeitraum von 2043 bis 2088 sowie im Fall des Tagebaus Reichwalde ein Zeitraum von 2043 bis 2080 für die Wiedernutzbarmachung angenommen. Diese Maßnahmen umfassen neben der eigentlichen Restraumgestaltung u. a. auch die Rückbauverpflichtungen, die Rekultivierung sowie die wasserwirtschaftlichen Nachsorgemaßnahmen. Seite 3 von 5 Freistaat SACHSEN STAATSMINISTERIUM FÜR WlRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR ~SACHSEN Frage 2: Bis zu welchem relativen und absoluten Anteil wären damit bilanzielle Rückstellungen gemessen an den Gesamtrückstellungen (vgl. S. 88 des genannten Gutachtens; Rückstellungsbilanzierung auf Basis des Ansammlungsprinzips) zum Zeitpunkt des Endes der heute gültigen Rahmenbetriebspläne - Nochten 2026, Reichwalde 2032 - gebildet? Die Wiedernutzbarmachung erfolgt in der Regel parallel zur Gewinnung . Die betreffenden Rückstellungen werden entsprechend jeweils aufgelöst und neu gebildet. Die Basis stellen die durch das Unternehmen auf der Grundlage der Genehmigungssituation kalkulierten Erfüllungsbeträge zum jeweiligen Zeitpunkt dar. Die ordnungsgemäße Umsetzung dieser Verfahrensweise wurde durch das Gutachten „Vorsorge für die Wiedernutzbarmachung der Oberfläche im Lausitzer Braunkohlenbergbau - Validierung und Plausibilitätsprüfung der bergbaubedingten Rückstellungen für die Braunkohlentagebaue der Lausitz Energie Bergbau AG", Prof. Tudeshki vom 29. Oktober 2018 bestätigt (vgl. Abschnitte 10.4 und 11 .5 des o.g. Gutachtens). Eine Prognose absoluter bzw. relativer Anteile an den Gesamtrückstellungen zum Zeitpunkt der Einstellung der Gewinnung ist nicht möglich . Die Rückstellungen müssen den dann noch notwendigen Erfüllungsbeträgen entsprechen. Frage 3: Inwiefern ist in welchen wie lautenden Vorgaben bzw. welchen Genehmigungen durch die Staatsregierung gegenüber dem Bergbautreibenden ein Enddatum für den Tagebaubetreib bzw. den Beginn der Wiedernutzbarmachungsplanung im Zusammenhang mit der Entwicklung der bilanziellen Rückstellungen (Gesamtrückstellungen im Unternehmen ) vorgegeben, bzw. warum kann dem Unternehmen bei der Bildung seiner Rückstellungen allein die eigene Unternehmensplanung unabhängig von tatsächlichen Genehmigungstatbeständen ausreichend sein ohne dass hier eine staatliche Vorgabe gemacht wird? Der Betrieb der Tagebaue Nachten und Reichwalde beruht auf zeitlich befristet zugelassenen und aufeinander aufbauenden Betriebsplänen. In diesen Betriebsplänen ist auch die Wiedernutzbarmachung geplant. Die Wiedernutzbarmachung beginnt nicht erst mit dem Ende der Gewinnung , sondern erfolgt parallel zum Abbau . Der Abbau von Rohstoffen kann in den landes- und regionalplanerisch festgelegten Grenzen erfolgen. Die staatlichen Vorgaben zur Bildung von Rückstellungen durch bilanzierende Unternehmen werden vom Gesetzgeber bundesrechtlich durch das Handelsrecht und das Steuerrecht bestimmt. Die ordnungsgemäße Rückstellungsbildung wird durch Wirtschaftsprüfer geprüft, bestätigt und von den Finanzbehörden überprüft. Frage 4: Warum wurde in der Konstruktion der geplanten Vorsorgevereinbarungen nicht die Geltungsdauer der heute gültigen Rahmenbetriebspläne - Nochten 2026, Reichwalde - 2032 angenommen, sondern darüber hinausreichende zeitliche und räumliche Ausdehnungen wohl unter Annahme der Genehmigung noch nicht genehmigter bzw. noch nicht einmal zur Genehmigung beantragter Bergbauvorhaben? Seite 4 von 5 STAATSMINlSTERlUM FÜR WIRTSCHAFT ARBEIT UND VERKEHR ~SACHSEN Der Regelung in § 3 Abs. 3b) der Vorsorgevereinbarung wurde die zugelassene räumliche Ausdehnung der Tagebaue Nochten und Reichwalde entsprechend der Festlegungen aus den jeweiligen Braunkohleplänen zugrunde gelegt. Frage 5: Inwiefern werden a. durch die derzeitigen Rückstellungen bzw. b. durch die geplante Vorsorgevereinbarung alle Folgewirkungen erfasst, die auf die Bergbautätigkeit als Anknüpfungspunkt zurückzuführen sind - vgl. Frenz, W. in NuR 2018/ 40: 527 - also auch die Wiederherstellung eines mengen- und gütebezogen verträglichen Wasserregimes im gesamten Bereich des Absenkungstrichters und ggf. auch darüber hinaus? Die Vorsorgevereinbarungen umfassen auch etwaige Nachsorgeverpflichtungen. Im Rahmen externer Gutachten wurde bestätigt, dass nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand alle erforderlichen Leistungen und die entsprechenden Mengengerüste erfasst wurden . Zulassungsseitig werden die späteren Einstellungs- und etwaigen Nachsorgeverpflichtungen in den Abschlussbetriebsplänen sowie wasserrechtlichen Entscheidungen konkretisiert. Durch die in den Vorsorgevereinbarungen enthaltenen Paragrafen „Transparenz und Monitoringmaßnahmen" sowie „Anpassungsmaßnahmen" besteht die Möglichkeit, alle erforderlichen Maßnahmen - einschließlich der wasserwirtschaftlichen Ausgleichsmaßnahmen und der Nachsorge - vollumfänglich zu erfassen und an ggf. veränderte Bedingungen anzupassen, sollten diese über die bisher prognostizierten Leistungen hinausgehen. Mit freundlichen Grüßen In Vertretung ~ Sebastian Gemkow Seite 5 von 5 2019-01-03T09:20:13+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes