Seite 1 von 3 Durchwahl Telefon: 0351 564-80001 Telefax: 0351 564-80080 Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) PKL-1053/81/49 Dresden, 6. März 2019 Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Postfach 10 03 29 | 01073 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Hausanschrift Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Wilhelm-Buck-Straße 2 01097 Dresden Außenstellen Hoyerswerdaer Straße 1 01099 Dresden Glacisstraße 4 01099 Dresden www.smwa.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 7, 8 - Haltestelle Carolaplatz * Information zum Zugang für verschlüsselte elektronische Dokumente unter www.smwa.sachsen.de/kontakt.htm poststelle@smwa-sachsen. de-mail.de Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrea Kersten (fraktionslos) Drs.-Nr.: 6/16698 Thema: Lärmbelastung entlang des Brückenbauwerks der S 200 in der Ortslage Ottendorf der Gemeinde Lichtenau Sehr geehrter Herr Präsident, den Fragen sind folgende Ausführungen vorangestellt: „Mit dem Neubau des Brückenbauwerks entlang der Staatsstraße 200 (S 200) in der Ortslage Ottendorf der Gemeinde Lichtenau hat sich für die Bewohner östlich und westlich des Brückenbauwerks eine vorher nicht existente, nunmehr aber besonders starke Lärmbelastung ergeben. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang von den betroffenen Bewohnern der nicht ausreichend vorhandene aktive Lärmschutz entlang des Brückenbauwerks im Bereich der Ortslage Ottendorf.“ Namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Aus welchen Gründen wurde der aktive Lärmschutz im nördlichen Auslaufbereich des o.g. Brückenbauwerks nicht bis zum Ende der Wohnbebauung ausgeführt, um die Ortslage vor Lärmeintrag zu schützen? Der Lärmschutz beim Neubau und der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen ist durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) in Verbindung mit der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) gesetzlich geregelt. Nach § 41 Abs. 1 BImSchG ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können , die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Dies gilt nach § 41 Abs. 2 BImSchG jedoch nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahme außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen. Der Staatsminister Seite 2 von 3 Die Feststellung des Erfordernisses von Schallschutzmaßnahmen beim Neu- oder Ausbau von Straßen, die Erarbeitung in Betracht kommender Schallschutzvarianten, deren Beurteilung im Hinblick auf ihre Vor- und Nachteile sowie die Ableitung einer Vorzugslösung ist ein komplexer, mehrstufiger Prozess. Grundlage sind schalltechnische Untersuchungen nach dem vorgeschriebenen Berechnungsverfahren, den „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen - RLS-90“. Zu berücksichtigen ist der vom Bundesgesetzgeber normierte Vorrang aktiver Schallschutzmaßnahmen, wobei das Verhältnis zwischen dem Schutzzweck und dem Kostenaufwand für diese Maßnahmen nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen ist. Ergebnis dieser Abwägung zwischen verschiedenen Schallschutzvarianten ist in der Regel eine Kombination aktiver Maßnahmen an der Straße (Emissionsquelle) zur Einhaltung der Grenzwerte und passiver Maßnahmen an baulichen Anlagen (Immissionsort) zur Kompensation verbleibender Überschreitungen. Im konkreten Fall der Verlegung der S 200 wurden bereits ohne aktive Schallschutzmaßnahmen an der überwiegenden Zahl der Wohngebäude in der Ortslage Ottendorf die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten oder sogar unterschritten. Überschreitungen der Grenzwerte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete von 64 dB (A) am Tag und 54 dB (A) in der Nacht wurden an 12 Wohngebäuden festgestellt. Mit den Lärmschutzwänden im Bereich der Talbrücke verblieben geringfügige Überschreitungen von 0,1 dB (A) bis 1,7 dB (A) im Nachzeitraum an zwei Fassaden eines Wohngebäudes und von 0,2 dB (A) im Tagzeitraum an einem Außenwohnbereich (Balkon) dieses Gebäudes. Die Verlängerung der Lärmschutzwand um 105 m im nördlichen Auslaufbereich des Brückenbauwerks zur vollständigen Grenzwerteinhaltung an diesem Wohngebäude würde nach dem am 12. Oktober 2011 erlassenen Planfeststellungsbeschluss nicht mehr in einem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Schutzzweck stehen. Frage 2: Wer ist für die Entscheidung verantwortlich, den aktiven Lärmschutz an dem neuen Brückenbauwerk verkürzt bzw. so kurz auszuführen, dass sich wohnlich bebaute Grundstücke entlang der Brücke außerhalb des Bereiches des aktiven Lärmschutzes befinden? Das Planfeststellungsverfahren zur Herstellung des Baurechtes für das Straßenbauvorhaben „S 200, Verlegung bei Ottendorf“ wurde im Zeitraum von 2006 bis 2011 von der Landesdirektion Chemnitz (jetzt Landesdirektion Sachsen, Dienststelle Chemnitz) durchgeführt. Im Rahmen ihrer Abwägung kam die Landesdirektion im Verfahren zu dem Ergebnis, dass die vom Vorhabenträger geplanten Schallschutzmaßnahmen dem Vorrang des aktiven Lärmschutzes in ausgewogener Weise Rechnung tragen und den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Im Planfeststellungsbeschluss vom 12. Oktober 2011 hat sie die erforderlichen Schallschutzmaßnahmen aktiver und passiver Art festgesetzt, über die Forderungen von Anwohnern nach umfangreicheren Schutzmaßnahmen entschieden und somit die Belange des Lärmschutzes abschließend geregelt. Der genannte Beschluss ist unanfechtbar. Seite 3 von 3 Frage 3: Welche Möglichkeiten haben die vom belastenden Verkehrslärm betroffenen Bewohner, eine Verbesserung für ihre Situation bzw. den Lärmzustand vor dem Bau der Brücke zu erreichen? Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) hat die im Planfeststellungsbeschluss festgesetzten aktiven Schutzmaßnahmen (lärmmindernde Fahrbahnoberfläche im gesamten Bauabschnitt, Lärmschutzwände und lärmgeminderte Fahrbahnübergangskonstruktionen im Bereich der Talbrücke) vollumfänglich umgesetzt. Der Eigentümerin des von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Wohngebäudes wurden die Kosten für die erforderlichen passiven Schutzmaßnahmen (Lärmschutzfenster, Lüftungseinrichtungen) vollständig erstattet und die Entschädigung für die Lärmbeeinträchtigung des Außenwohnbereichs ausgezahlt. Nach den mit ihr abgeschlossenen Vereinbarungen sind damit die Lärmschutzansprüche längstens abgegolten. Der Freistaat Sachsen als Baulastträger der verlegten Staatsstraße 200 hat seine gesetzliche Verpflichtung zur Finanzierung des erforderlichen Lärmschutzes erfüllt. Für die Planung und Realisierung zusätzlicher Schallschutzmaßnahmen, die über den planfestgestellten Umfang hinausgehen, existiert keine Rechts- und Finanzierungsgrundlage. Auf dieser Basis bestehen derzeit für die Anwohner keine Möglichkeiten, um eine Verbesserung der bestehenden Lärmsituation zu erreichen. Frage 4: Welche Maßnahmen plant die Staatsregierung zur Verbesserung der Situation ihrer Bürger in diesem konkreten Fall? Die Sächsische Staatsregierung kann keine Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Bürger in diesem konkreten Fall planen. Auf die Beantwortung der Frage 3 wird verwiesen. Frage 5: Warum werden lärmemittierende Neubauwerke wie z.B. Brücken nicht grundsätzlich mit solchen aktiven Lärmschutzmaßnahmen errichtet, welche die vor dem Bauwerk vorhandene Lärmsituation erhalten bzw. sogar verbessern? Für die Planung und Umsetzung aktiver Schallschutzmaßnahmen an Straßen und Brücken wie Lärmschutzwände oder -wälle ist grundsätzlich eine Rechts- und Finanzierungsgrundlage notwendig. Beim Neubau öffentlicher Straßen besteht nach den gesetzlichen Regelungen nur ein Anspruch auf Lärmschutz, wenn der nach dem vorgeschriebenen Berechnungsverfahren ermittelte Beurteilungspegel an einem schutzbedürftigen Gebäude oder an einem Außenwohnbereich die gebietsbezogenen Grenzwerte gemäß § 2 der 16. BImSchV überschreitet. Die Planung und Umsetzung aktiver Schallschutzmaßnahmen auf lärmemittierenden Neubauwerken wie z. B. Brücken zur Erhaltung bzw. Verbesserung der vorhandenen Lärmsituation ist demzufolge aus rechtlichen Gründen nicht in jedem Fall möglich. Mit freundlichen Grüßen Martin Dulig 2019-03-07T09:52:01+0100 GRP: Elektronisches Dokumentations- und Archivsystem Erstellung des Nachweisdokumentes