STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/16218 Thema: „Gefährliche Orte, „Kontrollstellen“, „Kontrollbereiche“ und „Straßen von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität“ in Leipzigl 4. Quartal 2018 Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele und welche Orte in Leipzig werden gegenwärtig nach §19 Abs. 1 Nr. 2 SächsPolG auf Grund welcher detaillierter Lageerkenntnisse geführt? (Bitte aufstellen nach Revierbereich, Orten, Plätzen, Straßen, Straßenzügen und dem jeweiligem räumlichen Umfang.) Es wird auf die Antwort der Staatsregierung auf die Frage 1 der Kleinen Anfrage Drs.-Nr. 6/15402 venlviesen. Änderungen haben sich nicht ergeben. Frage 2: Wann und wo erfolgte im Zeitraum vom 01.10.2018 bis zum 31.12.2018 die Einrichtung von Kontrollstellen bzw. Kontrollbereichen im Zusammenhang mit Versammlungen oder sonstigen Zusammenkünften im öffentlichen Raum, entsprechend der §§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bzw. Nr. 6 SächsPolG? (bitte nach zeitlicher und räumlicher Ausdehnung der Maßnahmen und auf Grund welcher Lageerkenntnisse oder welcher Einsatzlage auflisten) Die Einrichtung von Kontrollstellen nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 Polizeigesetz des Freistaates Sachsen (SächsPolG) wird weder statistisch erfasst noch anderweitig zentral dokumentiert. Kontrollbereiche im Zusammenhang mit Versammlungen oder sonstigen Zusammenkünften im öffentlichen Raum nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 SächsPoIG wurden im 4. Quartal 2018 nicht eingerichtet. FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 36-1053/72/130 Dresden, 5. Februar 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564—3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnli— nien 3, 6. 7. 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang WilheIm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSMINISTERiUM DES iNNERN Frage 3: Wie viele Kontrollbereiche, entsprechend § 19 Abs. 1, Satz 1, Nr. 6 SächsPolG, wurden wo im Gebiet der Stadt Leipzig im Zeitraum vom 01.10.2018 bis zum 31.12.2018 auf Grund welcher Lageerkenntnisse eingerichtet und ausgewiesen? (bitte nach zeitlicher und räumlicher Ausdehnung der Maßnahmen und auf Grund welcher Lageerkenntnisse oder welcher Einsatzlage auflisten) Kontrollbereiche nach § 19 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6 SächsPoIG, welche nicht im Zusammenhang mit Versammlungen oder sonstigen Zusammenkünften im öffentlichen Raum standen, wurden im 4. Quartal 2018 wie folgt eingerichtet: lm Zusammenhang mit den Silvesterfeiern zum Jahreswechsel 2018/2019 in Leipzig wurde für den Zeitraum vom 31. Dezember 2018, 20:00 Uhr, bis zum 1. Januar 2019, 04:00 Uhr, ein Kontrollbereich im Süden der Stadt Leipzig, Ortsteil Connewitz, eingerichtet . Der räumliche Geltungsbereich umfasste folgende Gebiete: Richard—Lehmann— Straße — Arthur—Hoffmann—Straße — Zwenkauer Straße — Meusdorfer Straße — Wolfgang —Heinze-Straße — Brandstraße — Windscheidstraße — Richard-Lehmann—Straße. Zweck des eingerichteten Kontrollbereiches war die Verhinderung schwerer Straftaten im Sinne des § 100a Absatz 2 Strafprozessordnung (StPO), insbesondere von gemeingefährlichen Straftaten gemäß §§ 306 Absatz 1 Nr. 4 oder 315b Absatz 3 Strafgesetzbuch (StGB) sowie nach § 28 Sächsisches Versammlungsgesetz (SächsVersG) infolge gewalttätiger Ausschreitungen während der Siivesternacht. Die Anordnung des Kontrollbereiches basierte einerseits auf polizeilichen Erkenntnissen zum gewaltsamen Verlauf vergangener Silvesterereignisse am Connewitzer Kreuz sowie andererseits auf Erfahrungen mit dem Gewalt- und Aggressionspotential militanter Autonomer in Leipzig, welche Angriffe gegen Polizeibeamte und auf staatliche bzw. kommunale Einrichtungen sowie Polizeifahrzeuge mit teils erheblichen Sachschäden gerade auch in jüngster Zeit verübten. Diese Iinksautonome Szene begeht insbesondere anlassbezogen Straftaten und gewalttätige Aktionen in Leipzig. Am 8. November 2017 kam es gegen 23:05 Uhr in der Hans—Driesch-Straße in Leipzig zum Brand von Funkanlagen der Polizei und mehrerer Mobilfunkanbieter sowie einem Stahigitterantennenmast. An drei Stellen der Sendeanlage legten Unbekannte Feuer. Die Schadenshöhe lag im oberen sechsstelligen Bereich. Ein Bekennerschreiben der linken autonomen Szene wurde am 26. November 2017 auf der lnternetplattform Indymedia veröffentlicht. Am 1. Januar 2018, gegen 00:27 Uhr, erfolgte ein Brandanschlag auf die polizeiliche Liegenschaft Witzgallstraße (Haus des Jugendrechts) im Südosten von Leipzig. Durch unbekannte Täter wurden zuvor die Videoüben/vachungskameras der äußeren Objektüben /vachung mit Farbe besprüht, so dass kein visuelles Beweismittel gesichert werden konnte. Ein Bekennerschreiben der linken Szene liegt vor. Zuletzt griffen in der Silvesternacht 2018/2019 ca. 50 bis 60 vermummte Täter das Dienstgebäude des Bundesgerichtshofes an, schlugen mit Steinen mehrere Fensterscheiben ein und versuchten die Eingangstür in Brand zu setzen, die dabei stark beschädigt wurde. Zudem wurde die Fassade mit Bitumen beschädigt. Der Schaden wird auf 100.000 Euro geschätzt. Des Weiteren wurde ein Nachbargebäude der Burschen- Seite 2 von 4 FreistaatSACHSEN - Freistaat_ SACHSENSTAATSMINISTERIUMDES INNERN schaft Corps Lusatia angegriffen, indem mehrere Farbbeutel gegen die Hausfassade geworfen sowie Fensterscheiben mit Steinen eingeschlagen wurden. An sechs am Fahrbahnrand stehenden Fahrzeugen wurden die Scheiben eingeschlagen und teilwei— se Feuerwerkskérper hineingeworfen, so dass diese erheblich beschädigt wurden. Um das Anrücken von Einsatzfahrzeugen zu verhindern, wurde an der KarI-Heine-Straße eine brennende Barrikade aufgebaut und sog. Krähenfüße über die Fahrbahn verteilt; bei drei Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr und einem Fahrzeug der Polizei kam es in Folge zu Reifenschäden. Ein Bekennerschreiben der linken autonomen Szene wurde auf der Internetplattform Indymedia veröffentlicht. Zu Silvester oder an verschneiten Wintertagen veranstalten teils vermummte Personen des einschlägigen linken Spektrums am Connewitzer Kreuz Zusammenkünfte, die anschließend in Ausschreitungen münden. Am 10. Dezember 2017 veranstalteten ca. 150 bis 200 teils vermummte Personen des linken Spektrums eine Schneeballschlacht und setzten dabei vierAbfaIItonnen in Brand und warfen Flaschen auf Einsatzfahrzeuge. Ansammlungen zum Jahreswechsel am Connewitzer Kreuz schlugen seit den 1990er Jahren wiederholt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen der gewaltbereiten autonomen linken Szene um, die sich gegen Einsatzkräfte richteten. Bei den Jahreswechseln 2013/2014 und 2014/2015 kam es im Rahmen von Spontanaufzügen zu Ausschreitungen von 200 bis 500 teils vermummten Personen, als Einsatzkräfte und Einsatzfahrzeuge mit FeuenNerksraketen und Flaschen beworfen und mehrere Müllcontainer in Brand gesetzt wurden. Aufgrund versammlungsrechtlicher Beschränkungen im Bereich des Connewitzer Kreuzes gab es zu den Jahreswechseln 2015/2016 und 2016/2017 solche Störungen nicht. Silvester 2017/2018 hingegen griffen ca. 40 Personen der linken Szene Einsatzkräfte und Einsatzfahrzeuge mit Flaschen , Steinen und Feuerwerkskérpem an und setzten Müllcontainer in Brand, Löscharbeiten wurden behindert. Die Befürchtung vor neuerlichen Ausschreitungen gegen die Polizei am Connewitzer Kreuz hat sich in der Silvesternacht 2018/2019 bestätigt, als im Bereich der Bornaischen Straße gegen 01:20 Uhr auf der Fahrbahn ein Feuer entfacht und durch Hinein— werfen von Gegenständen am Brennen gehalten wurde. Um das Feuer herum hielten sich zeitweise bis zu 100 Personen auf, welche die Löscharbeiten der Feuerwehr durch Bewurf behinderten. Frage 4: Welche Straßen im Gebiet der Stadt Leipzig wurden im Zeitraum vom 01.10.2018 bis zum 31.12.2018 auf Grund welcher Lageerkenntnisse und welches polizeilichen Konzeptes als „Straßen von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität“ nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SächsPolG ausgewiesen? (Bitte nach Datum, Zeitraum, Lageerkenntnisse und Benennung des polizeilichen Konzeptes auflisten) Die im Kontext mit der Frage stehenden Unterlagen unterliegen der Einstufung ,,VS-Nur für den Dienstgebrauch", da eine Offenlegung der bezeichneten Straßen dem Kontrollzweck zuwiderlaufen würde. Aufgrund dieser Einstufung der ausgewiesenen Straßen und der für die Entscheidung zugrunde liegenden Erkenntnisse wurde die Beantwortung der Frage 4 an die Geheimschutzstelle des Sächsischen Landtages mit der Seite 3 von 4 STAATSNHNISTERIUM DES INNERN Bitte übersandt, den Damen und Herren Abgeordneten die Einsichtnahme zu ermöglichen . Im Weiteren wird a_uf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.—Nr. 6/8912 verwiesen. Änderungen haben sich nicht ergeben. Frage 5: Sind gegen im Jahr 2016, 2017 und 2018 vorgenommene verdachtsunabhängige Kontrollen in Kontrollbereichen, an Kontrollstellen oder auf Straßen von erheblicher Bedeutung für die grenzüberschreitende Kriminalität Rechtsmittel eingelegt worden? (bitte auch Verfahrensstand angeben) lm Jahr 2017 wurde gegen die Durchführung einer Identitätsfeststellung im eingerichteten Kontrollbereich anlässlich einer Demonstration am 18. März 2017 (vgl. zur Einrichtung des Kontrollbereiches die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.- Nr. 6/8915) Rechtsmittel vor dem Verwaltungsgericht Leipzig eingereicht. Gegen das klageabweisende Urteil hat der Betroffene aktuell Rechtsmittel in Form der Beantragung der Zulassung der Berufung eingelegt. Das Verfahren befindet sich gegenwärtig vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen. ro/Dr. Roland Wöller Seite 4 von 4 FreistaatSACHSEN 2019-02-05T11:41:11+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes