STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Rolf Weigand (AfD) Drs.-Nr.: 6/16459 Thema: Sexualisierte Gewalt im Sport Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: Seit Jahren berichten Medien immer wieder von (sexualisierter) Gewalt gegen minderjährige Sportler und Athleten. In dem Bericht der Studie „Safe Sport“ der Deutschen Sportjugend (dsj) ist zu lesen, dass rund 37% der Befragten aus 128 Sportarten und 57 Sportverbände Opfer solcher Übergriffe geworden sind Auffallend ist, dass bereits in der 2010 abgegebenen ‚Münchner Erklärung‘ des DOSB diese Missstände angesprochen wurden.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Wie viele Straftaten von (sexualisierter) Gewalt mit Bezug „Sport“ wurden in den letzten zehn Jahren registriert (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Art der Straftat, Alter der Opfer, Geschlecht der Opfer, Alter der Täter, Geschlecht der Täter, SportartI-bereich) und wie hoch wird die Dunkelziffer dabei geschätzt und welche Anzeige-I Melde- Möglichkeiten gibt es für diesen Bereich außer denen von Polizei und Staatsanwaltschaften? Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Erkenntnisse liegen der Staatsregierung nicht unmittelbar vor. Sie müssten im Bereich Polizei und Staatsanwaltschaft aufwändig recherchiert werden. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen ist die Staatsregierung verpflichtet, Fragen einzelner Abgeordneter oder parlamentarische Anfragen nach bestem Wissen unverzüglich und vollständig zu beantworten. Nach dem Grundsatz der Verfassungsorgantreue ist jedes Verfassungsorgan verpflichtet, bei der Ausübung seiner Befugnisse den Funktionsbereich zu respektieren, den die hierdurch mitbetroffenen 1 Freistaat_ .! SACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 4-1053/73 Dresden, 22. Februar 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern WilheIm—Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilheim-Buck- Str. 2 oder4 melden. STAATSNIINiSTERiUM DES INNERN Verfassungsorgane in eigener Verantwortung wahrzunehmen haben. Dieser Grundsatz gilt zwischen der Staatsregierung und dem Parlament sowie seinen einzelnen Abgeordneten , so dass das parlamentarische Fragerecht durch die Pflicht des Abgeordneten zur Rücksichtnahme auf die Funktions— und Arbeitsfähigkeit der Staatsregierung begrenzt ist. Die Staatsregierung muss nur das mitteilen, was innerhalb der Antwortfrist mit zumutbarem Aufwand in Erfahrung gebracht werden kann. Im vorliegenden Fall wäre durch eine vollständige Beantwortung die Arbeits- und Funktionsfähigkeit der Staatsregierung aus nachstehenden Gründen gefährdet: Statistische Daten im Sinne der Fragestellung liegen im Bereich der Polizei nicht vor. Eine Recherche im Polizeilichen Auskunftssystem Sachsen (PASS) für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 31. Dezember 2018 nach Sexualstraftaten im Freistaat Sach— sen erbrachte 17.500 Vorgänge. Eine Einschränkung zur Opfer-Tatverdächtigen— Beziehung (formelle soziale Beziehungen in Institutionen, Organisationen und Grup— pen) ergab 644 Vorgänge. Eine Einschränkung nach der Tatörtlichkeit „Sportstätten“ ergab 334 Vorgänge. Zur Beantwortung der Frage müssten insofern mindestens 334 in Frage kommende Ermittlungsverfahren händisch ausgewertet werden. Dabei kann eine vollständige Beantwortung nicht gewährleistet werden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass weitere Straftaten im Sinne der Fragestellung ohne die Tatörtlichkeit „Sportstätten“ registriert sind. Wenn man einen Zeitansatz von 30 Minuten für die Auswertung eines Ermittlungsverfahrens ansetzt, wären dies bereits für diese 334 Vorgänge 167 Stunden für die Auswertung aller Ermittlungsverfahren. Bei einer 40-Stunden-Woche wäre ein Sachbearbeiter über vier Wochen mit dieser Auswertung befasst. Dieses Personal stünde dann für Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes nicht bzw. nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Auch bei den Staatsanwaltschaften wird eine gesonderte Statistik zu Ermittlungsverfah— ren im Zusammenhang mit (sexualisierter) Gewalt gegen (minderjährige) Sportler und Athleten nicht geführt. Derartige Handlungen sind aufgrund zahlreicher Straftatbestände (Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung) unter Strafe gestellt. Die vollständige Beantwortung der Fragen würde daher die manuelle Auswertung aller in Betracht kommender Ermittlungsverfahren erfordern. lm Berichtszeitraum wurden wegen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung 18.096 Ermittlungsverfahren geführt. Zur vollständigen Beantwortung der Frage wären umfangreiche und zeitaufwändige Recherchen in den Aktenbeständen der sächsischen Staatsanwaltschaften erforderlich. Dabei ist der Zeitaufwand für das Ziehen der Akten aus den Geschäftsstellen und staatsanwaltlichen Archiven, der Aufwand zur Beiziehung versendeter Akten, z. B. von Verteidigern, Gerichten, Sachverständigen und Polizei, das Auswerten der Akten und die schriftliche Dokumentation des gefundenen Ergebnisses zu berücksichtigen. Für die entsprechende Auswertung der Akten ist daher von einem Arbeitsaufwand von durchschnittlich mindestens 30 Minuten je Akte auszugehen. Seite 2 von 4 FreistaatSACHSEN STAATSNIINISTERIUM DES iNNERN Dies zugrunde gelegt, wird bei den Staatsanwaltschaften für die händische Auswertung der Akten zu insgesamt 18.096 Vorgängen anfallende zeitliche Aufwand auf mindes— tens 1.131 Arbeitstage für einen in Vollzeit tätigen Mitarbeiter geschätzt. Die Staatsregierung kam daher bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht einerseits und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Staatsregierung sowie der ihr nachgeordneten Polizei-lErmittlungsbehörden andererseits zu dem Ergebnis, dass eine Beantwortung der Frage auch unter Berücksichtigung des hohen Ranges des parlamentarischen Fragerechts unverhältnismäßig und ohne erhebliche Einschränkungen der Funktionsfähigkeit der sächsischen Polizei sowie der Strafrechtspflege nicht zu leisten ist. Auch beim Landessportbund Sachsen (LSB) als Interessenvertreter des organisierten Sports in Sachsen und seiner Jugendorganisation Sportjugend Sachsen (SJS) gibt es keine zentrale Erfassung von Straftaten im Zusammenhang mit (sexualisierter) Gewalt im Sport. Dem LSB bzw. der SJS stehen jedoch keine statistischen Daten zur Verfügung , welche eine fundierte Aussage bezüglich der Dunkelziffer in Sachsen und dem Sport zulassen würden. Beim LSB bzw. SJS gibt es eine Ansprechpartnerin für Fragen zum Thema sexualisier— te Gewalt im Sport, die eine Erstberatung für Vereine, Sportlerinnen und Sportler anbietet . Des Weiteren stehen in vielen Kreis— und Stadtsportbünden Ansprechpartner für eine Erstberatung zur Verfügung. Frage 2: Welche Instrumente, Gesetze, Initiativen und Projekte brachte die Staatsregierung in den letzten zehn Jahren auf den Weg, um (sexualisierter) Gewalt im Sport vorzubeugen bzw. diese zu bekämpfen? (Bitte aufschlüsseln nach Name der Initiative , Partnerorganisationen, Beginn- und Auslaufdatum der lnitiative/des Projekts , Haushaltstitel, Gesamtfördermenge) Seit dem Jahr 2014 gibt es im LSB bzw. in der SJS jährlich das Projekt „Starke Kinder im Sport! Training mit Verantwortung“, welches durch das Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz gefördert wird. Die Zahlen der jährlichen Förderung stellen sich wie folgt dar: Jahr Bewilligte Mittel in EUR Abgerufene Mittel in EUR 2014 5.500,00 4.280,00 2015 5.500,00 4.400,00 2016 4.500,00 3.584,00 2017 6.600,00 6.088,20 2018 4.871,25 4.764,36 Für das Jahr 2019 ist seitens des LSB ein Antrag auf Fortführung gestellt worden. Seite 3 von 4 FreistaatSACHSEN ] Freistaat4»JSACHSENSTAATSTVHNISTERIUMDES INNERN Frage 3: Welche Wirkungen erzielten die Maßnahmen aus Frage 2 und wie wurde die Nachhaltigkeit und Durchsetzung der einzelnen Maßnahmen kontrolliert und evaluiert ? Aus dem Projekt „Starke Kinder im Sport! Training mit Verantwortung“ wurden jährlich Funktionsträgerinnen und Funktionsträger in den Vereinen und Verbänden zum Themenbereich sexualisierte Gewalt im Sport geschult und fortgebildet. Dies führt zu einer Sensibilisierung im Sport und besitzt eine präventive Wirkung. Für das Projekt werden durch den LSB bzw. die SJS jedes Jahr ein Verwendungsnachweis und ein Sachbericht erstellt. Frage 4: Gab es Projekte oder Maßnahmen, die auf Grund schlechter Umsetzung, Mittelveruntreuung oder anderer Vergehen eingestellt werden mussten oder deren Förderung zurückgefordert wurde? (Bitte bei Rückforderung Bezeichnung des Projektes l der Maßnahme und Summe der Rückforderungen auflisten.) Bei den geförderten Vorhaben (siehe Frage 3) mussten keine Projekte aufgrund von schlechter Umsetzung, Mittelveruntreuung oder anderer Vergehen eingestellt bzw. Un— terstützungszahlungen zurückverlangt werden. Frage 5: Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung nach den Erklärungen der Sportminister des Europarates, in Tiflis, 15.10.2018, und dem Beschluss des DOSB, 01.12.2018, im weiteren Vorgehen gegen (sexualisierte) Gewalt im Sport? Zu geplanten Maßnahmen der Staatsregierung können dahingehend Aussagen getroffen werden, dass der bisherige Kampf gegen sexualisierte Gewalt im Sport zusammen mit allen Partnern konsequent fortgesetzt wird. t" eundlio’hen Grüßen Seite 4 von 4 2019-02-22T12:26:09+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes