SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR KULTUS Postfach 10 09 10 1 01079 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Piatz 1 01 067 Dresden STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS Kleine Anfrage des Abgeordneten Valentin Lippmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Drs.-Nr.: 6/16403 Thema: Denunziationsportal "LehrerSOS" der AfD für Lehrerinnen und Lehrer- Datenschutzaufsicht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: "Die LVZ berichtete am 17. Januar 2018 über das Denunziationsportal "Lehrer SOS". Darin wird der Sprecher des Sächsischen Datenschutzbeauftragten zitiert: "Die AfD-Fraktion kann argumentieren, dass sie als parlamentarische Funktion mit dem Portal die Exekutive überwacht" sowie "Wenn man Ärzte und Fliesenleger auf Bewertungsportalen kritisieren kann, aber Lehrer an öffentlichen Schulen frei davon bleiben, ist das nicht maßstäblich ." Zudem wird die Möglichkeit des Hochladens von Bildern kommentiert: "Nach meinem Wissen hat niemand in der AfD-Fraktion dazu aufgerufen, dort Bilder der Lehrkräfte zu veröffentlichen." Zudem könne er nicht nachvollziehen, warum das Portal als Lehrerpranger bezeichnet werde. Darüber hinaus wird berichtet, dass der Sächsische Datenschutzbeauftragte selbst auf die AfD-Fraktion zugegangen sei, um diese in datenschutzrechtlichen Fragen zur Denunziationsplattform zu beraten. Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Unter welche datenschutzrechtlichen Regelungen fällt die Fraktion der AfD im Sächsischen Landtag derzeit? Frage 2: Inwieweit ist der Sächsische Datenschutzbeauftragte danach befugt aufsichtsrechtliche Maßnahmen zu treffen? Für den Fall, dass keine aufsichtsrechtlichen Befugnisse bestehen: Inwieweit, insbesondere auf welcher Rechtsgrundlage, ist der Sächsische Datenschutzbeauftragte befugt, eine Landtagsfraktion auf Anfrage oder ohne Anfrage datenschutzrechtlich zu beraten? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 1 und 2: Seite 1 von 4 Freistaat SACHSEN Der Staatsminister Ihr Zeichen Ihre Nachricht vom Geschäftszeichen (bitte bei Antwort angeben) Z-1053/16/121 Dresden, J{(;,Februar 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium fOr Kultus Carolaplatz 1 01097 Dresden www.smk.sachsen.de De-Maii-Zugang : poststelle@smk-sachsen.de-mail .de Verkehrsverbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3. 7. 8 STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS Von einer Beantwortung wird abgesehen. Die Fragen zielen auf eine datenschutzrechtliche Bewertung von Tätigkeiten der AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag sowie auf eine Bewertung von Rechten und Pflichten des Sächsischen Datenschutzbeauftragten. Ziel des Fragerechts ist es, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Es dient nicht dazu, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Fragesteller für geboten hält (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Im Übrigen betreffen die Fragen nicht den Zuständigkeitsbereich der Staatsregierung. Frage 3: Inwieweit wurden wegen des Denunziationsportals wann Ermittlungsverfahren gegen wie viele BeschuldigteNerantwortliche für das Portal wegen welches Straftatbestandes eingeleitet und ggf. wann und aus welchen konkreten Gründen abgeschlossen bzw. anderweitig (bspw. zivilrechtlich) Klage auf Unterlassung etc. erhoben und ggf. wie abgeschlossen? Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat mitgeteilt, dass bei der Staatsanwaltschaft Chemnitz am 18. Oktober 2018 online Anzeige erstattet wurde mit dem Vorwurf, auf der Internetseite www.lehrersos.de werde eine arglistige Täuschung begangen. Mit Verfügung vom 8. November 2018 wurde der Anzeige gem. § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung keine Folge gegeben, weil keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorlagen. Ein Ermittlungsverfahren wurde nicht eingeleitet . Darüber hinaus sind bei den Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegen die für das Portal "LehrerSOS" verantwortlichen Funktionsträger bislang keine (zivilrechtliehen ) Klagen auf Unterlassung oder ähnliches eingegangen. Für den Geschäftsbereich des Sächsischen Staatsministeriums des lnnern wird von einer Beantwortung abgesehen. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten, so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions- und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt wird. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zurnutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Im Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS) liegen keine recherchierbaren Angaben im Sachzusammenhang vor. Eine Recherche im Kurzsachverhalt im PASS nach den Begriffen "LehrerSOS" bzw. "AfD" führte nicht zu Erkenntnissen im Sachzusammenhang . Eine Recherche für den Zeitraum vom 1. Oktober 2018 bis zum 29. Januar 2019 erbrachte für die in Frage kommenden Straftatbestände politische Verdächtigung gemäß § 241 a Strafgesetzbuch (StGB), Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgemeinschaften, Weltanschauungen gemäß § 166 StGB, Seite 2 von 4 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS üble Nachrede, Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens gemäß § 188 StGB, Verletzung des Post- oder Fernmeldegeheimnisses gemäß § 206 StGB, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen gemäß § 201a StGB, Verleumdung gem. § 187 StGB sowie Verstößen gegen das Sächsische Datenschutzgesetz und das Bundesdatenschutzgesetz 555 Straftaten. Zur vollständigen Beantwortung der Fragen müssten insofern alle 555 in Frage kommenden Ermittlungsverfahren händisch ausgewertet werden. Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsverfahrens ansetzt, wären dies über 277 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren . Bei einer 40-Stunden-Woche wäre ein Sachbearbeiter fast sieben Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr zugeordneten Polizeibehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei nicht zu leisten ist. Frage 4: Inwieweit wurden gegen wie viele Lehrerinnen und Lehrer, deren "Verstöße " von der AfD-Fraktion oder welchen sonstigen AfD-Organisationen seit Start des Denunziationsportals an welche Stelle wann gemeldet wurden, Disziplinarverfahren , strafrechtliche Ermittlungsverfahren oder dazugehörige Vorermittlungen aus welchen konkreten Gründen eingeleitet und ggf. wie, wann und aus welchen konkreten Gründen abgeschlossen? Das Landesamt für Schule und Bildung hat mitgeteilt, dass keine Disziplinarverfahren gegen sächsische Lehrkräfte eingeleitet wurden. Auch ist nicht bekannt, dass strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen sächsische Lehrkräfte eingeleitet wurden. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat mitgeteilt, dass sich aus der Erinnerung der Abteilungsleiter und Dezernenten der sächsischen Staatsanwaltschaften keine Hinweise auf strafrechtliche Ermittlungsverfahren oder Vorermittlungsverfahren im Sinne der Fragestellung ergaben. Soweit die vollständige Beantwortung der vorgenannten Frage eine händische Auswertung der staatsanwaltschaftliehen Akten erfordert, wird von der Beantwortung wegen unverhältnismäßigen Aufwandes abgesehen. Die angefragten Informationen sind in den Datenbanken der Staatsanwaltschaften nicht recherchierbar. Die vollständige Beantwortung der vorgenannten Frage würde die Auswertung sämtlicher neu eingegangenen staatsanwaltschaftliehen Verfahren seit Veröffentlichung des Portals "LehrerSOS" im Oktober 2018 erforderlich machen. Allein im Oktober 2018 sind bei den sächsischen Staatsanwaltschaften insgesamt 18.305 Verfahren neu eingegangen . Seite 3 von 4 Freistaat SACHSEN STAATSMlNlSTERlUM FÜR KULTUS Die Auswertung sämtlicher Papierakten zu den vorgenannten Verfahren wäre ohne den Verlust der Funktionsfähigkeit der Staatsanwaltschaften in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Frist nicht zu leisten. Es wären umfangreiche und zeitaufwendige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltschaftliehen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Auch unter Berücksichtigung des hohen Rangs des parlamentarischen Fragerechts erscheint der zur vollständigen Beantwortung der Fragen erforderliche Aufwand nicht mehr verhältnismäßig und zumutbar. Eine weitergehende Beantwortung würde in erheblichem Umfang eine größere Anzahl von Bediensteten in sächsischen Staatsanwaltschaften , die für laufende Arbeiten nicht mehr zur Verfügung stünden, binden. Die Staatsregierung kam bei der Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung und der ihr nachgeordneten Behörden andererseits daher zu dem Ergebnis, dass eine weitergehende Beantwortung der Frage unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht zu leisten ist. Für den Geschäftsbereich des Sächsischen Staatsministeriums des lnnern wird ebenfalls von einer Beantwortung abgesehen. Zur Begründung wird auf die Ausführungen zur Frage 3 Bezug genommen. Frage 5: Inwieweit wird durch das Denunziationsportal, durch eventuelle Meldung von Lehrerinnen und Lehrern im Wege der Nutzung des Portals und/oder durch die Verarbeitung (Übermittlung, Nutzung, Speicherung) durch sächsische Behörden gegen Art. 9 DSGVO verstoßen sowie in das Recht auf Datenschutz nach Art. 33 SächsVerf bzw. in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Lehrerinnen und Lehrer eingegriffen bzw. dieses Grundrecht verletzt? Von einer Beantwortung wird abgesehen. Die Fragen zielen auf eine datenschutzrechtliche Bewertung von Vorgängen im Zusammenhang mit dem genannten Portal. Ziel des Fragerechts ist es, den Abgeordneten Informationen zu verschaffen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Es dient nicht dazu, die Staatsregierung zu einer Bewertung anzuhalten, die der Fragesteller für geboten hält (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 22. April 2004, Vf. 44-1-03). Mit freundlichen Grüßen iw~ Seite 4 von 4 Freistaat SACHSEN 2019-02-13T13:41:06+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes