STÄÄTSM11M1STEK1UM DBS 11N1NEB1N Freistaat ^g| SACHSEIN Der Staatsminister SÄCHSISCHES STAATSMINISTERIUM DES INNERN 01095 Dresden Präsidenten des Sächsischen Landtages Herrn Dr. Matthias Rößler Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Aktenzeichen (bitte bei Antwort angeben) 33-0141.50/8382 Dresden,^. November 2014 Kleine Anfrage der Abgeordneten Petra Zais, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drs.-Nr.: 6/167 Thema: Präventionsangebote in Sachsen für die Vorbeugung islamis-tischer und salafistischer Radikalisierung Sehr geehrter Herr Präsident, namens und im Auftrag der Sächsischen Staatsregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Aktivitäten radikaler islamistischer und salafistischer Organisationen, um Jugendliche in Sachsen für ihre Ideologie zu gewinnen? Dem Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen (LfV Sachsen) liegen hierzu keine sachsenspezifischen Erkenntnisse vor. Nach Einschätzung der Verfassungsschutzbehörden insgesamt ist jedoch festzustellen, dass bei der Radikalisierung von Jugendlichen das Internet mit seinen komplexer werdenden und durch Extremisten häufiger genutzten Kommunikationsmöglichkeiten eine zentrale Rolle spielt. Hausanschrift: Sächsisches Staatsministerium des Innern Wilhelm-Buck-Str. 2 01097 Dresden Frage 2: Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über Jugendliche und junge Erwachsene aus Sachsen vor, die sich der dschihadistisch-salafistischen IS/ISIS angeschlossen haben? Telefon +49 351 564-0 Telefax +49 351 564-3199 www.smi.sachsen.de Verkehrsanbindung: Zu erreichen mit den Straßenbahnlinien 3, 6, 7, 8, 13 Die Staatsanwaltschaft Dresden führt ein Ermittlungsverfahren gegen zwei in Sachsen wohnhaft gewesene junge Männer wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die Beschuldigten, die zum Islam konvertiert sind, begaben sich gemeinsam auf die Reise von Dresden nach Syrien, um sich dort in einem Ausbildungslager ausbilden zu lassen, sich dem „Islamischen Staat“ anzuschließen und im militanten Dschihad zu kämpfen. Besucherparkplätze: Bitte beim Empfang Wilhelm-Buck-Str. 2 oder 4 melden. STAATSMIIMISTE'RUJM des mmm Freistaat SACHSEN Frage 3: Welche präventiven Maßnahmen oder gezielte Projekte gibt es in Sachsen, um einer islamistischen Radikalisierung vorzubeugen? Frage 4: Inwieweit sind in solchen Präventionsmaßnahmen migrantische und islamische Vereine und Initiativen aus Sachsen eingebunden? Zusammenfassende Antwort auf die Fragen 3 und 4: Werteorientierung und -Vermittlung ist grundlegender Bestandteil der Lehrpläne aller Schularten. Auf dieser Basis werden Grundwerte wie Toleranz, Gewaltfreiheit und Demokratie vermittelt und diskutiert. Demokratieerziehung ist gemäß Erziehungs- und Bildungsauftrag für die Schule immanenter Bestandteil eines jeden Unterrichts. Strukturen und Gefahren islamistischer und salafistischer Radikalisierungen können in diesem Kontext beispielsweise fachübergreifend an lehrplanbezogenen Schnittstellen in weiterführenden Schulen thematisiert und diskutiert werden, insbesondere in den Fächern Ethik, Katholische Religion und Evangelische Religion sowie im Fach Gemeinschafts-kunde/Rechtserziehung an Oberschulen und Schulen zur Lernförderung sowie im Fach Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung/Wirtschaft an Gymnasien. Im Unterstützungssystem, das den Schulen zur Verfügung steht, bieten Berater für Demokratiepädagogik Fortbildungen, Informationsveranstaltungen und thematische pädagogische Tage zu Themenbereichen wie Werte- und Moralerziehung, Menschenrechte, kulturelle Differenzierung sowie Konfliktbearbeitung an. Zu den präventiven Maßnahmen, die auch der Vorbeugung einer islamistischen Radikalisierung dienen können, gehört unter anderem die Unterrichtung der Öffentlichkeit durch das LfV Sachsen. Gemäß § 15 des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen (Sächsisches Verfassungsschutzgesetz - SächsVSG) haben das Sächsische Staatsministerium des Innern und das LfV Sachsen die Aufgabe, die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 SächsVSG zu unterrichten. Die gesetzlich zugewiesene Unterrichtungspflicht bezieht sich unter anderem auf Bestrebungen, die gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SächsVSG), oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind. Neben der Herausgabe des jährlichen Verfassungsschutzberichtes und verschiedener weiterer Publikationen gehört dazu auch die Durchführung oder Unterstützung von Informations-, Vortrags- sowie Diskussionsveranstaltungen. Hierbei informieren Mitarbeiter des LfV Sachsen über Strukturen und Aktivitäten von Extremisten im Freistaat Sachsen. Sie richten sich dabei an Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung, Polizeibehörden, Angehörige der Bundeswehr, pädagogische Fachkräfte, Schüler, Studenten und andere interessierte Bürger oder zivilgesellschaftliche Initiativen. Ziel ist es, zu einem gesamtgesellschaftlichen Bekämpfungsansatz zu ermuntern bzw. ein Abgleiten von Menschen in den Extremismus, insbesondere in gewaltbereiter Dimension, zu verhindern. Zudem informiert das LfV Sachsen im Rahmen seiner Pressearbeit auch die Medien. Seite 2 von 4 STAATSMINISTERIIJM des mmm Rtg—i Freistaat |P SACHSEN Seit 2008 gibt es im Landeskriminalamt Sachsen eine zentrale Ansprechstelle Migrati-on/lntegration, auf Ebene der Polizeidirektionen Ansprechpartner für Migration und auf Ebene der Polizeireviere entsprechende Kontaktbeamte, deren Aufgabe es ist, in erster Linie einen vertrauensvollen Dialog zwischen Sicherheitsbehörden und migrantischen Vereinen aufzubauen und zu pflegen. Radikalisierung wirkungsvoll zu begegnen ist auch Ziel des Medienpaketes „Mitreden! Kompetent gegen Islamfeindlichkeit, Islamismus und dschihadistische Internetpropa-ganda“. In diesem durch das Programm Polizeiliche Prävention der Länder und des Bundes initiierten Präventionsangebot geht es zum einen um die Sensibilisierung gegen radikale (freiheitsfeindliche) islamistische Propaganda im Internet und das Aufzeigen von Möglichkeiten des Engagements für Jugendliche - auch gegen Islamfeindlichkeit. Zum anderen steht die Auseinandersetzung mit Aufrufen zum Dschihad im Mittelpunkt, wie sie von radikalen Islamisten gerade über das Internet in großem Umfang verbreitet wird. Das Medienpaket wurde sowohl an die Ansprechpartner in den Polizeidirektionen als auch Netzwerkpartner der sächsischen Polizei weitergegeben, die mit der Zielgruppe arbeiten. Darüber hinaus wird es, wie andere bundesweite Materialien zum Thema, auf den Internetseiten der Polizei öffentlichkeitswirksam beworben. Bei Bedarf werden durch die Polizei Sachsen Schulungen im Umgang mit dem Medienpaket angeboten. Das Staatsministerium der Justiz und für Europa hat seit 2009 den freien Träger Vio-lance Prevention Network e. V. (VPN) beauftragt, mit extremistisch gefährdeten, gewaltbereiten Jugendstrafgefangenen der Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen ein umfangreiches pädagogisches Trainingsprogramm umzusetzen. Ziel ist eine Reintegration, Resozialisierung und Toleranzentwicklung bei diesen jungen Männern. Es sollen Schlüsselqualifikationen wie tolerante Einstellungsmuster und gewaltfreies Konfliktverhalten entwickelt und eingeübt werden. Das Trainingsprogramm wird in Gruppen von acht Jugendstrafgefangenen durch zwei Trainer des Vereins umgesetzt. Es erstreckt sich auf 23 Trainingseinheiten und umfasst auch Familiennachmittage, an denen die Angehörigen der Teilnehmer in die Maßnahme einbezogen werden. Die Trainer leisten auch eine Haftnachbetreuung im Rahmen eines Stabilisierungscoachings bis zu zwölf Monate nach der Haftentlassung. Seit 2013 ist darüber hinaus der Träger Outlaw e. V. beauftragt, den bislang in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen und der Justizvollzugsanstalt Zeithain angebotenen sozialen Trainingskurs für extremistisch gefährdete Gefangene (SOTRA) aufzubauen und auch in den Justizvollzugsanstalten Bautzen, Dresden, Waldheim und Torgau umzusetzen. SOTRA ist ein Gruppentraining mit zehn Sitzungen, an dem bis zu zwölf Gefangene teilnehmen können. Das Gruppentraining wird durch weitere Maßnahmen ergänzt. Mit den ergänzenden Maßnahmen werden Gefangene an das soziale Gruppentraining herangeführt und nachgehend weiter begleitet. Frage 5: Welche Beratungsangebote in Sachsen bestehen für hilfesuchende Angehörige sich salafistisch radikalisierender Jugendlicher und junger Erwachsener in Sachsen, inwieweit werden diese Beratungen türkisch bzw. arabisch angeboten und wie häufig wurden diese seit 2013 nachgefragt? Seite 3 von 4 STAATSM1N1STER1UM DES INNERN Freistaat SACHSEIN Seit dem 1. Januar 2012 ist im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) die „Beratungsstelle Radikalisierung“ (http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Beratunq/beratunq-node.htmn eingerichtet, an die sich alle Personen, auch in türkischer oder arabischer Sprache, wenden können, die sich um die Radikalisierung eines Angehörigen oder Bekannten sorgen und zu diesem Themenbereich Fragen haben. Diese Beratungsstelle arbeitet hochprofessionell, anonym und bundesweit, die Internetseite ist ebenfalls mehrsprachig verfügbar. Das Angebot wird durch die Polizei Sachsen befördert. Außerdem bietet das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) mit dem „Hinweistelefon (HiT) Islamismus“ die Möglichkeit an, Informationen über mögliche Gewaltakte oder Terroranschläge, ebenfalls auch in türkisch oder arabisch, mitzuteilen (http://www.verfassunqsschutz.de/de/hinweistelefon bzw. http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlaqen/SPS/DE/Downloads/sps-011-hit-DE.html). Il Wiefhäufig diese Angebote nachgefragt wurden, ist nicht bekannt. / Mit freundlichen Grüßen U '■ Markus Ult r Seite 4 von 4