SACHSISCHES STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Hosp¡talstraße 7 | 01 097 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Be rn hard-von-Li ndena u-Platz 1 01067 Dresden STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Durchwahl Telefon +49 351 564 1500 Telefax +49 351 564 1509 Staatsminister@ smj.j ustiz.sachsen.de* Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 1 040E/1 3/1 455 - KLR Dresden, tQ. Februar 2019 w TOB Kle-ine Anfrage der Ab.geordneten Katja Meier (BUNDNTS 90/DtE GRUNEN) Drs.-Nr.: 6/16363 Thema: Wiedergutmachung schwuler Justizopfer Mtl Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage l: Welche Erkenntnisse liegen der Staatsreg¡erung hinsichtlich der Anzahl derMänner, die in Sachsen nach 1946 nach dem g 175bzw. S f5f StGB- DDR verfolgt wurden, vor? Zur Anzahl der Verurteilungen liegen nur wenige statistische Daten vor. Diese Daten lassen belastbare Schlussfolgerungen zur Anzahl der in Sachsen im o.g. Sinne verfolgten Männer nicht zu. Auch fehlen rechtstatsächliche Untersuchungen zur Art der Verurteilungen. Auch eine Recherche des Staatsarchivs in den von ihm venruahrten und bereits elektronisch erschlossenen Beständen führte im Ergebnis nicht zur Ermittlung Seite 1 von 4 1D o ww,wJoB-il1t-¡.DE Hausanschrift: Sächs¡sches Staatsmin¡sterium der Just¡z Hospitalstraße 7 01 097 Dresden Briefpost über Deutsche Post 0'1095 Dresden www.j ust¡z.sachsen.de/smj Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit Straßenbahnlinien 3,6,7,8, 1l Parken und behindertengerechter Zugang über Einfahrt Hospitalstraße 7 Hinweise zum Datenschutz erhalten Sie auf unserer lnterne! se¡te. Auf Wunsch senden wir lhnen diese Hinweise auch zu. Zugang für olBktronisch signisrte sow¡e fúr verschlüsselte elektron¡sche Dokumente nur per EGVP, bsBPo oder De-Mail; nåherê lnformationsn zur êlektronisch6n Kommun¡kat¡on mit såchsischon Justizbeh0rden untsrM. iustiz.sêchsen.de/E- Kommun¡kat¡on. STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw von Archivalien, die kumulativ Aussagen zur Anzahl der Männer, die in Sachsen nach 1946 nach $ 175 bzw. S 151 StGB-DDR verfolgt wurden, enthalten. ln der Begrtindung zum Entwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz für ein Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem L Mai1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen und zur Anderung des Einkommensteuergesetzes (StrRehaHomG) wurde von bundesweit etwa 5.000 Rehabilitierungs - und Entschädigungsfällen ausgegangen. Für den Freistaat Sachsen wurden damals entsprechend der Bevölkerungszahl etwa 250 Rehabilitieru ngsfälle geschätzt. Frage 2= Wie viele Anträge auf Entschädigung nach dem ,,Gesetz zur strafrechtlichen Rehabilitierung der nach dem 8. Mai 1945 wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen verurteilten Personen" (StrReha-HomG) wurden bisher gestellt? Worin sieht die Staatsregierung die Ursachen, sofern nur eine sehr geringe Anzahl von Anträgen vorliegt ? Von einer vollständigen Beantwortung wird abgesehen Der Staatsregierung liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Die Staatsregierung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher nur in solchen Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen. Letzteres ist hier der Fall, denn die Frage betrifft ausschließlich Sachverhalte, die vom Bund wahrgenommen werden, denn der Anspruch auf Entschädigung ist gemäß $ 6 Absatz 1 StrRehaHomG beim Bundesamt für Justiz geltend zu machen, Eine Aussage zur Anzahl der bisher gestellten Anträge auf Entschädigung nach dem StrRehaHomG ist daher nicht möglich. Da die zuständige Staatsanwaltschaft gemäß $ 3 Absatz 1 StrRehaHomG auf Antrag des Betrotfenen eine Rehabilitierungsbescheinigung ausstellt, ist hier aber bekannt, dass seit lnkrafttreten des StrRehaHomG am 22. Juli 2017 bei den sächsischen Staatsanwaltschaften sieben Anträge auf Erteilung einer Rehabilitierungsbescheinigung eingegangen sind. ln Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUSTIZ Freistaat SACHSENw zwei Fällen konnte eine Rehabilitierungsbescheinigung erteilt werden, vier Anträge waren mangels Vorliegen entsprechender Voraussetzungen negativ zu bescheiden. ln einem weiteren Fall befand sich der Betroffene bereits im Besitz aller für die Geltendmachung der Entschädigung erforderlichen Unterlagen, so dass es einer Rehabilitierungsbescheinigung durch die Staatsanwaltschaft nicht bedurfte. Von einer Beantwortung der zweiten Teilfrage wird zum einen abgesehen, da der Staatsregierung - wie bereits ausgeführt - keine Erkenntnisse zur Anzahl der bisher gestellten Anträge auf Entschädigung nach dem StrRehaHomG beim Bundesamt für Justiz vorliegen. Darüber hinaus ist die Teilfrage auf eine Bewertung gerichtet, die die Staatsregierung bisher nicht getroffen hat. Das Fragerecht dient nach Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht dazu, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Abgeordnete für geboten hält, sondern nur dazu, den Abgeordneten lnformationen zu verschaffen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. April2004, Vf. 44-l-03). Frage 3: Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung ergriffen, um Betroffene über ihren Anspruch auf Entschädigung zu informieren? Frage 4: lnwieweit unterstützt die Staatsregierung Betroffene bzw. Selbsthilfeorganisationen bei der Geltendmachung der Entschädigungsansprüche? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4 Da die Festsetzung der Entschädigung nach dem StrRehaHomG im Zuständigkeitsbereich des Bundesamtes für Justiz liegt, können Betroffene umfassende lnformationen zur Aufhebung der Urteile sowie zur Geltendmachung der Entschädigungsansprüche auf der lnternetseite des Bundesamtes für Justiz erlangen, lm Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 venruiesen Seite 3 von 4 STAATSMINISTERIUM DER JUST'IZ Freistaat SACHSENw Frage 5: lnwiefern gibt es bereits eine wissenschaftliche Aufarbeitung der strafrechtlichen Verfolgung und gesellschaftlicher Stigmatisierung von Lesben, Schwulen und Trans*personen in Sachsen nach 1946? Sofern es keine wissenschaftliche Aufarbeitung gibt, plant die sächsische Staatsregierung eine solche, wie dies beispielsweise durch das Land Hessen initiiert wurde? Wenn ja, wann soll dies durch wen in welchem Zeitraum geschehen? Wenn nein, warum nicht? Bislang sind Alltag, Stigmatisierung und ggf. Verfolgung homosexueller Männer, Frauen sowie Transsexueller in Sachsen nach 1946 noch nicht wissenschaftlich aufgearbeitet worden . Seit dem 1. April 2018 wird allerdings am Hannah-Arendt-lnstitut für Totalitarismusforschung e.V. an der Technischen Universität Dresden (HAIT) die staatliche Verfolgung Homosexueller in Sachsen in den Jahren 1933 bis 1968 wissenschaftlich untersucht (Projekt ,,Staatliche Verfolgung Homosexueller in Sachsen 1933-1968"). Damit steht insbesondere auch die strafrechtliche Verfolgung homosexueller Männer in der Nachkriegszeit, die bis zur Abschaffung des Paragraphen 175 im Jahre 1968 währte, im Fokus. Darüber hinaus werden auch die Auswirkungen der Strafandrohung auf die Lebenssituation Homosexueller in den Blick genommen. Das wissenschaftliche Vorhaben wird vom Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst aus Landesmitteln der Titelgruppe 70 des Haushaltsplans gefördert und soll Ende 2020 abgeschlossen sein, Mit freundlichen Grüßen Sebastian Gemkow Se¡te 4 von 4 2019-02-14T09:16:08+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes