STAATSMINISTERIUM DES INNERN SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Kleine Anfrage des Abgeordneten Heiko Kosel (DIE LINKE) Drs.-Nr.: 6/16571 Thema: Strukturen der extremen Rechten in sächsischen Sportvereinen Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Vorbemerkung: Das ‚Antifa Recherche Team Dresden‘ berichtete in einem Online- Artikel am 13.12.2017 unter dem Link ‚h_tt_ps:llnagiwatchdd.nobloqs.org[ postl2017l 12/13Iboxnacht-bautzen-nazis-vor-und-hinter-den-kulissen‘ über offenbar rechtsextreme Strukturen in und um den Bautzener Sportverein SV Post Germania Bautzen, insbesondere in der Abteilung Boxen.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkungen: Der Staatsregierung liegen zu der Kleinen Anfrage auch Erkenntnisse vor, deren Mitteilung übenNiegende Belange des Geheimschutzes (Art. 51 Abs. 2 Verfassung des Freistaates Sachsen [SächsVerFD entgegenstehen. Es handelt sich dabei um Informationen, die gemäß Nummer 8 in Verbindung mit den Nummern 3.3 und 3.4 der Ven/valtungsvorschrift der Sächsischen Staatsregierung über die Behandlung von Verschlusssachen vom 4. Januar 2008 (SächsABl. Sonderdruck Jg. 2008) als Verschlusssache eingestuft wurden. Die Einstufung erfolgte zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen und zum Schutz nachrichtendienstlicher Zugänge. Die Informationen sind durch nachrichtendienstliche Mittel (§ 5 Abs. 1 Gesetz über den Verfassungsschutz irn Freistaat Sachsen [SächsVSG]) erlangt worden. Die Weitergabe dieser Informationen würde die eingesetzten Methoden der Nachrichtenbeschaffung den im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens zu beteiligenden Personen offenbaren oder Rückschlüsse auf die Art nachrichtendienstlicher Zugänge ermöglichen und somit die Arbeitsfähigkeit des LfV Sachsen gefährden. Im FreistaatSACHSEN Der Staatsminister Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 16-0141.50/3589 Dresden}? Februar 2019 Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilheim-Buck-Str. 2 01097 Dresden Telefon +49 351 564—0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6,7, 8, 13 Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm- Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMiNiSTERiUM DES iNNERN Falle des Einsatzes von Personen nach § 5 Abs. 1 SächsVSG stehen zudem Rechte Dritter im Sinne von Art. 51 Abs. 2 SächsVerf entgegen. Diese Personen wären bei einer Mitteilung in ihren Grundrechten auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person gefährdet. Die Staatsregierung trifft eine Schutzpflicht gegenüber ihren nachrichtendienstlichen Quellen und sie hat insoweit jegliche Handlungen zu unterlas— sen, die zu einer Enttarnung der Quelle führen können. Darüber hinaus ist das Vertrauen in die Fähigkeit eines Nachrichtendienstes, die Identität seiner Quellen zu schützen, für seine Funktionsfähigkeit essenziell. Die Mitteilung von Erkenntnissen im gewählten Verfahren, die Rückschlüsse auf nachrichtendienstliche Zugänge zulassen, würde sich nachhaltig negativ auf die Fähigkeit des LfV Sachsen auswirken, solche Zugänge zu gewinnen bzw. solche Kontakte fortzuführen. Diese teils dauerhafte Beeinträchtigung von Rechtsgütern war mit dem Informationsinteresse des Abgeordneten abzuwägen. Die Abwägung ergab, dass dem Geheimschutz und dem Schutz der Rechte Dritter Vorrang vor dem Informationsanspruch des Abge— ordneten zukommt. Die Staatsregierung hat in die Abwägung einbezogen, ob andere Formen der Informationsübermittlung möglich sind, die das Informationsinteresse des Parlaments unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen der Regierung befriedigen. Mit Blick auf den im Rahmen der Beantwortung zu beteiligenden Personenkreis kam die Staats— regierung zu dem Ergebnis, dass der erforderliche Geheimschutz sowie der Schutz Dritter nur dann hinreichend gewährleistet werden kann, wenn die Informationsübermittlung unterbleibt. Es wird darauf hingewiesen, dass der Parlamentarischen Kontroiikommission auf deren Verlangen weitergehende Auskunft erteilt wird. Der Fragesteller begehrt weiterhin zum Teil Auskünfte über personenbezogene Daten, insbesondere Namen von Geschehensbeteiligten. Personennamen unterliegen dem Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 33 SächsVerf). Gleiches gilt für Angaben, wenn durch ihre Nennung Rückschlüsse auf Personen gezogen werden könnten. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist ein Recht Dritter im Sinne des Art. 51 Abs. 2 SächsVerf. Die Staatsregierung hat den Informationsanspruch des Fragestellers mit den Rechten Dritter am Schutz ihrer persönlichen Daten abgewogen. Die Abwägung hat in den Fällen, in denen der Staatsregierung über die in der Beantwortung enthaltenen Angaben hinaus personenbezogene Daten bekannt sind, zu dem Ergebnis geführt, dass dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung Vorrang zukommt, so dass die Angabe dieser Daten mit Extremismusbezug unterbleiben musste. Gerade die Unterrichtung darüber, dass bestimmte Daten im Sinne des § 2 SächsVSG über eine Person bekannt sind, betrifft einen auch in Bezug auf den öffentlichen wie nichtöffentlichen parlamentarischen Umgang besonders geschützten Datenkreis, nämlich Daten, die Rückschlüsse auf politische Meinungen zulassen. Der Schutzgedanke hat umso nachhaltiger zu wirken, als es hier nicht allein um eine schlichte politische Betätigung geht, sondern die betroffene Person einem extremistischen Kontext und einem bestimmten — in der Auseinandersetzung mit anderen befindlichen — Lager zugeordnet werden soll. Seite 2 von 5 FreistaatSACHSEN Frage 1: STAATSMINISTERIUM DES INNERN lnwieweit hat die Sächsische Staatsregierung Kenntnis von Sportveranstaltungen (inkl. Veranstaltungen mit Sportprogrammteilen) der extremen Rechten in Sachsen (bitte nach Tag, Ort, Veranstalter, Teilnehmerzahl, ggf. beteiligten/teilnehmenden Vereinen aufschlüsseln)? Es wird auf die folgende Tabelle venNiesen: Datum Ort Veranstalter Teilnehmer- Veranstaltung zahl 03.03.2018 Plauen Partei „Der Dritte * Selbstverteidigungs- Weg“ Stützpunkt kurs für Kinder Vogtland 25.03.2018 Plauen Partei „Der Dritte * Selbstverteidigungs— Weg" Stützpunkt kurs für Kinder Vogtland 21.04.2018 Ostritz NPD ca. 400 Kampfsportvorführung durch den „Kampf der Nibelungen" im Rah— men des „Schild & Schwert Festivals“ 13.05.2018 Plauen Partei ,,Der Dritte mind. ein Selbstverteidigungs- Weg“ Stützpunkt Parteimitglied kurs für Kinder Vogtland und Kinder 09.06.2018 Grünhain- Rechtsextremis- ca. 450 Kampfsportveranstal- Beierfeld ten tung ,,T|WAZ — Kampf der freien Männer“ 21.06.2018 Plauen Partei „Der Dritte * Selbstverteidigungs- Weg“ Stützpunkt kurs für Kinder und Vogtland Frauen 29.07.2018 Plauen Partei ,,Der Dritte ca. acht Kin- Selbstver’teidigungs- Weg“ Stützpunkt der/ Jugend- kurs für Kinder Vogtland liche 15.09.2018 Weißen— Rechtsextremis- 60 — 80 „3. Ostsächsisches berg OT ten Sport- und Familien- Lauske fest“ 22.09.2018 Zwickau Partei ,,Der Dritte ca. 40 „Fußball und Politik - Weg“ Stützpunkt Tag der Gemeinschaft!" Westsachsen Seite 3 von 5 SACHSEN FreistaatSACHSEN STAATSMiNiSTERiUNI DES iNNERN 13.10.2018 Ostritz Rechtsextremis- 850 - 1.000 Kampfsponveranstal— ten tung „Kampf der Nibe— lungen 2018“ * Kann nicht genannt werden oder ist nicht bekannt. Der Staatsregierung liegen Erkenntnisse vor, die aus Gründen der Geheimhaltung nicht mitgeteilt werden können. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. Frage 2: Inwieweit sind der Sächsischen Staatsregierung vor dem Hintergrund des oben benannten Rechercheartikels die Teilnahme von Anhängern der extremen Rechten an nicht-extremistischen Sportveranstaltungen bzw. Aktivitäten nichtextremistischer Sportvereine bekannt? Neben der in der Vorbemerkung des Fragestellers enNähnten Teilnahme von Rechtsextremisten an einer Boxveranstaltung in Bautzen liegen der Staatsregierung weitere Erkenntnisse vor, die bereits in der Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/10808 mitgeteilt worden sind. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass Sportvereine grundsätzlich keine Beobachtungsobjekte des LfV Sachsen sind und daher keine systematische Erfassung der Teilnahme von Personen mit rechtsextremistischem Hintergrund an den Aktivitäten dieser Vereine erfolgt. Frage 3: Welche BeziehungenlNetzwerke der extremen Rechten zu Sportvereinen, z.B. "Sponsoring", sind der Sächsischen Staatsregierung in Sachsen bekannt? Rechtsextremistische Vertriebe aus Sachsen unterstützen regelmäßig Veranstaltungen der rechtsextremistischen Szene. Meist sind die Unternehmen mit einem Verkaufsstand bei den verschiedenen Szeneveranstaltungen vor Ort. Bei einer Kampfsportveranstaltung am 13. Oktober 2018 in Ostritz bedankten sich beteiligte Kämpfer beim Vertrieb „PC-Records“ für die Unterstützung. Frage 4: Welche sonstigen extrem rechte Aktivitäten und Strukturen innerhalb oder in Form von Sportvereinen und deren Fangruppierungen (inkl. Vereinen der extremen Rechten, die sportliche Aktivitäten im weitesten Sinne anbieten) sind der Sächsischen Staatsregierung in Sachsen bekannt? Es wird auf die Antworten der Staatsregierung auf die Kleinen Anfragen Drs.-Nrn. 6/10808, 6/13188 und 6/16130 verwiesen. Seite 4 von 5 STAATSIVHNISTERIUNI DES INNERN Frage 5: Welche Maßnahmen hat die Sächsische Staatsregierung ergriffen bzw. plant sie noch im Bereich der Sportvereine und -verbände bzw. im Bereich des Profi-‚ Amateur-‚ Freizeit- und Breitensports zu ergreifen, um den Einfluss der extremen Rechten zu verhindern? Der Landessportbund Sachsen e. V. führt seit dem Jahr 2011 das Projekt „Im Sport verein(t) für Demokratie“ im Rahmen des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe“ durch. Auch in der aktuellen Förderperiode (Jahre 2017 bis 2019) beteiligt sich der Freistaat Sachsen neben dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat an der Finanzierung des Projektes. Im Rahmen des Projektes werden enga— gierte Mitarbeiterl-innen und Ehrenamtliche aus Sportvereinen, Stadt- und Kreissportbünden zu sog. „Demokratietrainernl-innen" ausgebildet. Die Demokratietrainerl-innen sind darin geschult, demokratiefeindliche Tendenzen in Sportvereinen zu erkennen und darauf zu reagieren sowie Werte wie Respekt, Toleranz und Achtung der Menschen— würde an Kinder und Jugendliche in den Vereinen weiterzugeben. In Sachsen werden derzeit im Fußballumfeld sechs Fanprojekte gefördert. Das Landesprogramm „Weltofienes Sachsen für Demokratie und Toleranz“ (WOS) des Freistaates Sachsen fördert die Initiative für mehr gesellschaftliche Verantwortung im Breitensport-Fußball. Ziel dieses Projektes ist es, eine langfristige Diskussion über verschiedene Formen von Diskriminierung zu initiieren und Gegenstrategien zu entwickeln . Die Popularität des Fußballs soll genutzt werden, um die Mehrheitsgesellschaft für die Lebensumstände von Minderheiten in Sachsen mit Schwerpunkt in der Stadt Leipzig zu sensibilisieren. Auf die Antwort der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage Drs.-Nr. 6/16477 wird verwiesen. Mit freundlichen Grüßen in Vertretung „#12 9% Dr. Matthias Haß Seite 5 von 5 FreistaatSACHSEN 2019-03-01T11:38:41+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes