STAATSNHNiSTERiUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Kersten (fraktionslos) Drs.-Nr.: 6/16348 Thema: Polizeikontrollen im Zusammenhang mit Sozialbetrug Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Auf der onlineplattform ‚hessenschau.de‘ wurde am 08.01.2019 ein Artikel veröffentlicht, in welchem über Polizeikontrollen in FrankfurtIM. vor einem Jobcenter berichtet wurde. Im Rahmen dieser Polizeikontrollen wurden Fahrer von hochwertigen Autos überprüft. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass vier der überprüften Fahrer Empfänger von Sozialleistungen sind. Die Polizei ermittelt nun wegen des Verdachts des Sozialleistungsbetrugs, da Hartz-IV-Empfänger Autos nur bis zu einer Wertobergrenze von 7.500 € besitzen dürfen.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: ‘ Hat die sächsische Polizei in den letzten fünf Jahren vergleichbare Kontrollen vor sächsischen Jobcentern durchgeführt, wenn ja, wann, wo und wie lange, wenn nein, warum nicht? Frage 2: Mit welchen Ergebnissen verliefen die unter Frage 1 benannten Kontrollen ? Frage 3: Falls die sächsische Polizei keine der unter Frage 1 benannten Kontrollen bisher durchgeführt hat, sind solche Kontrollen zukünftig geplant ? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 bis 3: Weder wurden Kontrollen im Sinne der Fragestellung durchgeführt noch sind solche geplant, da es sich nicht um Schwerpunkte der polizeilichen Arbeit handelt. Bei Hinweisen der Jobcenter oder anderer Behörden sowie FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 3-1053/72/170 Dresden. 14 . Februar 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des innern WiiheIm-Buck—Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnli— nien 3, 6. 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck— Str. 2 oder 4 melden. STAATSNIINISTERIUM DES iNNERN bei Vorliegen eigener polizeilicher Erkenntnisse wird anlassbezogen geprüft, inwieweit sich vergleichbare Kontrollen erforderlich machen. Frage 4: Welche andewveitigen Kontrollen im Zusammenhang mit möglichem Sozialbetrug werden in Sachsen von wem durchgeführt? Grundsicherung für Arbeitsuchende: Gemäß § 52 Abs. 1, Nrn. 1 bis 6 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB ll) überprüfen die Jobcenter (JC) Personen, die Leistungen nach dem SGB II beziehen. Des Weiteren sollen die Träger der Leistungen nach dem SGB il gemäß § 6Abs. 1 Satz 2 SGB II einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten. Der Staatsregierung ist bekannt, dass sächsische Jobcenter über einen Außendienst verfügen, der auch der Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs dient. Statistiken über durchgeführte Kontrollen zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs sind nicht verpflichtend und der Staatsregierung nicht bekannt. Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) (Grundsicherung im Alter und bei EnNerbsminderung‚ Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zum Lebensunterhalt): Gemäß § 118 Abs. 1 SGB XII können die Träger der Sozialhilfe Personen, die Leistungen nach dem SGB XII beziehen, regelmäßig im Wege des automatisierten Datenabgleichs überprüfen. Durch den Datenabgleich der Sozialleistungsträger untereinander sollen unberechtigte Doppelzahlungen aufgedeckt und ausgeschlossen bzw., soweit dies möglich ist, rückgängig gemacht werden. Darüber hinaus haben die Träger der Sozialhilfe in Abhängigkeit vom konkreten Einzelfall weitere Möglichkeiten, wie z. B. der Anforderung von Verdienstbescheinigungen oder der Durchführung von Hausbesuchen zur Aufdeckung eines möglichen Sozialbetruges . Von diesen Möglichkeiten wird nach Kenntnis der Staatsregierung Gebrauch gemacht. Die Träger der Sozialhilfe sind gesetzlich nicht verpflichtet, Daten zu durchgeführten Kontrollen im Zusammenhang mit Sozialbetrug zu erfassen. Elterngeld: Die Elterngeld— und Erziehungsgeldstellen können keine solchen Kontrollen durchführen , da eine Kontrolle bzw. ein Datenabgleich mit anderen Sozialleistungsträgern oder den Finanzbehörden einer gesetzlichen Regelung bedürfen. Im Rahmen der Antragsbearbeitung wird jedoch von den Mitarbeitern der Elterngeldstellen auf etwaige Unregelmäßigkeiten , widersprüchliche Angaben, auffällige Nachweise (z. B. Geburtsurkunde , Aufenthaltstitel, Meldebescheinigung) geachtet. Bei Auffälligkeiten wird weiter ermittelt , z. B. auch im Rahmen der Amtshilfe mit anderen Sozialleistungsträgern. In den Elterngeldstellen besteht auch die Möglichkeit, durch Außendienstmitarbeiter bzw. So- Seite 2 von 4 FreistaatSACHSEN STAATSMINISTERIUM DES iNNERN zialermittler die Richtigkeit der Angaben, 2. B. vom Wohnsitz, vor Ort überprüfen zu lassen. Kindergeld: Bezüglich der Kindergeldleistungen wird auf die Antworten der Staatsregierung auf die Kleinen Anfragen Drs.-Nrn. 6/10460 und 6/15188 ven/viesen. Frage 5. Welche Sozialbetrugsdelikte wurden allgemein in den letzten fünf Jahren in Sachsen ermittelt (bitte auch finanziellen Schaden der öffentlichen Hand benennen ), wie viele Sozialleistungsempfänger waren daran beteiligt und welche Konsequenzen hatten diese Delikte für die Betroffenen? Vorbemerkung: Die Beantwortung mittels nachfolgender Tabelle erfolgt auf Grundlage von Daten aus der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). Die gemäß § 263 Strafgesetzbuch (StGB) er— fassten Daten zum Sozialleistungsbetrug werden statistisch nicht weiter differenziert erfasst. Differenziert erfasste Angaben zum Betrug zum Nachteil von Sozialversicherungen und Sozialversicherungsträgern stehen bis zum Berichtsjahr 2015 zur Verfügung . Danach wurden gemäß bundeseinheitlicher Richtlinie für die Führung der PKS derartige Straftaten nicht mehr separat ausgewiesen. Angaben zu den erfassten Schäden betreffen alle vollendeten Straftaten. Eine Darstellung von Schäden zum Nachteil eines bestimmten Geschädigten im Sinne der Fragestellung ist auf Grundlage der PKS nicht möglich. Ob es sich bei den Tatverdächtigen um Sozialleistungsempfänger handelt, wird statistisch nicht erfasst. Insofern ist eine Differenzierung der Tatverdächtigen nach der Anzahl der Sozialleistungsempfänger auf Grundlage der PKS nicht möglich. Jahr Schlüssel- Straftat erfasste Fälle ermittelte Schadenszahl Tatver- summe in dächtige EUR Sonstiger Sozialleis- 2013 517800 tungsbetrug 5.143 5.054 4.428.067 Betrug zum Nachteil von (2. N. v.) Sozialver- 517700 sicherungen 78 87 240.291 Sonstiger Sozialleis- 2014 517800 tungsbetrug 4.375 4.104 4.602.678 Betrug 2. N. v. Sozial- 517700 versicherungen 57 68 314.462 Sonstiger Sozialleis— 2015 517800 tungsbetrug 2.749 2.839 4.206.618 Betrug z. N. v. Sozial- 517700 versicherungen 27 27 107.654 Seite 3 von 4 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN ermittelte Schadens- Schlüssel- Tatver- summe in Jahr zahl Straftat erfasste Fälle dächtige EUR 2016 517800 Sozialleistungsbetrug 2.018 2.097 3.945.303 Betrug z. N. v. Sozial- 517700 versicherungen entfällt 2017 517800 Sozialleistungsbetrug 1.816 1.898 3.808.414 Betrug z. N. v. Sozial- 517700 versicherungen entfällt Im Weiteren wird auf die Antwort auf die Frage 4, letzter Satz, venNiesen. Darüber hinaus wird von einer Beantwortung seitens der Staatsregierung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht der Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann (vgl. Sächs- VerfGH, Urteil vom 16. April 1998, Vf. 14-1-97). Eine weitergehende inhaltliche Differenzierung im Sinne der Fragestellung wird statistisch nicht erfasst. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten allein für das Jahr 2017 insgesamt 1.816 in Frage kommenden Ermittlungsverfahren händisch ausgewertet werden. Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsverfahrens ansetzt, wären dies über 900 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren. Bei einer 40-Stunden—Woche wäre ein Sachbearbeiter knapp über 22 Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Mi ndlichen Grüßen /% CAP fDr. olandWöller Seite 4 von 4 FreistaatSACHSEN 2019-02-14T11:12:40+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes