STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage der Abgeordneten Juliane Nagel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/16399 Thema: Zwangsernährung eines in Abschiebungshaft genommenen Menschen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Nach Information der Fragestellerin ordnete das Amtsgericht Nordhausen , Thüringen, am 10. Januar 2019 an, einen Menschen marokkanischer Staatsbürgerschaft in Abschiebehaft zu nehmen. Der Vollzug wurde in der Abschiebehaftanstalt Dresden angeordnet. Die Anordnung erfolgte auf Haftantrag der Zentralen Ausländerbehörde Oberfranken , Bayern. Der Betroffene wurde am 10. Januar 2019 auf dem Nordhausener Standesamt in Gewahrsam genommen, als er die Vaterschaft für sein noch ungeborenes Kind anerkennen zu lassen. Er ist religiös mit der Mutter des Kindes verheiratet. Der Mensch hat kurz nach seiner lnhaftierung die Aufnahme von Nahrung verweigert. Spätestens seit Montag, dem 15. Januar befand er sich zum Zeitpunkt der Anfrage im Krankenhaus Friedrichstadt in Dresden, um dort zwangsernährt zu werden. Dabei ist er gefesselt.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Aufgrund welchen Abkommens zwischen den drei beteiligten Bundesländern wurde der Betroffene, für den die ZAB Oberfranken zuständig ist, in Nordhausen in Gewahrsam genommen und dem Amtsgericht vorgeführt und ist davon auszugehen, dass in der Dresdner Abschiebehaftanstalt künftig potentiell Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet inhaftiert werden? Nach Artikel 35 Absatz 1 Grundgesetz in Verbindung mit § 1 Satz 1 Gesetz zur Regelung des VenNaltungsverfahrens- und des Verwaltungszustellungsrechts für den Freistaat Sachsen (SächstVfZG) und den §§ 4 bis 8 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) leisten sich alle Behörden des Bundes FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 2-1053/71/37 Dresden. 20. Februar 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6. 7. 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wiihelm-Buck- Str. 2 oder 4 melden. STAATSiVIiNiSTERiUiVI DES iNNERN und der Länder gegenseitig Amtshilfe. Eines förmlichen Abkommens im Sinne der Frage bedarf es daher nicht. Die Unterbringung von Ausreisepflichtigen aus anderen Bundesländern in der Voll-zugseinrichtung Dresden erfolgt auf der Grundlage von Einzelfallvereinbarungen. ZurVermittlung freier Plätze in Abschiebungseinrichtungen der Länder wurde in Berlin zu-dem das Gemeinsame Zentrum zur Unterstützung der Rückkehr (ZUR) ins Leben geru-fen, über das sich die Länder über aktuell zur Verfügung stehende Abschiebungshaft-plätze austauschen. Entsprechend erfolgen Anfragen anderer Länder zur Möglichkeiteiner Unterbringung in einer Abschiebungshafteinrichtung in der Regel über das ZUR.Es ist daher auch in Zukunft damit zu rechnen, dass in begrenztem Umfang Personenaus anderen Ländern im Rahmen von Amtshilfeersuchen in der Vollzugseinrichtung in Dresden aufgenommen werden. Frage 2: Wurde vor dem Transfer ins Krankenhaus von Seiten der Landesdirektion einemedizinische Stellungnahme zur Haftfähigkeit des Betroffenen eingeholt? Eine Bescheinigung zur Hafttauglichkeit wurde vor der Aufnahme in der Abschiebungshafteinrichtung vorgelegt. Frage 3: Hat ein Betreuungsgericht die Fesselung und Zwangsernährung nach § 22 Abs. 3Nr. 3 SächsPsychKG iVm § 13 SächsAHaftVollzG auf Antrag des Krankenhausesangeordnet und welche*r Ärzt*in (fachmedizinische Profession, Krankenhaus oder Gesundheitsamt) hat wann die Voraussetzungen, geregelt in § 13 Abs. 3SächsAHaftVollzG, für Zwangsmaßnahmen nach § 13 Abs. 1 und 2 SächsAHaft- VollzG bei dem Betroffenen geprüft? Frage 4: Wie lang wurde nach der wann erfolgten, unverzüglichen Bekanntgabe der An-ordnung nach § 13 Abs. 1 und 2 SächsAHaftVollzG gemäß § 13 Abs. 5 S. 3SächsAHaftVollzG gewartet, bis der Inhaftierte Gelegenheit hatte, Klage zu erheben und bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz zu ersuchen? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: § 13 Gesetz über den Vollzug der Abschiebungshaft und des Ausreisegewahrsams imFreistaat Sachsen (SächsAHaftvolIzugsG) findet für medizinische Maßnahmen außerhalb der Abschiebungshafteinrichtung keine Anwendung. Die Anordnung und Durchführung der Zwangsernährung erfolgte auf Veranlassung desbehandelnden Artzes des Krankenhauses durch einen Richter des zuständigen Betreuungsgerichtes . Von einer weiteren Beantwortung seitens der Staatsregierung wird abgesehen. Seite 2 von 3 FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN Der Staatsregierung liegen keine entsprechenden Erkenntnisse vor. Die Staatsregie— rung ist dem Landtag nur für ihre Amtsführung verantwortlich. Sie ist daher lediglich in Angelegenheiten zur Auskunft verpflichtet, die in ihre Zuständigkeit fallen und muss nicht auf Fragen eingehen, die außerhalb ihres Verantwortungsbereichs liegen. Letzteres ist bei Maßnahmen der Fall, die das im vorliegenden Fall aufnehmende Krankenhaus getroffen hat. Frage 5: Wurden seit Beginn des Vollzugs der Abschiebehaft in Dresden weitere Zwangsmaßnahmen auf dem Gebiet der Gesundheitsfürsorge an lnhaftierten vorgenommen, wenn ja, wie viele, aus welchem Grund und wo? Es wurden keine weiteren Zwangsmaßnahmen vorgenommen. M/txfrendlichen Grüßen1/461 Prof. Dr. Roland Wöller Seite 3 von 3 FreistaatSACHSEN 2019-02-20T11:08:19+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes